Von Daniel Weinmann
Mit der Energiepauschale (EPP) versucht die Regierung, leidgeprüfte Bundesbürger von den hohen Gas- und Stromkosten zu entlasten. Laut Ampelkoalition ist sie ein Teil des holprig klingenden „Maßnahmenpakets des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen“. Anspruch auf die 300 Euro aus dem zweiten Entlastungspaket hat, wer in Deutschland lebt und arbeitet oder Grenzpendler ist. Dazu zählen Angestellte, Auszubildende, Beamte, Soldaten, Vorstände, Minijobber und auch Aushilfskräfte. Auch Arbeitnehmer in Altersteilzeit werden mit dem Obolus bedacht.
Die Pauschale wurde automatisch und ohne gesonderten Antrag mit dem September-Gehalt ausgezahlt. Wer Anfang des Jahres noch beschäftigt war und zwischenzeitlich arbeitslos wurde, bekam das Geld ohne besonderen Antrag über die Steuererklärung. Bei Selbstständigen wurde die Steuer-Vorauszahlung vom 10. September gesenkt.
Gleich doppelt freuen dürfen sich Rentner, die sich frühestens im Oktober aus dem Arbeitsleben verabschiedet haben oder einem Nebenjob nachgingen bzw. immer noch ausüben. Denn sie erhielten bereits im September die 300 Euro und haben im Dezember noch einmal Anspruch auf die gleiche Einmalzahlung. Ein frisch gebackenes Rentnerpaar darf sich den Ruhestand folglich mit 1.200 Euro aus der Staatskasse versüßen – mit dem Segen der Regierung. Denn laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist dies rechtlich einwandfrei, gemäß dessen Website schließen die beiden Zahlungen einander nicht aus: „Sie können in beiden Personenkreisen anspruchsberechtigt sein.“
Weitaus lukrativer ist die Energiepauschale für manche Studenten, die die Prämie laut Sozialverband VdK bis zu sechsfach kassieren: 200 Euro als Student, 300 Euro für einen Nebenjob, 575 Euro als Bafög-Empfänger, 100 Euro in Form des Kindergeld-Zuschlags und 300 Euro als Halbwaise – macht zusammen 1.475 Euro.
»Ein Flickenteppich mit vielen Löchern«
Leer gehen laut Bundesfinanzministerium hingegen sogenannte „ausgesteuerte“ Arbeitnehmer aus. Darunter sind Beschäftigte zu verstehen, die in diesem Jahr nicht mehr erwerbstätig waren und auch kein Krankengeld mehr beziehen. Weiter heißt es: „Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente berechtigt für sich betrachtet ebenfalls nicht zum Erhalt der EPP. Es genügt allerdings, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zu Beginn des Jahres (z. B. wegen Krankengeldbezugs) noch vorgelegen haben.“
Durch den Rost fallen darüber hinaus pflegende Angehörige ohne Erwerbstätigkeit und Rente oder Krankengeld-Bezieher ohne aktives Dienstverhältnis. „Während einige die Energiepreispauschale doppelt und dreifach bekommen, kriegen andere gar nichts. Das ist zutiefst ungerecht“, schimpfte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, angesichts der ungeheuerlichen Flickschusterei der Bundesregierung.
„So wie die Energiepreispauschale ausgestaltet ist, ist ein Flickenteppich mit vielen Löchern entstanden“, sagte die ehemalige deutsche Biathletin und Skilangläuferin der Deutschen Presse-Agentur – und fordert die Einbeziehung weiterer Personengruppen wie etwa pflegende Angehörige oder Empfänger von Übergangs- und Krankengeld. Der mit mehr als 2,1 Millionen Mitgliedern größte Sozialverband Deutschlands hatte bereits im Juni eine Musterklage gegen die Ungleichbehandlung bei der Energiepauschale angekündigt.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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