Der Mangel an Pflegekräften ist eine der Begründungen für die Corona-Maßnahmen und damit auch die massiven Einschränkungen der Grundrechte, die von den Vätern unseres Grundgesetzes eigentlich als unveräußerliche Rechte verankert wurden. Fast in Dauerschleife berichten die Medien von Überlastungen auf Intensivstationen und davon, dass Fachkräfte fehlen. Darauf, dass diese Probleme auch schon vor dem „Corona-Zeitalter“ (Zitat Karl Lauterbach) vorhanden waren während der Grippe-Saison, wird dagegen meistens nicht hingewiesen.
Angesichts des massiven Pflegemangels, der offiziell auch als Begründung für die sinkende Zahl von Intensivbetten während der Pandemie angeführt wird, sollte man davon ausgehen, dass die deutschen Krankenhäuser alles tun, um ihr Personal in diesem sensiblen Bereich zu halten. Doch dem ist nicht so. Zwei Freiburger Kliniken – das Loretto- und das St. Josefskrankenhaus – stellten ungeimpftes Personal frei, obwohl die Impfpflicht für medizinisches Personal ja erst in zwei Monaten in Kraft tritt. „Von den insgesamt 1960 Beschäftigten wurden 35 Ungeimpfte freigestellt“, berichtet die Badische Zeitung in einem Artikel, den sie hinter einer Bezahlschranke versteckt: „Für Mitarbeitende am Loretto- und am St. Josefskrankenhaus gilt 2G: Wer nicht geimpft oder genesen ist, wurde zum 1. Januar 2022 freigestellt“ titelt das Blatt stramm.
Die beiden Häuser seien vorgeprescht, weil sie seit 2020 zur Artemed-Gruppe gehörten: „Artemed hat die strikte 2G-Strategie in allen 17 zum Konzern gehörenden Häusern umgesetzt.“
„Wir tun dies aus voller Überzeugung“, sagte Konzerngeschäftsführer Frank Löscher am Mittwoch im Gespräch mit der Badischen Zeitung: „Es muss unser Anspruch sein, dass wir Patientinnen und Patienten, die sich in unsere Obhut begeben müssen, den höchsten Grad an Sicherheit bieten.“
Dass nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen auch eine Impfung keinesfalls vor einer Übertragung des Virus schützt, wie man das früher annahm, scheint die Krankenhaus-Manager nicht zu kümmern. Man habe für ausreichend Aufklärung und Impfangebote gesorgt, und es habe für ungeimpfte Beschäftigte viele Einzelgespräche gegeben mit Vertrauensärzten, mit dem Ärztlichen Direktor, mit den Vorgesetzten, mit der Pflegedienstleitung, so der Geschäftsführer gegenüber dem Blatt: „Diese Gespräche seien erfolgreich gewesen: Waren anfangs noch rund zehn Prozent der Mitarbeitenden ungeimpft, sank die Quote der Nichtgeimpften bis zum Stichtag am Jahresende nun auf 1,8 Prozent.“
Wie freiwillig die Entscheidung der Impfskeptiker für die Spritze war, kann man nur mutmaßen. „Einige der 35 Betroffenen würden noch darauf warten, mit dem sogenannten Totimpfstoff geimpft zu werden“, schreibt die Badische Zeitung: „Diese Beschäftigten würden noch Urlaub und Überstunden abbauen. Sie erhalten weiter ihre Bezüge, andere Betroffene seit der Freistellung dagegen nicht mehr. Die Tür sei aber für niemanden zu, betont Geschäftsführer Löscher. Man habe viele positive Rückmeldungen von Patienten, aber auch aus der Belegschaft bekommen. Die Kliniken werben aktiv mit dem neuen Standard. Auf den Homepages von Josefs- und Lorettokrankenhaus steht an prominenter Stelle: „2G – Seit dem ersten Januar arbeiten bei uns nur noch geimpfte und genesene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Trotz der Freistellungen seien die beiden Krankenhäuser voll leistungsfähig, betont er, so das Blatt. Auch der Betriebsrat sei für die Impfung. Sie sei die „einzige Exitstrategie aus der Pandemie“, so Andreas Schwarz, der Betriebsratsvorsitzende am Josefskrankenhaus. Er berichtet von schweren Wochen. Der Betriebsrat habe Zweifel, „ob das inhaltlich nachvollziehbare Vorgehen auch arbeitsrechtlich korrekt war: ‘Arbeitsvertrag ist nun mal Arbeitsvertrag‘“, so Schwarz laut Badischer Zeitung.
Wie das Arbeitsverbot für Ungeimpfte in Freiburg zum Pflegemangel passt, erschließt sich mir nicht. Das Problem ist nicht nur auf die beiden Kliniken bzw. die der Artemed-Gruppe begrenzt. Zahlreiche Pflegekräfte suchen bereits nach einem neuen Job (siehe Bericht hier). Auf eine Anfrage von mir, ob es Schätzungen darüber gebe, wie viele Fachkräfte aufgrund der Impfpflicht ausscheiden, antwortete der Sprecher von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Hanno Kautz, kürzlich auf der Bundespressekonferenz ausweichend. Sinngemäß sagte er, es sei kein größerer Exodus bekannt. Worauf er diese Zuversicht gründet, erklärte er nicht.
Die Bundespressekonferenz vom 19.1.2022
Bild: Shutterstock
Text: br
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