Brasilien führt Impfzwang für Kinder ein … ... durch die Hintertür

Von Kai Rebmann

Am Amazonas herrscht Aufbruchstimmung. Nach dem denkbar knappen und alles andere als unumstrittenen Wahlsieg von Luiz Inácio Lula da Silva sollte in Brasilien alles besser werden. Und zwar über Nacht, zumindest wenn man den Darstellungen in den deutschen Medien glaubt. Endlich wieder soziale Gerechtigkeit, das Ende von Armut und Hunger in den Favelas der Großstädte – und natürlich die Rettung des Regenwaldes und damit des Weltklimas. Keine Aufgabe scheint zu groß für den Nachfolger des „rechtsextremen“ Präsidenten Jair Bolsonaro.

Zu den ersten Gratulanten nach dem Amtsantritt an Neujahr gehörte natürlich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der seinem Gesinnungsgenossen Lula bei dieser Gelegenheit gleich einen millionenschweren Scheck der deutschen Steuerzahler aushändigte. Entwicklungshilfe, die dem Land zuvor jahrelang verweigert worden war, weil es im Oktober 2018 den „falschen“ Präsidenten gewählt hatte. Und jetzt das: Bei einem Auftritt in Rio de Janeiro kündigte Lula nicht weniger als einen faktischen Impfzwang für Kinder und Babys ab 0 Jahren an. Und plötzlich herrscht im deutschen Blätterwald betretenes Schweigen.

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Soziale Zwei-Klassen-Gesellschaft

Vordergründig ging es in der Rede, die der Präsident anlässlich der Eröffnung eines Gesundheitszentrums in Rio de Janeiro gehalten hat, natürlich um ganz andere Dinge. Seine Regierung werde umgerechnet mehr als 100 Millionen Euro (600 Millionen Real) zur Verfügung stellen, um den Zugang zu dringend notwendigen ambulanten und stationären Behandlungen zu verbessern, wie Lula seinen Anhängern zurief. Bis Jahresende werde es darüber hinaus zu spürbaren Verbesserungen insbesondere bei der Krebsvorsorge kommen und jeder Brasilianer werde sich beispielsweise einen Besuch beim Augenarzt leisten können, so das vollmundige Versprechen.

Und dann ließ Lula die Katze endlich aus dem Sack. Bisher bekam in Brasilien jede Familie mit Kindern eine sogenannte Familienbeihilfe in Höhe von mindestens 600 Real (108 Euro). Dieses „Kindergeld“ erhielt unter der Bolsonaro-Regierung die Bezeichnung „Auxílio Brasil“ und wurde ohne Vorbedingungen an alle berechtigten Empfänger ausgezahlt, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Doch damit ist jetzt Schluss!

Lula da Silva verkündete in Rio de Janeiro: „Bolsa Família kehrt mit etwas Wichtigem zurück: Einschränkungen!“ Für Kinder bis 6 Jahren gebe es künftig 150 Real (27 Euro) mehr pro Monat, versprach der Präsident. Aber: „Die Kinder müssen in der Schule sein, sonst verliert die Mutter den Anspruch; das Kind muss geimpft sein, hat es keinen Impfpass, verliert die Mutter den Anspruch; wenn die Mutter schwanger ist, muss sie alle vorgegebenen Untersuchungen machen, sonst verliert sie den Anspruch.“ Zur Orientierung: Das durchschnittliche Monatsgehalt in Brasilien liegt bei rund 500 Euro.

Kindergeld nur gegen Impfung

Da mag auf den ersten Blick viel Sinnvolles dabei sein, zumindest bezogen auf die Schulpflicht und medizinische Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft. Auf den zweiten Blick aber wird deutlich, dass in Brasilien weder die Schul- noch die Gesundheitssysteme mit jenen in Deutschland und Europa vergleichbar sind. Der eigentliche Skandal ist aber die Verknüpfung einer Impfung mit dem Anspruch auf das für viele Familien existenziell notwendige „Kindergeld“. Mit dieser Ankündigung trägt Lula nicht zur Bekämpfung von Armut und Hunger bei, sondern befeuert ganz im Gegenteil die Vertiefung einer ohnehin schon bestehenden Zwei- bzw. Mehr-Klassen-Gesellschaft in Brasilien.

Wer es sich leisten kann, muss seine Kinder auch künftig nicht zur Impfung schicken. Allen anderen bleibt wohl oder übel nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Und das unter einem linken Präsidenten. „O Globo“ berichtet über den Umgang mit der Familienbeihilfe unter Lulas Amtsvorgänger wie folgt: „Bolsa Família verlangte keine Impfung von Kindern im Alter von null bis sechs Jahren, als es 2021 von der Bolsonaro-Regierung neu formuliert wurde und Auxílio Brasil hieß. Auch die anderen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Leistung, wie Schulbesuch und Einhaltung der Schwangerschaftsvorsorge durch schwangere Leistungsberechtigte, wurden nicht mehr eingehalten.“

Lula räumt letzte Zweifel aus

Und ehe jetzt die ersten Faktenchecker aus dem Sattel gehen: Nein, der linke Präsident verknüpft das „Kindergeld“ in Brasilien nicht mit „klassischen“ Impfungen. Brasilianische Medien zitieren den Präsidenten: „Wir können nicht zögern, wir können nicht spielen. Es ist eine Frage der Wissenschaft. Wenn ich zehn Covid-Impfstoffe habe, fünfzig, dann nehme ich so viele wie nötig, weil ich mein Leben liebe. Ich denke, dass jeder das Leben seiner Kinder liebt und die Kinder im richtigen Alter (zur Impfung) schicken muss.“

Noch Fragen? Höchstens die nach der Wissenschaft. Auf welche Evidenz Lula sich bei seinen steilen Thesen beruft, blieb leider offen. Dennoch legte der Linke unbeirrt nach: „Ich möchte, dass sich alle um die Impfung kümmern. Heute ist es notwendig, die Menschen mit dieser Kampagne zu überzeugen. Es ist notwendig, den Vater und die Mutter davon zu überzeugen, dass das Kind die Impfung zum Wohl des Kindes erhalten muss, und damit auch zum Wohl der Familie.“ Kann es für jemanden, der in einer Favela in São Paulo oder Rio de Janeiro lebt, etwas „Überzeugenderes“ geben als Geld?

Einmal so richtig in Fahrt, kartet Lula auch noch gegen seinen Vorgänger nach. Jair Bolsonaro sei aufgrund der Corona-Politik seiner Regierung für „350.000 bis 400.000 Tote“ verantwortlich. Auf Belege dieser Aussage verzichtete Lula auch an dieser Stelle. Stattdessen fuhr er fort: „Ich hätte nie gedacht, dass ein Präsident der Republik in der Lage sein würde, offen über die Vorteile des Impfstoffs zu lügen.“ Bolsonaro habe keine Lüge ausgelassen, um die Menschen von der Impfung abzuhalten, so Lula.

Ungeachtet der Tatsache, dass derzeit immer mehr dafür spricht, sich die Sache mit der „Impfung“ besser dreimal zu überlegen, ist es an Dreistigkeit kaum zu überbieten, die Auszahlung von „Kindergeld“ an die Verabreichung einer hochexperimentellen Gentherapie zu knüpfen. Was in Deutschland und Europa „nur“ ein handfester Skandal wäre, kommt in Brasilien und Südamerika für nicht wenige Familien einem faktischen Impfzwang gleich.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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