Von Christian Euler
Seit gut zwei Wochen steigen die Zahlen der registrierten Neuinfektionen in Israel deutlich an – trotz einer hohen Impfquote von 55 Prozent der Bevölkerung. Mit 2.455 aktiven Infektionsfällen war die Zahl am vergangenen Sonntag so hoch wie zuletzt Anfang April, berichtet die „Times of Israel“, das Gesundheitsministerium rechnet in der kommenden Woche mit 500 bis 600 täglichen Neuinfektionen.
Der israelische Sender i24 News beziffert den Anstieg der Neuinfektionen in den vergangenen zwei Wochen auf 1.000 Prozent. An oder mit Corona verstorben ist in Israel in den vergangenen drei Wochen indes nur eine Person, so die Times of Israel.
Das Schweizer Radio und Fernsehen SRF zitiert Studien, die der als besonders ansteckend geltenden Delta-Variante eine sogenannte „leichte Immunflucht“ bescheinigen. Dies bedeutet, dass sie den Schutz nach einer Impfung oder einer durchgemachten Infektion umgeht. Dabei betonen Experten unisono, dass rundum geschützt sei, wer den kompletten Impfschutz hat.
Diskussion über zusätzliche Beschränkungen
„Auch Geimpfte können sich anstecken und viele Kinder und Jugendliche sind noch gar nicht geimpft“, sagte der scheidende Gesundheitsminister Chezy Levy, „Wir sollten sehr besorgt sein und sehen, wie wir die Situation eindämmen können, bevor sie außer Kontrolle gerät.“ Besonders beunruhigt den Politiker ein Corona-Ausbruch unter Schülern nach einer Party in Tel Aviv. Wie der TV-Sender Channel 12 laut Times of Israel berichtet, haben sich bei der Feier mindestens 83 junge Leute das Virus eingefangen – alle beim selben Mitschüler.
Der israelischen Internetzeitung zufolge war der junge Mann, der das Virus auf der Party verteilte, geimpft. Er hatte sich bei einem ebenfalls geimpften Angehörigen infiziert, der sich seinerseits bei einer ebenfalls geimpften Person angesteckt hatte, die kürzlich in London war. Um welche Variante des Coronavirus es sich handelt, ist unklar.
Der Stolz der israelischen Regierung auf die hohe Durchimpfungsquote scheint verfrüht. Das Kabinett berät über eine ganze Reihe zusätzlicher Beschränkungen. Ministerpräsident Naftali Bennett rief seine Landsleute am Sonntag auf, in Innenräumen wieder Masken zu tragen und Ansammlungen zu meiden. Sollte dies nicht genügen und mehr Menschen schwer erkranken, will die Regierung den Zugang zu Restaurants und Veranstaltungen für ungeimpfte Personen wieder einschränken.
Impfzwang durch die Hintertür
Ebenfalls diskutiert werden laut einem Bericht der Times of Israel Beschränkungen für große Menschenansammlungen, die Wiedereinführung des Grünen Passes und die Forderung, dass geimpfte Eltern von infizierten Kindern in Quarantäne gehen müssen, bis sie einen negativen Test erhalten.
Warum nur Ungeimpfte mit Einschränkungen belegt werden, bleibt angesichts des hochansteckenden geimpften Schülers offen. Logisch nachvollziehbar ist die Kehrtwende zumindest nicht.
Statt dies zu hinterfragen, setzt Premier Bennett lieber weiter auf das Motto „Impfen, Impfen, Impfen“. Kürzlich appellierte er an junge Teenager, sich impfen zu lassen, um Einschränkungen abzuwenden: „Wir wollen keine Einschränkungen – weder bei Partys, noch bei Ausflügen, noch bei irgendetwas.“ Impfzwang durch die Hintertür par excellence.
Angaben des Gesundheitsministeriums zufolge sind in Israel inzwischen über 100.000 junge Menschen im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren geimpft worden.
Bild: Moshe EINHORN/Shutterstock (Symbolbild)
Text: ce
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