Von Kai Rebmann
Jetzt ist das Coronavirus auch noch zynisch geworden. Nachdem es offensichtlich schon in der Lage war, bezüglich seiner Infektiosität zwischen Spitzenpolitikern und dem gemeinen Pöbel zu unterscheiden und in Deutschland ansteckender zu sein scheint als in den meisten anderen Ländern dieser Welt (siehe hier und hier), beweist das Virus jetzt auch seinen Sinn für besonders schwarzen Humor. Mit Hebert Grönemeyer hat sich jetzt einer der bekanntesten Impf-Botschafter mit Corona infiziert, und das nicht zu irgendeinem Zeitpunkt. Just als die Vorbereitungen für das erste Konzert von Grönemeyers „20 Jahre Mensch“-Tour in Hannover bereits auf Hochtouren liefen, teilte das Management des Bochumers die Absage der gesamten Tour mit. Weitere Stationen wären Gelsenkirchen, Berlin, Leipzig, Hamburg und München gewesen. Alle Konzerte der geplanten Grönemeyer-Tour wurden ersatzlos gestrichen.
Mit einem handgeschriebenen Brief wandte sich ein „komplett konsternierter“ und „zerknirschter“ Herbert Grönemeyer via Instagramm an seine Fans. Der Musiker legte glaubhaft dar, dass er und seine Bandmitglieder auch wirklich keine der empfohlenen bzw. vorgeschriebenen Maßnahmen gegen Corona ausgelassen haben. Über zweieinhalb Jahre seien sie vom Virus verschont geblieben, sie hätten sich im Vorfeld der Tour isoliert, seien „mehrfachst geimpft“, hätten sich „dauergetestet“ – und doch habe es sie ausgerechnet jetzt doch getroffen, klagt Grönemeyer. Das sei sehr bitter und sie hätten bis zur letzten Minute gehofft, „dass sich das Virus doch noch auf wundersame Weise schnell verzieht“. Doch Corona zeigte sich unerbittlich und machte dem glühenden Impf-Befürworter einen Strich durch die Rechnung.
Corona durch Infektion oder Long-Covid durch Impfung?
Wenn sich Grönemeyer und seine Band nach eigenen Angaben in der Zeit unmittelbar vor der geplanten Deutschland-Tour so streng isoliert haben, stellt sich die Frage wann, wie und wo die Musiker sich mit Corona infiziert haben. Natürlich ist eine Ansteckung bzw. ein positives Testergebnis trotz aller Vorkehrungen grundsätzlich immer möglich, aber wie ist es dann zu erklären, dass Grönemeyer sich gerade jetzt infiziert hat, als er ganz besonderen Wert darauf gelegt haben will, dass gerade das nicht passiert? Und noch eine weitere Passage aus dem Brief lässt aufhorchen: „Das Virus zeigt sich von seiner zähen Seite, es zehrt und zerrt.“ Die derzeit in Deutschland fast ausnahmslos vorherrschende Omikron-Variante zeichnet sich im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen insbesondere durch einen sehr milden Verlauf aus, viele Infizierte erfahren von ihrer „Erkrankung“ erst durch einen positiven Test.
Ein ganz anderes Krankheitsbild zeigt sich seit einigen Monaten und mit zunehmender Häufigkeit hingegen bei „mehrfachst Geimpften“, wozu Grönemeyer eigenen Angaben zufolge ebenfalls gehört. Vor allem nach der Booster-Impfung kommt es immer wieder zu Klagen über Symptome, die jenen von Long-Covid ähneln. Auch wenn Politik und Medien gerne das Gegenteil behaupten, gibt es in Wissenschaft und Forschung durchaus qualifizierte Stimmen, die Long-Covid eher als Folge der multiplen Impfung sehen, und weniger als Langzeitfolge der natürlichen Infektion mit dem Virus. Selbst für die regierungstreuen Sender des ÖRR sind die schweren Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Corona-Impfung inzwischen kein Tabuthema mehr. Zu offensichtlich und zu häufig treten solche Fälle mittlerweile auf, als dass sie sich noch leugnen lassen würden.
Grönemeyer ging mit Impf-Kritikern hart ins Gericht
Oder wurde Herbert Grönemeyer am Ende von seinem Karma eingeholt? In einem dpa-Interview äußerte sich der Musiker kurz vor Weihnachten 2021 in einer Art und Weise wie es sich die Bundesregierung auch von einem offiziellen Impfbotschafter nicht besser hätte wünschen können. Er bezeichnete es damals als „tragisch und fatal“, wenn Corona und die Impfung von einigen dazu benutzt würden, um ihrem Unmut freien Lauf zu lassen. „Ich sehe, dass ein geringer Teil der Gesellschaft versucht, diese Situation zu nutzen. Aber umgekehrt sehe ich auch, dass der große Teil der Gesellschaft absolut zusammenhält und ganz stabil erwachsen mit dieser Situation umgeht“, so Grönemeyer damals. Weiter behauptete der Sänger: „Die Ängste, die Zweifel und die Lähmung, was diese Pandemie angeht, dringen bei mir natürlich genauso durch wie bei jedem anderen Menschen auch.“ Ob der Multi-Millionär, der in Berlin-Zehlendorf in einer der besten Gegenden der Hauptstadt wohnt, im Dezember 2021 wirklich dieselben Ängste auszustehen hatte wie weite Teile der Bevölkerung, darf getrost bezweifelt werden.
Ganz andere Töne waren im vergangenen Jahr von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer zu hören. Der studierte Arzt steht im Gegensatz zu seinem Bruder zwar nicht ganz so sehr im Rampenlicht, genießt in Deutschland aber dennoch eine gewisse Bekanntheit. Nur wenige Tage vor dem Interview der dpa mit Herbert Grönemeyer sprach sich Dietrich Grönemeyer gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gegen eine sektorale Impfpflicht im Gesundheitswesen aus. Stattdessen solle den Mitarbeitern in den Pflegeberufen zwei Jahre lang das Bruttogehalt als Nettogehalt ausgezahlt werden.
Anfang 2021 verfasste der „Star-Mediziner“ (O-Ton) einen Gastbeitrag für den Focus. In fast schon philosophischer Manier schrieb Dr. Grönemeyer: „Das Erstellen von Prophezeiungen oder Horoskopen ist mit dem ärztlichen Beruf und dem Hippokratischen Eid schlichtweg unvereinbar […] Man sieht nur, was man kennt, soll Goethe einmal gesagt haben. Und da ich die Zukunft nicht kenne, kann ich nichts über sie sagen. Nur Politiker, scheint es mir manchmal, beherrschen diese demagogische Quadratur des Kreises, wenn sie etwa versprechen, innerhalb weniger Monate sei das ganze Volk durchgeimpft.“ Und auch zu den Allmachtsfantasien eines Karl Lauterbach (SPD) hat der Professor eine klare Meinung: „Sicher aber werden wir uns wieder an den Gedanken gewöhnen müssen, keinen Konsum-Anspruch auf ein Leben ohne den Tod zu haben. Auch wird es uns wohl nie gelingen, der Natur vorzuschreiben, wie sie sich zu entwickeln hat. Mit diesem Hochmut werden wir uns nur weitere Niederlagen einhandeln.“ Es sei noch nicht einmal klar, dass wir den „Kampf“ gegen Corona wirklich gewinnen und Covid-19 werde nicht die letzte Pandemie bleiben, so Grönemeyer.
PS: Kurz nach der Veröffentlichung dieses Artikels erreichte uns die Zuschrift eines Lesers. Demnach gibt es glaubwürdige Informationen aus der Branche, dass einige Konzerte nicht annähernd ausverkauft waren. Zudem soll es Schwierigkeiten bei der Organisation von Mitarbeitern an den Konzertstandorten gegeben habe, was mit extrem gestiegenen Kosten verbunden gewesen sei. Es könne sich das daher schlicht auch um ein finanzielles Problem gehandelt haben, so der Leser.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: 360b / ShutterstockText: kr
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