Lange war es nur ein Bauchgefühl – jetzt gibt es handfeste Belege, zumindest in einem Fall: Die Medien, die eigentlich den Staat kontrollieren sollen, stecken mit ihm unter einer Decke. Der Chef der Ringier-Mediengruppe hat seinen Redaktionen Regierungstreue verordnet – wie jetzt durch seine Aussagen in einem Video zu belegen ist, das eigentlich geheim bleiben sollte. Zitat: „Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.“
Ringier ist ein in mehreren Ländern tätiges Medienunternehmen mit Sitz in der Schweiz und rund 6800 Mitarbeitern. Seit Januar 2006 berät der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder den Konzern. In der Schweiz gibt Ringier unter anderem Blick, Blick am Abend, SonntagsBlick, blick.ch und Blick Ap. heraus. In Mitteleuropa betreibt Ringier mehrere Gemeinschaftsunternehmen in der Medienbranche mit dem deutschen Axel-Springer-Konzern. Bis 2016 gehörten in Deutschland Cicero und Monopol zu dem Schweizer Unternehmen…
In dem Geheimvideo, über das das Portal Nebelspalter berichtet, erklärt Ringier-CEO Marc Walder im kleinen Kreis das, was so viele ahnen, aber noch mehr für unmöglich halten: „Er sagt in dem Filmausschnitt sinngemäss, dass er seine Redaktionen weltweit angewiesen hat, auf jegliche Kritik an der offiziellen Corona-Politik zu verzichten und stattdessen strammen Regierungskurs zu halten.“
Tatsächlich sind die Ringier-Medien, wie das Portal schreibt, „allen voran die Blick-Gruppe, (…) das Megafon des Staates, wenn es um die amtliche Corona-Politik geht. Zwischen der Zürcher Dufourstrasse, wo Ringier zu Hause ist, und Gesundheitsminister Alain Berset im Berner Bundeshaus scheint eine Standleitung zu bestehen. Regelmässig berichten die Ringier-Medien vorab, was Berset in der Bundesratssitzung des kommenden Tages einbringen wird. Kritik am staatlichen Handeln – und zu kritischer Berichterstattung gäbe es wahrlich Anlass genug – sucht man in den Ringier-Medien vergeblich.“ Der Eindruck beim Lesen, so „Nebelspalter“: Blick & Co. seien „regierungstreu bis zum Abwinken“. Statt objektiv und kritisch zu berichten, „betätigen sich die Ringier-Medien lieber als verlängerter PR-Arm von Berset und seinem Bundesamt für Gesundheit (BAG).“
Auch in anderen Ländern, in denen Ringier tätig sei, von Osteuropa bis Ostasien, falle auf, „dass die Ringier-Medien das knallharte Boulevard-Geschäft aufgeben, sobald es um offizielle Covid-Massnahmen geht“, schreibt das Portal.
Hier können Sie sich das Video ansehen:
Die hier zu hörende Aussage machte Walder am 3. Februar 2021 im Rahmen der Gesprächsreihe «Inspirational Talk» der Schweizerischen Management Gesellschaft. Thema: «Digitale Transformation @Ringier». Das Wortprotokoll und die Reaktion von Walder können Sie in dem Artikel des „Nebelspalter“ nachlesen. Besonders brisant: Bei einer Volksabstimmung über ein „Massnahmenpaket zugunsten der Medien“ am 13. Februar 2022 wird es auch um eine Vervielfachung der Subventionen an private Medien von 53 auf 178 Millionen Franken jährlich gehen. Ausgerechnet Ringier wäre einer der wichtigsten Profiteure.
Spannend ist auch, dass Walder in dem Video sagt, in Deutschland seien die Medien nicht so stramm auf Regierungskurs (vielleicht liest er ja meine Seite und ähnliche). Bis auf die Bild, wo der kritische Chefredakteur Julian Reichelt aber mit dubiosen Methoden aus dem Amt entfernt wurde, wirken unsere Sender und Blätter aber genauso gleichgetaktet wie die Ringier-Medien. Schon in der Anfangsphase des Corona-Zeitalters erzählte mir ein bestens vernetzter Kollege, Angela Merkel habe bei den wichtigsten Chefredakteuren angerufen und diese um Unterstützung gebeten. Es ginge schließlich um Leben oder Tod. Nachprüfen oder gar belegen kann ich diese Information nicht. Aber Hand aufs Herz – was würde sie mehr wundern? Dass sie zutrifft, oder dass sie falsch ist?
Bild: Stephan Röhl for Heinrich-Böll-Stiftung/Wikicommons/CC BY-SA 2.0, ShutterstockText: br
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