Unglaublich: Fast jeder Zweite für Verschärfung der Maßnahmen Desinformation durch Weglassen von Information

Liebe Leserinnen und Leser, könnten Sie mich bitte einmal zwicken? Ich glaube nämlich, ich träume. Seit ich in der „Welt“ eine Umfrage zum Thema Corona-Maßnahmen gelesen habe. Titel: „Corona: Fast jeder Zweite für Verschärfung der Maßnahmen.“ Wie bitte? Träume ich? Gerade gestern hat der Sachverständigenausschuss in seinem Bericht festgestellt, dass es für die meisten Corona-Maßnahmen keine ausreichende Fakten-Grundlage gibt: Nichts Genaues weiß man nicht. Und das steht in einem Report, der sich sehr einschränkt mit Kritik und sein Urteil mit angezogener Handbremse fällt. Aber selbst mit dieser ist das Resultat vernichtend für die Politik. Und die Medien.

In funktionierenden Demokratien mit funktionierender Medienlandschaft und echter politischer Konkurrenz hätte das Ergebnis der Evaluierung zu einem Aufschrei geführt. Alles wäre in Frage gestellt worden. Es gäbe kein größeres Thema. In Deutschland berichten die großen Medien bis auf ganz wenige Ausnahmen mit genauso angezogener Handbremse wie der Sachverständigen-Rat seine Kritik vorträgt. Man hat es also mit einem Effekt der doppelten Bremse zu tun – und es kommt nur in homöopathischen Dosen bei der Mehrheit der Bevölkerung an, was für ein Skandal hier ans Tageslicht kam.

„Prof. Volker Boehme-Neßler, Experte für Staatsrecht, sagt, die meisten Maßnahmen ließen sich nicht beurteilen“, schreibt die „Welt“. Und dann weiter, im direkten Anschluss daran: „Angesichts steigender Infektionszahlen mit der Omikron-Subvariante BA.5 spricht sich fast jeder zweite Bundesbürger für eine schnelle Verschärfung der Corona-Maßnahmen aus. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrage der ‘Augsburger Allgemeinen‘ sind 49 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Corona-Regeln umgehend verschärft werden sollten.“

Gegen strengere Vorschriften zum jetzigen Zeitpunkt sprechen sich dem Bericht zufolge 43 Prozent aus. Die restlichen acht Prozent antworteten demzufolge unentschieden auf die Frage der Meinungsforscher: „Sollten die aktuellen Corona-Maßnahmen Ihrer Meinung nach aufgrund der steigenden Infektionszahlen umgehend verschärft werden?“

Ihr Zwicken hat geholfen, liebe Leserinnen und Leser. Ich bin nämlich noch einmal in die Details des Berichts gegangen. Und fand in der Originalquelle, bei der Augsburger Allgemeinen, im Kleingedruckten unter einer Grafik versteckt die Aussage, die ganz oben mit in jede Nachricht zu dieser Umfrage gehört hätte: Dass sie noch vor der Veröffentlichung der Evaluierung gemacht wurde: „Befragungszeitraum: 29.06.22 – 30.06.22“.

Ist das allein mit Dummheit oder Unprofessionalität zu erklären? Oder werden die Leser hier absichtlich in die Irre geführt? Ich weiß es nicht. Und halte beides für möglich.

Aber auch wenn die Umfrage vor dem vernichtenden Ergebnis der Experten erfolgte: Dass Ende Juni, als in den meisten anderen europäischen Staaten Corona gar kein Thema mehr ist, in Deutschland, wo es keinerlei Anzeichen von Überlastung des Gesundheitssystems wegen Corona gibt, die Angst und die Sehnsucht nach autoritären Maßnahmen und Verboten noch so groß ist, ist zutiefst erschütternd. Und zeigt, wie die Panikmache von „Corona-Heulbojen“ (Zitat Lafontaine) wie Lauterbach und die Dauer-Angst-Propaganda in den Medien wirkt.

Das Resultat ist eine explosive Mischung: Die von der Politik selbst geschürte Angst setzt eben diese Politik dann unter Druck, noch restriktiver zu werden.

Uns steht ein unbequemer Herbst ins Haus.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!


Bild: Shutterstock
Text: br
Transkription: Kathrin Muthesius)

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