Zensur und zweifelhafte Statements: Der RBB versinkt weiter im Sumpf Neue Vorwürfe bringen Führungsebene in Erklärungsnöte

Von Daniel Weinmann

Die tief verwurzelte Selbstbedienungsmentalität auf Kosten der Gebührenzahler beim Rundfunk Berlin-Brandenburg, kurz RBB, schlägt neue Volten. Jüngstes Opfer ist der RBB-Journalist Jörg Wagner. Um kein Wort verlegen zeigt er gerne klare Kante – selbst wenn es um seinen eigenen Arbeitgeber, den öffentlich-rechtlichen Sender geht. Den Rücktritt der einstigen Intendantin Patricia Schlesinger, die über Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung stolperte, bezeichnete der hauseigene Medienexperte im August 2022 als „die stärkste Krise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. Weiter ätzte er: „Während Programmmittel gestrichen wurden, schien die Kreditkarte der Intendanz kein Limit zu kennen.“

In seinem wöchentlich erscheinenden „Medien Magazin“ im vergangenen Sommer ließ Wagner eine freie Mitarbeiterin der Rundfunkanstalt anonym zu Wort kommen, die den ÖRR mit einem Tanker verglich: „Da oben steht man, trinkt Champagner, isst Canapés und fühlt sich sehr wichtig. Und unten, da sitzen die Galeeren-Sklaven und rudern um ihr Leben, bekommen immer mal ein bisschen Brot und Wasser.“

Dass Wagner zumindest für manche Mitglieder der RBB-Geschäftsführung zunehmend zur Persona non grata wurde, mag vor diesem Hintergrund wenig erstaunen. Da Kritik bei den Öffentlich-Rechtlichen ohnehin nicht erwünscht ist, hat der Sender nach Gutsherrenart einen kritischen Beitrag aus dem „Medienmagazin“ ungeniert löschen lassen.

Kommentar gelöscht, sämtliche Spuren verwischt

Eine Reporterin hatte über den RBB-Untersuchungsausschuss des brandenburgischen Landtags zur Schlesinger-Affäre berichtet und dabei Finanzchef Claus Kerkhoff schlecht aussehen lassen. Seine Rolle als Mahner in dem Verschwendungsskandal erschien plötzlich fragwürdig. Kerkhoff ging daraufhin gegen seinen eigenen Sender vor und erzwang via Anwaltsschreiben die Löschung des ihm missliebigen Beitrags, berichtet der „Business Insider“. Zugleich teilte der RBB auf seiner Website mit, der Beitrag sei entfernt worden, „weil er den Prozess der redaktionellen Abnahme nicht wie vorgeschrieben durchlaufen“ habe.

Im aktuellen Fall seien „eindeutige Regelungen zur Abnahme von redaktionellen Beiträgen nicht eingehalten“ worden – mit der Folge, dass ein „rechtlich angreifbarer Beitrag auf Sendung gegangen“ sei, lautete die schwammige Antwort des RBB auf eine Anfrage von „Business Insider“.

Die Journalistin berief sich in ihrem Radiobeitrag auf mehrere Quellen und erwähnte zudem Belege. Doch ihr Kommentar ist gelöscht, sämtliche Spuren sind verwischt. Der Fisch stinkt vom Kopf, ließe sich die Lage beim RBB vor diesem Hintergrund treffend auf den Punkt bringen. Dazu passt, dass offenbleibt, wie Medienjournalist Jörg Wagner die Sache sieht.

„Jeder wusste von den Abendessen“

Als wäre dies nicht genug, brachte eine enge Mitarbeiterin Schlesingers am vergangenen Freitag im Untersuchungsausschuss zum RBB-Skandal des Brandenburger Landtags große Teile der Führungsebene unter Druck. Wie der „Nordkurier“ berichtet, belastete die ehemalige Leiterin der Hauptabteilung Intendanz, Verena Formen-Mohr, nicht zuletzt Chefredakteur David Biesinger, der vor dem Untersuchungsausschuss zu Protokoll gab, nur „bruchstückhaft“ mit Finanzierungszahlen vertraut gewesen zu sein. Formen-Mohr betonte stattdessen, dass Biesinger bereits vor einer Sitzung des Verwaltungsrates im März 2022, an der er teilgenommen habe, eine „komplette Vorbereitung“ erhalten habe: „Er hat eine Woche vorher alle Unterlagen erhalten.“

Überhaupt habe es nie ernsthafte Zweifel an der Notwendigkeit des geplanten Medienhauses für den RBB gegeben. Seit November 2021 wussten die Sender-Oberen von potenziellen Baukosten in Höhe von bis zu 188 Millionen Euro. Ursprünglich geplant war aber nur ein Investitionsvolumen von 125 Millionen Euro.

Ebenso decouvrierte sie die umstrittenen, weil über den Sender abgerechneten Abendessen in der Privatwohnung Schlesingers. „Es waren keine privaten Abendessen. Es waren Essen für den RBB: Im Büro der Intendanz wusste jeder von den Abendessen.“ Der frühere Brandenburger Medienstaatssekretär Thomas Kralinski hatte hingegen im Dezember in einer Sitzung von einem rein privaten Abendessen bei Patricia Schlesinger berichtet, an dem nur sein Gatte, der Ehemann Schlesingers sowie Schlesingers Tochter nebst deren Partner teilnahmen.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Screenshot Youtube-Video Bietigheimerzeitung

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