Von Daniel Weinmann
Vor gut zwei Jahren hätte dieser Satz genügt, ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten und seine Existenz aufs Spiel zu setzen: „Der Kampf gegen Corona ist eine der größten Gemeinschaftsaufgaben der Welt. Wichtige Entscheidungen trafen nicht die Staatschefs und die Weltgesundheitsorganisation, sondern die Stiftung von Bill und Melinda Gates und deren Netzwerk.“
Jeder, der dies offen und laut dachte, wurde als unverbesserlicher Verschwörungstheoretiker diffamiert. Heute ist es das Fazit einer Recherche, an der die „Welt am Sonntag“ sechs Monate lang mit Reportern von „Politico“ gearbeitet hat. So ändern sich die Zeiten.
Die Bill and Melinda Gates Foundation mit ihrem Stiftungsvermögen von 70 Milliarden Dollar hatte „immensen Einfluss“ auf die globale Corona-Politik, schreiben die Autoren. „Die Stiftung und drei ihrer wichtigsten Partner gehörten in der Pandemie zu den größten Geldgebern, unter anderem der Weltgesundheitsorganisation. Zudem hätten sie darauf hingewirkt, dass Regierungen politische Entscheidungen so treffen, wie sie es für richtig hielten. Dies gelte vor allem für die Frage, wer Impfstoffe herstellen könnte – und unter welchen Bedingungen.
Philanthropie als Deckmantel für Milliardengeschäfte
Das Ziel der Stiftung entspringt dem Größenwahn ihres Gründers: Sie will den Gesundheitszustand von Milliarden Menschen verbessern. „Wir haben uns in der Pandemie enorm auf ihren Rat verlassen“, zitieren die Autoren dazu passend einen Regierungsbeamten aus den USA. „Vor allem in den frühen Tagen.“ Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe erstmals durch eine Organisation aus dem Netz der Gates-Stiftung von einer möglichen weltweiten Pandemie erfahren.
Die Welt besser machen und damit Geld verdienen: So lautet das Credo des weithin als Philanthrop verbrämten, mehr als 100-fachen Dollar-Milliardärs. Das Netzwerk der Gates-Stiftung war der wichtigste Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation, vor den USA oder der EU. Entsprechend war es laut „Welt“ und „Politico“ nicht die WHO, die die überhastete Entwicklung der Impfstoffe antrieb, sondern das Netzwerk um Gates.
Dazu gehörte neben der gemeinnützigen Londoner Stiftung „Wellcome Trust“ mit ihrem Portfolio von 38 Milliarden Pfund auch die Impfallianz GAVI in Genf sowie die Impfstofforganisation CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations). Sie zielte darauf ab, die Pandemie nach ihrem Gusto zu bekämpfen – mit erheblichen finanziellen Zuschüssen der Nationalstaaten und vor allem ohne Aussetzung des Patentrechts. Gerade letzterer Punkt offenbart, dass die in den Massenmedien wie ein Mantra dargebrachte Philanthropie des William H. Gates nur Deckmantel für ein Milliardengeschäft war.
»Schlimmste Art von Einflussnahme, weil sie hinter geschlossenen Türen stattfindet«
Dazu passt, dass die von Gates und Wellcome Trust finanzierten Organisationen Cepi und Gavi die Initiative bei der Entwicklung der Impfstoffe übernahmen. Die Geberländer verpflichteten sich, insgesamt 7,4 Milliarden Euro in das Mammutprojekt zu investieren. Geld, dessen Verteilung laut den jüngsten Enthüllungen genau abgestimmt wurde.
Wie gut vor diesem Hintergrund, dass die Gates-Stiftung schon im September 2019 rund 50 Millionen Euro in das Mainzer Biotechunternehmen Biontech investierte.
„Hier zeigt sich die Stiftung von ihrer berechnenden Seite“, brachte es Politikwissenschaftler Adam Fejerskov auf den Punkt. Teils sei die Gates Foundation aufgetreten wie eine „gefühlskalte Investmentbank“. „Wenn Gates ernsthaft bei einem Projekt dabei ist, will er auch im Cockpit sitzen“, so der Hochschullehrer am Danish Institute for International Studies und Autor des Buches „The Gates Foundation’s Rise to Power: Private Authority in Global Politics“. Lawrence Gostin, Juraprofessor an der Georgetown Universität in Washington, bezeichnet das Auftreten von Gates als „schlimmste Art von Einflussnahme, weil sie hinter geschlossenen Türen stattfindet“.
Der Tenor der Kritik, die auch von Gesundheitsbeamten in Afrika und Asien kommt, lässt sich so auf den Punkt bringen: Es gibt ein mächtiges Netzwerk, das auf weltpolitische Entscheidungen einwirkt. Es ist groß genug, seine Vorstellungen durchzusetzen. Doch fast niemand kontrolliert es – und niemand hat es gewählt.
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt. Kurz nach seinem Start als Bundeskanzler, so ergab die Recherche, erhielt Olaf Scholz einen Brief. Bill und Melinda Gates gratulierten ihm zum neuen Amt. „Unser Team“, schrieben sie, „wird sich melden.“
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: ThePhotoFab/Shutterstock