Von Daniel Weinmann
Nicht erst nach dem Wahldesaster im Jahr 2001 gilt Berlin für viele als dysfunktionale Stadt. Nun schlägt die Metropole ein weiteres Kapitel im Buch der Absurditäten auf. Nach der Wiederholungswahl haben sich die Kräfteverhältnisse geändert. Die CDU wurde mit 28,2 Prozent der Stimmen die mit Abstand stärkste Kraft und rückte die von der gleichermaßen unbedarften wie inkompetenten Franziska Giffey geführte SPD ins zweite Glied.
So weit, so normal. Doch Berlin wäre nicht Berlin, wenn dies nicht zu einem Eintrag ins Kuriosen-Kompendium der Hauptstadt führen würde. Es fängt damit an, dass der CDU elf zusätzliche Stadtrats- und Bezirksbürgermeisterposten zustehen, damit die Bezirksämter denn auch die erfolgreichen Ergebnisse der Wiederholungswahl widerspiegeln.
Im Gegenzug wird dafür die SPD sechs Posten los, die Linke drei und die Grünen zwei. Da deren Vertreter aber eine gültige Ernennungsurkunde bis Ende 2026 haben, sind sie de jure für eine volle, fünfjährige Legislaturperiode gewählt und können nicht entlassen werden. Eine Abwahl wäre nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Bezirksparlament möglich, die aber – wenn überhaupt – nur sehr schwer zustande käme. Die Folge: Ihre Bezüge laufen einfach weiter. Damit locken für die elf Wahlverlierer bis zum Ende der Legislaturperiode 2026 mindestens 9142 Euro brutto – pro Monat. Unter dem Strich kostet dies die Steuerzahler rund fünf Millionen Euro – obwohl die hoch bezahlten Politiker gar nicht mehr im Amt sind.
»Kritik ist vollkommen unangemessen und sogar unanständig«
SPD, CDU, Grüne und Linke stimmten unisono für diese Regelung, um Klagen zu vermeiden. Allein die AfD stemmte sich dagegen. „Die abgewählten Stadträte werden bei voller Bezahlung in den Urlaub geschickt für die restlichen dreieinhalb Jahre – was für eine unverschämte Missachtung des Wählerwillens“, wetterte Fraktionschefin Kristin Brinker. „Den Steuerzahler wird diese Regelung ein Vermögen kosten, monatlich über 100.000 Euro, über vier Millionen Euro für den Rest der Legislaturperiode.“ Dieses Geld werde viel dringender für die Sanierung von Schulen, den Bau von U-Bahnen oder die Digitalisierung der Verwaltung gebraucht.
Diese Art von Selbstbedienungsmentalität auf Kosten der Steuerzahler macht sprachlos und ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die noch anständig für ihr Geld arbeiten. Umso unverschämter wirkt, wie sich die SPD herausredet: „Es geht hier nicht darum, goldene Handschläge zu verteilen. Sondern um eine Rechtsabwägung und eine menschliche Komponente“, meint Sozialdemokrat Torsten Schneider. Kritik daran sei „vollkommen unangemessen und sogar unanständig“.
Was an dieser Partei vor diesem Hintergrund sozial und demokratisch ist, bleibt offen. Die Grüne Silke Gebel schafft es mit ihrem Statement: „demokratietheoretisch absolut die einzig richtige Möglichkeit“ sogar noch, der dreisten Unverfrorenheit des SPD-Politikers die Krone aufzusetzen. Sie sprach zudem von einem „guten, minimalinvasiven Vorschlag“.
Dass die SPD-Wahlverliererin Franziska Giffey fortan wohl nur als einfache Senatorin ihr Unwesen treiben darf, dürfte an Berlin als Weltmetropole der Dysfunktionalität wenig ändern.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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