Ein Gastbeitrag von Alexander Wallasch
Die etablierte politische Klasse kann es nach über einem Jahr Pandemie-Ausnahmezustand offensichtlich kaum ertragen, dass so etwas wie Normalität sichtbar wird auf deutschen Straßen. So fragt eine grüne Bundestagsabgeordnete empört bei der Bundesregierung an, warum es noch keine speziell für Kinder zugeschnittenen FFP2-Masken gibt.
Noch im Januar 2021 berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass Experten davon abraten würden, Kinder FFP2-Masken tragen zu lassen. Ganz klar und eindeutig heißt es da: „Kinder- und Jugendärzte sowie der Kinderschutzbund empfehlen OP-Masken für Kinder und raten in jungen Jahren vom Tragen einer FFP2-Maske ab.“
Wie kann es jetzt sein, dass die Bundesregierung einen Bedarf an FFP2-Masken für Kinder entdeckt hat? Die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner stellte gerade in Sachen Kinder und Masken eine kleine Anfrage an die Bundesregierung. Nein, nicht etwa um besorgt auf die von den Fachleuten geäußerten Gefahren für Kinder durch diese FFP2-Masken hinzuweisen. Rößner empörte sich darüber, dass es noch keine speziell für Kinder angefertigten FFP2-Masken gäbe.
Und was machte die Bundesregierung? Das Arbeitsministerium teilt Frau Rößner mit, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte habe die Normung einer Infektionsschutzmaske beim Deutschen Institut für Normung initiiert, die auch Masken in Kindergrößen berücksichtigen soll.“
Die Maskenpflicht ist allerdings beispielsweise in vielen Schulen schon aufgehoben worden oder steht vor der Aufhebung. Kinder gehören prinzipiell nicht zur durch das Corona-Virus gefährdeten Gruppe, aber die grüne Bundestagsabgeordnete empört sich, Kinder wären doch keine kleinen Erwachsenen, „daher erschüttert es, dass es keine ausreichende Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet gibt.“
Laut Experten nicht umsetzbar
Jörg Dötsch von der Uniklinik Köln ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Der Mediziner sagte gegenüber RND, das Tragen von FFP2-Masken ließe sich in Schulen überhaupt nicht umsetzen, da sie nicht den ganzen Tag am Stück getragen werden können. „Alle 75 Minuten braucht es eine 30-minütige Pause.”
Der Mediziner hätte zusätzlich auch auf die Debatte hinweisen können, Kinder ganz von dieser Maskenpflicht zu befreien – jedenfalls angesichts einer mutmaßlichen Gefahrenlage durch das Tragen solcher eng am Gesicht liegenden, die kindliche Atmung behindernden FFP2-Masken.
Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes Kinder- und Jugendärzte, merkte dazu an, dass es immer wieder zu Entzündungen hinter den Ohren bei Kindern käme, wo die Masken zu stramm gesessen hätten.
Und weiter bei RND: „Ob FFP2-Masken dazu führen, dass sich Keime in der Lunge sammeln, sei dagegen nicht ausgeschlossen. Dies können Eltern aber verhindern, indem sie die Hygieneregeln einhalten, sagt Fischbach.“ Meint er damit diese vollkommen kryptischen Wasch- und Trocknungsanleitungen für FFP-2-Masken?
Tabea Rößner spricht davon, dass die Bundesregierung „beim gezielten Schutz der Kinder“ versagt hätte. Aber was für ein Schutz soll das eigentlich sein, wo während des gesamten Pandemieverlaufs weit weniger als einhundert Kinder und Jugendliche überhaupt auf Intensivstationen betreut wurden? Und das großteils mit Vorerkrankungen? Da gibt es doch kaum eine intensivmedizinisch zu betreuende Krankheit, die seltener auf diese Stationen führt, noch dazu bei einer multiplen Erkrankungslage. Was also genau meint die Grüne bloß?
Nach einer Online-Umfrage auf der Internetseite des Netzwerkes RND stimmen übrigens 82 Prozent der Leser dafür, die Maskenpflicht jetzt fallen zu lassen (Stand der Umfrage 20.06.21, 9:30 Uhr).
Angeblich ‘gezielter Schutz‘
Erschreckend auch die Unwucht im logischen Denken bei der grünen Politikerin, die hier über das gesundheitliche Wohl von Millionen Kindern entscheiden will: Rößner nimmt sehr wohl war, dass die FFP2-Maskenpflicht in vielen Schulen schon aufgehoben ist, verlagert sich dann eben darauf, dass viele Kinder in Bussen und Bahnen die auf Erwachsene ausgerichteten Masken tragen würden. Auf die Idee, speziell das FFP2-Maske-Tragen angesichts der möglichen Risiken für Kinder gleich ganz fallen zu lassen, kommt die Grüne nicht.
Rößner nennt die geforderte spezielle FFP2-Maske für Kinder „gezielter Schutz“, wo gezielte Gefährdung durchaus ebenfalls auf der Basis von Stimmen von Fachleuten zu befürchten ist.Und vor was schützen, wenn diese Kinder grundsätzlich nicht gefährdet sind?
Und was schreibt das Arbeitsministerium stellvertretend für die Bundesregierung laut dpa (die Agentur hatte die Beantwortung der Rößner-Fragen vorab erhalten)? Es verweist auf eine europäische Norm. Und für diese Norm würden bei der Maskenüberprüfung zehn Probanden mit unterschiedlichen Gesichtsformen ausgewählt.
Aber was für eine entlarvende Antwort im Wortlaut: Es sei daher nicht ausgeschlossen, „dass Masken hergestellt und geprüft werden, die im Bereich Infektionsschutz für Kinder und Jugendliche geeignet sind. Hier ist dann insbesondere auf einen richtigen Sitz der Maske für Kinder und Jugendliche bei der Auswahl zu achten.“
In Absprache mit dem Gesundheitsministerium strebt jetzt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Normung einer Infektionsschutzmaske beim Deutschen Institut für Normung an, die auch Masken in Kindergrößen berücksichtigen soll.
Verzweifelter Kampf gegen Rückkehr der Normalität?
Diese und weitere groteske Vorgänge irritieren alleine schon deshalb, weil hier der Eindruck entstehen könnte, dass sich auch medizinische Berufszweige fast schon verzweifelt gegen eine Normalität nach der Pandemie zu wehren scheinen. Diese Normalität liegt offensichtlich schon jenseits ihrer Vorstellungskraft.
Und die grüne Bundestagsabgeordnete Rößner unterstützt nach Kräften: „Es ist ein Armutszeugnis, dass nach 16 Monaten Corona-Pandemie noch immer keine spezifischen FFP2-Masken für Kinder auf dem Markt verfügbar sind.“ Was meint das? Kinder sollen sie einfach tragen müssen? Endlich? Ein Ende der Pandemie darf es nicht geben? Tatsächlich könnte dieser fatale Eindruck hier entstehen, wo grüne Politik das Denken eingestellt und den Menschen schon ganz aus dem Auge verloren hat.
Es sei unverantwortlich, so Rößner weiter, „dass die Bundesregierung angesichts der schon so lange anhaltenden pandemischen Lage nicht früher tätig geworden ist.“ Eine merkwürdige Art von Zwangshandlung.
Erschütternd ist aber auch die unreflektierte Vorgehensweise einflussreicher Altmedien in Deutschland in dieser Frage. So berichtete beispielsweise die Deutsche Welle noch im September 2020 von „COVID-19: Schlimme Folge-Erkrankungen bei Kindern“. Dabei berief man sich auf eine Studie aus Texas.
Aber dieser Zusammenhang zwischen Covid-19 und Folge-Erkrankungen bei Kindern ist schon arg tendenziös zu nennen. Im Verlauf des Artikels wird schnell klar, dass es sich hier um eine Studie aus den USA handelt, die vor allem eines beobachtet hat: Krankheitsbilder bei Infektionskrankheiten generell und nicht speziell bei an Corona erkrankten Kindern. Vergegenwärtigt man sich jetzt nochmal die Überschrift des Artikels, dann ist das Propaganda zum Nachteil von Kindern.
Wer allerdings Masken für Kinder gefährlich findet oder darüber nachdenkt, begibt sich in Gefahr, als Corona-Leugner abgestempelt zu werden, so, wie es beispielsweise der SWR schon im September 2020 versucht hatte, als der Sender fragte: „Sind Masken für Kinder schädlich? Wie Corona-Leugner mit Ängsten Politik machen.“
Diffamierung von Kritikern
Oder das zweite Zwangsgebührenfernsehen, das formulierte: „Corona-Mythen im Check: Masken sind keine Gefahr für Kinder.“ Das ZDF bemühte sogar „Kettenbriefe“ zur Diffamierung der Maskenkritiker bei Kindern: „In Kettenbriefen wird oft von Kindern berichtet, die angeblich wegen Corona-Masken gestorben seien. Belastbare Belege dafür gibt es nicht. Auch für Kinder sind Masken ungefährlich.“
Über die Frage nach der Gesundheitsgefährdung von Masken für Kinder geht eine viel wichtigere Frage vollständig verloren: Sollten Kinder Stand Juni 2021 überhaupt noch Masken tragen und wozu und um wen damit zu schützen?
Erwachsene, die solche Forderungen dennoch stellen, sollen sich einmal erinnern, wie oft sie wo – ob im Supermarkt, Baumarkt oder im Bus – und gerade jetzt unter den hochsommerlichen Temperaturen einmal die FFP2-Maske zur Seite geschoben haben, weil sie kaum oder nur noch schlecht Luft bekommen haben.
Und das will man jetzt Kindern zumuten, weil die klinischen Masken (OP-Masken) nicht mehr ausreichend sein sollen?
Dieser Beitrag ist zuerst auf Alexander Wallaschs Blog www.alexander-wallasch.de erschienen.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig für Szene-Magazine Kolumnen. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Volkswagen tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“
Bild: ShutterstockText: Gast