Von Kai Rebmann
Felicia Binger ist dem deutschen TV-Publikum unter anderem aus der Werbung eines Süßwaren-Herstellers bekannt und stand auch schon beim „Tatort“ vor der Kamera. Noch vor einem Jahr galt die heute 28-jährige Schauspielerin als hoffnungsvolles Nachwuchstalent. Doch seit dem 2. Mai 2021 ist im Leben der Frankfurterin nichts mehr, wie es einmal war. An diesem Tag erhielt Binger ihre erste Corona-Impfung (Biontech). Bereits am nächsten Tag entwickelte sie Symptome, mit denen inzwischen das Krankheitsbild von Long-Covid beschrieben wird und die bis heute geblieben sind. Ein nicht nur zeitlicher, sondern ausdrücklich auch kausaler Zusammenhang mit der Impfung gegen Corona scheint also offensichtlich.
Als Asthma-Patientin gehörte Binger zu einer der Risikogruppen, weshalb die Schauspielerin sich auf ihren Impftermin sogar gefreut hatte. Um diesen für sie besonderen Moment mit ihren Followern in den sozialen Medien teilen zu können, hielt Binger ihre Impfung in einem Video fest. Sie wollte wohl mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Fans zum Mitmachen animieren. Heute, knapp ein Jahr später, hat die Schauspielerin nicht nur mit durch die Impfung verursachten gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, sondern steht auch vor einer beruflich ungewissen Zukunft. Arbeiten konnte Binger nach eigenem Bekunden in den vergangenen Monaten, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt.
Von Pontius zu Pilatus geschickt
Gegenüber der „Hessenschau“ berichtete Felicia Binger von über einem Dutzend Symptomen, mit denen sie seit ihrer Corona-Impfung zu kämpfen hat. Diese reichen von Atemnot über Herzschmerzen und -stolpern bis zu Zuckungen in den Muskeln. „Es fühlt sich an, als würde mein Körper sich selbst angreifen“, fasst die Hessin ihr Leiden zusammen. Als fast noch schlimmer als ihre gesundheitlichen Probleme empfindet Binger aber die Tatsache, dass sie sich allein und im Stich gelassen fühlt. Auch wenn sich Meldungen über Long-Covid-Symptome bei Geimpften inzwischen häufen, galten derartige Beschwerden sowie der Umgang damit im Sommer 2021 noch als Tabuthema. Binger litt damals quasi unter Impf-Nebenwirkungen, die es laut dem von Politik und Medien verbreiteten Narrativ überhaupt nicht geben konnte bzw. durfte.
Bei ihrer Suche nach Hilfe wurde Binger in den folgenden Monaten von Pontius zu Pilatus geschickt. Aufgrund eines schmerzhaften Hautausschlags, der im Gesicht begann und sich dann immer weiter ausbreitete, wurde bei Binger zunächst Nesselsucht diagnostiziert. Nach eigenen Angaben sah die Schauspielerin in den Folgemonaten die Praxen von mehr als 15 Fachärzten von innen, unter anderem die eines Kardiologen, eines Neurologen und eines HNO-Arztes. Als gesetzlich Krankenversicherte musste Binger einen Teil der Arztrechnungen aus eigener Tasche bezahlen, so dass sie diese medizinische Odyssee eigenen Angaben zufolge inzwischen 8.000 Euro gekostet hat.
Die endgültige Diagnose, dass sie an Long-Covid leidet, bekam Binger indes erst vor wenigen Wochen. Ein von der Uniklinik Erlangen entwickelter Autoantikörpertest, für den Binger 800 Euro bezahlen musste, brachte letztendlich Klarheit. Der Allgemeinmediziner Dr. Günter Gerhardt erklärt, dass das Vorhandensein, oder das Fehlen, solcher Autoantikörper im Blut Hinweise darauf liefert, ob der Körper autoimmun auf eine Impfung reagiert hat. Dies scheint bei Felicia Binger der Fall gewesen zu sein, da ein Laborbefund ein positives Ergebnis erbrachte.
Behörden und Krankenkassen ducken sich bei Beratung von Long-Covid-Fällen weg
Wenn es um die Beratung von Patienten geht, die nach der Corona-Impfung unter Long-Covid leiden, schieben sich Behörden, Krankenkassen und Ärzte den Schwarzen Peter gegenseitig in die Schuhe. Das Sozialministerium verweist auf hr-Anfrage auf die Krankenkassen als erste Ansprechpartner. Dort fühlt man sich für die Beratung bei Impfreaktionen bzw. -schäden aber ebenfalls nicht zuständig. „Erste Ansprechperson für Fragen der medizinischen Beratung sollte immer der Hausarzt oder die Hausärztin sein“, teilt ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes mit.
Was Felicia Binger bei ihren Arztbesuchen teilweise erlebte, kann nur noch als zynisch bezeichnet werden. Bei einem ihrer ungezählten Termine kam sie in einer Frankfurter Klinik gar nicht erst bis zum Arzt durch. Da sie als nur einmal Geimpfte über keinen vollständigen Impfschutz verfügte, wurde ihr der Zutritt verweigert. Inzwischen bekam Binger von ihrer Hausärztin ein Attest ausgestellt, das ihr eine Impfunfähigkeit bescheinigt. Darüber hinaus hat sich die Schauspielerin mit Leidensgenossen zusammengeschlossen, die nach der Impfung ebenfalls über Long-Covid-Symptome klagen. Gemeinsam wollen sie sich Gehör verschaffen und erreichen, dass zentrale Anlaufstellen zur Beratung von Long-Covid-Patienten eingerichtet werden.
Hohe Hürden bei der Entschädigung für Impfschäden
Da die Corona-Impfung von den Regierungen von Bund und Ländern ausdrücklich empfohlen wird, sind Ansprüche auf Entschädigung bei etwaigen Impfschäden an die Bundesrepublik Deutschland zu richten, auch wenn die Hersteller und impfenden Ärzte dadurch nicht automatisch von der Haftung befreit sind. Ein sogenannter „Antrag auf Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz“ bzw. dessen Bewilligung ist jedoch mit hohen Hürden verbunden.
Zunächst muss zwischen einer Impfreaktion und einem Impfschaden unterschieden werden. Als Impfreaktion werden leichte Nebenwirkungen bezeichnet, die in den Tagen nach der Impfung auftreten, z.B. Schmerzen an der Einstichstelle, und dann wieder verschwinden. Ein Impfschaden im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung“. Zudem muss es sich dabei um dauerhafte Folgen handeln, womit in der Regel ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten gemeint ist.
Das erste Problem für Betroffene ist, dass die Beweislast grundsätzlich beim Patienten liegt. Ein Facharzt muss also bescheinigen, dass die „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge“ durch die Schutzimpfung hervorgerufen wurde und von dauerhafter Natur ist. Gerade im Zusammenhang mit der Corona-Impfung tun sich die Ärzte jedoch besonders schwer damit, solche Atteste auszustellen, wovon auch Felicia Binger ein Lied zu singen weiß. „Sobald ich einen möglichen Zusammenhang mit der Corona-Impfung anspreche, wird gezuckt. Kein Arzt will etwas damit zu tun haben“, berichtet sie von ihren Erfahrungen.
Dies scheint leider kein Einzelfall zu sein. Von den 80 in Hessen gestellten Anträgen auf Anerkennung eines Impfschadens wurde bisher kein einziger anerkannt. Im benachbarten Rheinland-Pfalz wurden sogar 130 solcher Anträge gestellt, von denen ebenfalls keiner bewilligt wurde.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Screenshot hesseschauText: kr