Von Daniel Weinmann
Das hatte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sicherlich anders vorgestellt. „Aufgrund der überwältigenden Aufnahmebereitschaft der unmittelbar an die Ukraine angrenzenden Staaten gehen wir derzeit davon aus, dass der größte Teil der Kriegsflüchtlinge in diesen Staaten verbleiben wird“, ließ das ihr unterstellte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ende Februar vier Tage nach dem russischen Überfall auf Ukraine mitteilen. Deutschland ist ein reiches Land, Deutschland hat Platz, lautete das Mantra der linksgrünen Willkommensgesellschaft.
Noch im Juni wollte die Ampel den letzten Schritt zum bedingungslosen Einwanderungsland ohne Begrenzung schaffen. Danach dürfen Asylbewerber, die im fünften Jahr ihrer Duldung nicht von Arbeit leben können oder ihren Identitätsnachweis schuldig bleiben, bleiben. Mitte dieses Jahres lebten mehr als 100.000 Menschen fünf Jahre oder länger mit einer Duldung in der Bundesrepublik.
Mit ihrer „Koalition der Willigen“ warb Faeser für noch mehr Migration nach Europa. „Es geht nicht nur um Abgrenzung. Deutschland steht nach wie vor für ein offenes, menschliches Europa“, sagte die SPD-Politikerin im Februar. Doch der Zustrom nach Deutschland wuchs stärker als erwartet. Allein aus der Ukraine sind 980.000 Menschen nach Deutschland geflohen. Nun scheint die Grenze der Belastbarkeit der deutschen Sozialsysteme erreicht.
»Es kann nicht sein, dass der Bund immer mehr Aufnahmezusagen macht«
Selbst der grüne Baden-Württembergische Ministerpräsident, „Spätzle-Mao“ Winfried Kretschmann, musste kürzlich eingestehen: „Wir haben bereits jetzt mehr Geflüchtete als in der Flüchtlingskrise 2015. Die Bevölkerung muss sich darauf gefasst machen, dass wir da wieder in schwierige Situationen kommen.“ Ähnlich sieht es Sachsens Innenminister Armin Schuster: Der CDU-Politiker warnte vor deutlichen Problemen in den Kommunen bei einem weiteren Anstieg der Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus der Ukraine. Es gebe bereits Schwierigkeiten bei deren Verteilung und Integration, schrieb er angesichts der Zusagen des Bundes für die Aufnahme weiterer Menschen an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) laut der „Leipziger Volkszeitung“.
Nun fallen Nancy Faeser die massiv forcierten Aufnahmeprogramme auf die Füße. „Es kann nicht sein, dass der Bund immer mehr Aufnahmezusagen macht, die Länder aber dann bei der Aufgabenbewältigung allein lässt“, wetterte der bayerische Innenminister und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Joachim Herrmann, gegenüber dem „RND“.
Die AfD Sachsen-Anhalt brachte die Lage in einem Tweet so auf den Punkt: „Migration: Anreize für unbeschwertes, alimentiertes Leben in Deutschland bleiben übermächtig. 32.764 ausländische Personen sind von Januar bis Mai 2022 nach SachsenAnhalt gezogen. Das sind mehr Asylbewerberzugänge, als Wernigerode Einwohner hat (32.027).“ „Im ersten Halbjahr 2022 haben 44 Prozent mehr Asylbewerber einen Erstantrag gestellt, als noch im Jahr zuvor. In der Hauptsache stammen sie aus Syrien, dem Irak und Afghanistan“, ergänzte die stellvertretende Bundessprecherin Mariana Harder-Kühnel.
Gut möglich, dass die Türen demnächst wieder weit geöffnet werden
Zwölf Bundesländer zogen die Konsequenz und aktivierten eine Sperre im sogenannten Erstverteilungssystem, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums dem „RND“ sagte. Welche Bundesländer den Stopp verfügt haben, ließ sie allerdings offen. Offenkundig ist nur, dass Bayern und Baden-Württemberg zwei der wenigen Länder sind, die im bundesweiten Verteilsystem EASY derzeit nicht gesperrt sind.
Die Belastung der Bundesländer ergebe sich aus dem Fluchtgeschehen aus der Ukraine und der allgemeinen Migration. So sei derzeit auch ein Anstieg der Feststellungen auf der Balkanroute zu beobachten. Zugleich fügte die Sprecherin hinzu, dass „temporäre Sperren“ wie derzeit nicht ungewöhnlich seien. Zudem sei eine Verteilung nach wie vor möglich, da große Länder auch aktuell weiter aufnähmen.
Gut möglich also, dass die Türen demnächst wieder weit geöffnet werden – auch wenn das Sozialsystem längst überbelastet und von den Steuerzahlern nicht mehr zu stemmen ist. Geht es nach Linksgrün, muss Deutschland Moralweltmeister sein – koste es, was es wolle. Nicht ohne Grund lautet des Kanzlers Credo: „You’ll never walk alone, wir werden niemanden alleine lassen.“
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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