Von reitschuster.de
Die ungewöhnlich kalten September-Tage haben in weiten Teilen Deutschlands die Heizsaison 2022/23 eingeläutet. Mit einer eilig zusammengeschusterten Gaspreisbremse, die an die Stelle der handwerklich völlig verkorksten Gasumlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) tritt, sollen deutsche Unternehmen und Verbraucher subventioniert werden. Der 200 Milliarden Euro teure „Doppel-Wumms“, so die infantile Sprachregelung der Ampel, dient der Bundesregierung aber auch zur Kaschierung einer gescheiterten Energiepolitik. Zu allem Überfluss musste ein Habeck-Sprecher jetzt auch noch einräumen, dass man den Überblick über die in und für Deutschland zur Verfügung stehenden Gasmengen verloren hat. Die vollen Gasspeicher, die in den vergangenen Wochen durch Zahlung von Mondpreisen gefüllt wurden, sind also noch lange keine Garantie dafür, dass die Versorgungssicherheit im Winter durchgängig gewährleistet sein wird.
Der „BamS“ liegt ein Schreiben des Wirtschaftsministeriums an Jens Spahn (CDU) vor, in welchem dem Fraktionsvize der Union mitgeteilt wird: „Kenntnisse darüber, wohin das einzelne eingelagerte Gas fließt, liegen der Bundesregierung nicht vor.“ Im Klartext: Das in den deutschen Gasspeichern eingelagerte Gas ist nicht für die hiesigen Unternehmer und Verbraucher reserviert. Auch die Bundesnetzagentur muss bestätigen: „Das gespeicherte Gas ist in weiten Teilen Eigentum von Gashändlern und -lieferanten, die häufig europaweit agieren.“
Preiskampf am Gasmarkt droht
Die Bundesregierung verweist an dieser Stelle auf die Vorgaben des europäischen Energiebinnenmarktes und die entsprechenden Marktgesetze. Soll heißen: Wer den höchsten Preis bezahlt, bekommt das Gas. Es mag sein, dass das Gas in den deutschen Speichern formal „in weiten Teilen“ im Eigentum von Energiekonzernen ist. Dabei wird jedoch übersehen, dass eben dieses Gas mit dem Geld der deutschen Steuerzahler eingekauft worden ist. Umso erstaunlicher ist es, wenn Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium unisono erklären, dass dieses Gas von allen nationalen und internationalen Akteuren, die im deutschen Gasmarkt registriert sind, gekauft werden kann.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Erst kauft die Bundesregierung direkt oder indirekt (durch Subventionen) Gas zu absoluten Schleuderpreisen, um sich anschließend selbst für die hohen Füllstände der Speicher loben zu können. Dann stellt sich heraus, dass sich dieses Gas größtenteils im Eigentum von Händlern und Lieferanten befindet. Und dann soll der deutsche Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten werden, um ein zweites Mal Höchstpreise zu bezahlen, damit das hierzulande eingespeicherte Gas auch wirklich an die deutschen Unternehmen und Privathaushalte fließt. Die „BamS“ verdeutlicht dies an folgendem Beispiel: „Selbst das Gas, das die Trading Hub Europe mit Staatshilfe einkauft und im Ex-Gazprom-Speicher in Rehden (umfasst 20 Prozent des Gesamtspeichervolumens) eingelagert hat, ist nicht für Deutschland reserviert.“
Bundesregierung gibt Schwarzen Peter an die Verbraucher weiter
Arbeitet die Ampel-Koalition ganz bewusst gegen die eigene Bevölkerung oder ist eine solche Politik einfach nur durch Unfähigkeit zu erklären? Der Zick-Zack-Kurs von Wirtschaftsminister Habeck sowohl bei der Gasumlage als auch dem Weiterbetrieb der Kernkraftwerke steht dabei nur als eines von vielen Beispielen, das sehr viel über den Zustand der Bundesregierung aussagt. In der Opposition schrillen längst alle Alarmglocken. Jens Spahn fordert daher: „Das sehr teuer eingekaufte Gas in unseren Speichern muss im Winter bei den deutschen Verbrauchern ankommen. Dazu muss die Ampel endlich einen Ausspeicherplan vorlegen. Sonst wiegen volle Speicher in falscher Sicherheit.“ Und auch Jan Korte (Linke) kritisiert die Bundesregierung gegenüber der Funke Mediengruppe dafür, dass sie nicht sagen will oder kann, nach welchen Kriterien das deutsche Gas im Krisenfall konkret verteilt werden soll.
Und wie reagieren Bundesnetzagentur und Bundesregierung auf diese Kritik? Ganz einfach, sie geben den Verbrauchern vorsorglich schon jetzt die Schuld für eine nicht nur mögliche, sondern eher wahrscheinliche Mangellage im Winter. Ab sofort will die Bundesnetzagentur in wöchentlichen Berichten darüber unterrichten, ob in Deutschland genug Energie gespart wird. In der vergangenen Woche gab es für die Privathaushalte bereits den ersten Rüffel wegen eines vermeintlich zu hohen Gasverbrauchs. Bundeswirtschaftsminister Habeck sagte dazu im Deutschlandfunk: „Wenn die Haushalte den Verbrauch nicht runterbringen, dann droht noch immer, dass wir zu wenig Gas im Winter haben.“
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