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Wenn künftige Historiker erforschen, wie die Bundesrepublik zum Gesinnungsstaat abglitt und es zur rotgrün-woken Kulturrevolution kam, tun sie gut daran, sich exemplarisch Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang anzusehen. Der 62-jährige Jurist mit dem Bürstenkopf ist Mitglied der CDU. Und seine Karriere machte er vor allem durch Unauffälligkeit und Ergebenheit zu seinen Chefs. Früher war das Hans-Georg Maaßen, der jetzt in Ungnade fiel. Nun gilt die ganze Ergebenheit von Haldenwang der Innenministerin Nancy Faeser. Die Sozialdemokratin wird wegen ihrer fast schon manischen Besessenheit vom „Kampf gegen Rechts“ auch die deutsche McCarthy genannt. In Anspielung an den US-Senator, nach dem die Phase eines gnadenlosen und undemokratischen Kampfs gegen alles, was links war, in den USA benannt wurde.
Haldenwang ist einerseits ein unerschütterlicher Zeitgeistritter, der mangelnde Brillanz durch Unterwürfigkeit kompensiert. Andererseits ist von Insidern zu hören, dass er auch voll überzeugt ist von seiner rotgrünen Linie. Was die Sache noch schlimmer macht als reiner Opportunismus als Antrieb. Sein Amt ist mitverantwortlich für den Spionage-GAU beim BND – weil die Spionageabwehr in seinem Haus sich statt auf ausländische Spione seit Januar auf Reichsbürger & Co. konzentriert. Was zur angeblichen Verhinderung des sogenannten „Rollator-Putsches“ führte: einer unsäglichen Posse im Stile sozialistischer Propaganda und eine der größten Lachnummern in der jüngeren Geschichte unserer Sicherheitsorgane.
Jetzt hat Haldenwang schon wieder zugeschlagen – man hat fast den Eindruck, als kompensiere er seine Fehlschläge dadurch, dass er, der Christdemokrat, umso offensiver und öffentlicher Männchen macht vor Faeser und Rotgrün. Deren Linie er inzwischen tief verinnerlicht hat. Nachdem er bereits kürzlich den Klima-Extremisten einen Demokratie-Blankoschein ausstellte, legte er nun nach. Ganz in dem Geiste, der in der DDR herrschte, unterteilt er Kritik an der Regierung jetzt in gute – wenn sie von links kommt – und böse – wenn sie nicht von links kommt. Faktisch ist das zwar seit langem Brauch – aber diese verfassungsfeindliche Herangehensweise als Verfassungsschutzpräsident ganz offen auszusprechen – das ist beachtlich. Und zeigt, wo die wahren Feinde der Demokratie sitzen.
„Die Klimaproteste bieten aus Sicht Haldenwangs bislang keinen Anlass für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz“ – so verkündet das „ZDF“ das Verdikt des Beamten. Klimaschutz sei ein legitimes Anliegen: „Nicht nur wir, sondern auch die Landesämter für Verfassungsschutz sehen bei der ‘Letzten Generation‘ aktuell noch keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung.“
Der Verfassungsschutz komme erst ins Spiel, wenn es eine Radikalisierung oder eine Beeinflussung der Proteste durch Extremisten gebe, so Haldenwang. Wie bitte? Das ständige Begehen von Straftaten, die Terrorisierung von Mitmenschen durch Straßenblockaden, in denen auch Rettungswagen feststecken bleiben – das ist keine Radikalisierung? Kein Extremismus?
Ganz anders Proteste aus dem bürgerlichen Milieu gegen die Regierung. „Aktuell tummelt sich da eine Mischung aus Rechtsextremisten, wie Vertretern der Neuen Rechten, Verschwörungstheoretikern, „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“, Delegitimierern, aber auch Teilen des Landesverbandes der AfD in Thüringen, der als erwiesen extremistisch eingestuft ist, oder rechtsextremistischen Parteien wie die Freien Sachsen.“ Eine Abgrenzung der einzelnen Gruppen voneinander sei kaum noch vorhanden, so Haldenwang. Und das „ZDF“ assistiert: „Der Verfassungsschutz hatte 2021 einen neuen Phänomenbereich ‘Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates‘ definiert.“ Früher nannte man das Regierungskritik und es gab den Konsens, dass diese notwendig ist in jeder Demokratie.
Auch die „Tagesschau“ framt, in weiten Teilen wortgleich wie das ZDF, fleißig mit – irgend wie müssen die Gebührengelder ja mit Inhalten zurückgezahlt werden an die Regierung, die sie sicherstellt: „Der Verfassungsschutz rechnet damit, dass zu Beginn des neuen Jahres das Thema Zuwanderung zur Mobilisierung von Protesten im rechten Spektrum wieder stärker an Bedeutung gewinnen wird. Die Proteste gegen hohe Energiepreise und die Krisenpolitik der Bundesregierung sind demnach in den letzten Wochen des Jahres abgeebbt.“
Während die holden Klima-Aktivisten nur das Gute im Sinne führen und es ihnen um die Sache geht, ist es bei den bösen nicht-linken Kritikern der Regierung umgekehrt, so Haldenwang laut Tagesschau: „Die zur Mobilisierung genutzten Themen würden dabei offensichtlich ‘nach Gusto ausgetauscht‘ – je nachdem, was gerade funktioniere. Aktuell gewinnt das Thema Migration stärker an Gewicht, sagte der Präsident des Bundesamtes.“
Mit anderen Worten: Wer die Migrations-, Energie- und Ukrainepolitik der Bundesregierung kritisiert, kann nur Böses im Schilde haben und ist ein böser „Rechter“, dem es nur um die „Delegitimierung des Staates“ geht.
Künftige Historiker werden sich fragen, wie ein derart infantiles, ja primitives Framing in Deutschland zu Beginn der 2020er Jahre (wieder) verfangen konnte. Diejenigen, die es betrieben, werden beteuern, sie seien nur Mitläufer gewesen und sie hätten nichts gewusst. Oder nur nach Vorschrift bzw. auf Befehl gehandelt. Geschichte wiederholt sich zwar nicht. Aber sie reimt sich.
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