Von Mario Martin
Es gibt Neuigkeiten vom Impf-Weltmeister Gibraltar. Das 25 Kilometer von Afrika entfernt liegende Überseegebiet Großbritanniens sorgt mit einer Ankündigung für Aufmerksamkeit: „Offizielle Weihnachtsfeiern, offizielle Empfänge und ähnliche Zusammenkünfte“ wurden abgesagt.
Der Öffentlichkeit wurde geraten, gesellschaftliche Veranstaltungen und Partys in den nächsten vier Wochen zu meiden. Feiern sollen lieber im Freien abgehalten werden als in geschlossenen Räumen, von Berührungen und Umarmungen wird abgeraten und das Tragen von Masken wird empfohlen.
„Der drastische Anstieg der Zahl der Personen, die in den letzten Tagen positiv auf COVID-19 getestet wurden, ist eine deutliche Erinnerung daran, dass das Virus in unserer Gesellschaft immer noch weit verbreitet ist und dass wir alle dafür verantwortlich sind, alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um uns und unsere Angehörigen zu schützen“, sagte Gesundheitsministerin Samantha Sacramento.
Die wenig aussagekräftige Sieben-Tage-Inzidenz erreichte bereits die 500er-Marke. Über 400 der 33.571 Einwohner sind derzeit Corona-positiv.
„Jeder, der für eine Impfung oder Auffrischung in Frage kommt, wird dringend aufgefordert, das Angebot anzunehmen, wenn er dazu aufgefordert wird“, so die Vorstellung von Sacramento. Inzwischen haben rund 33 % der Bewohner den Booster erhalten.
Höchste Impfquote weltweit
Befürworter der Impfung behaupten, hohe Inzidenzen seien auf niedrige Impfquoten zurückzuführen. Zumindest könnte man auf diesen Gedanken kommen, wenn man der Politik bei ihren ständigen Versicherungen zur Wirksamkeit der Impfung folgt.
Aber Gibraltar hat Probleme trotz der höchsten Impfquote weltweit. Die Impfquote Gibraltars liegt bei ungewöhnlichen 118 %. Diese Zahl kommt zustande durch Spanier, die die Grenze überqueren, um zu arbeiten oder Besuche durchführen.
Nur auf die für die Impfung in Frage kommenden erwachsenen Staatsbürger bezogen, liegt die Impfquote bei über 99 %. Am 8. April 2021 erklärte Chief Minister Fabian Picardo noch: „Die Bevölkerung von Gibraltar ist endlich Covid-frei!“
Ist Impf-Weltmeister Gibraltar jetzt aber nicht eher der Beleg dafür, dass die Impfung nicht so wirkt wie versprochen? Es erscheint schwierig, sich unter diesen Umständen noch Argumente dagegen vorzustellen. Dem Autor sind jedenfalls keine bekannt.
Weltweites Impfversagen
Gibraltar steht nicht allein da. Das Phänomen beobachten wir ebenfalls in weiteren Ländern, die hohe Impfquoten aufweisen, wie z.B. Singapur (94 %), Irland (77 %) und Israel (78 %).
Zwar besteht nur eine schwache Korrelation zwischen den “Fällen” und den tatsächlichen COVID-19-Todesfällen, aber da dies für die Politik keine Rolle spielt, sollte auch weiterhin betont werden, dass eine hohe Impfquote ein Garant für viele “Fälle” zu sein scheint.
Voraussetzung für den Vergleich der “Fälle” ist die Nutzung identisch kalibrierter Tests. Nur dann wäre die Inzidenz ein zulässiger Vergleichswert. Werden unterschiedliche Tests genutzt, ergibt ein Vergleich keinen Sinn.
Zumindest könnte gemutmaßt werden, dass die Tests innerhalb eines Landes über die Zeit ähnlich kalibriert sind. Ist dies nicht der Fall, ließen sich noch nicht einmal die Zahlen innerhalb eines Landes über die Zeit vergleichen.
Aussagekräftigere Daten erhalten wir bei der Beobachtung der COVID-19-bedingten Todesfälle. Eine Vielzahl von Ländern, die letztes Jahr zwar keine Impfung, aber auch kaum Probleme mit dem Virus hatten, weisen dieses Jahr hohe Todeszahlen aus. Die Liste ist lang: Afghanistan, Albanien, Algerien, Bahrain, Bahamas, Bangladesch, Brasilien, Burma, Dschibuti, Elfenbeinküste, Fidschi, Grenada, Guinea, Guyana, Indien, Indonesien, Israel, Jamaika, Jordanien usw.
Wenn der Booster aber nicht die erhoffte Wende bringt, klappt es ja vielleicht mit der sechsten oder siebten “Impfung”. Die EU hat sich jedenfalls im August mit 1,5 Milliarden Dosen eingedeckt.
NACHTRAG: Der Spiegel veröffentlichte zum Thema einen Beitrag mit gegensätzlicher Meinung. Lesen Sie auch dort nach, um ein umfassendes Bild zu erhalten.
Hier Boris Reitschusters neuestes Video von der Bundespressekonferenz:Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Mario Martin ist Ökonom und arbeitet als Software-Projektmanager in Berlin.
Bild: ShutterstockText: Gast