Von Kai Rebmann
Bestimmt haben Sie es in den vergangenen Tagen und Wochen auch schon mitbekommen: Die Region um den Gardasee in Italien wird derzeit von einer historischen Dürre heimgesucht – so ist es zumindest in vielen deutschsprachigen Medien zu lesen, zu sehen und zu hören. Als Paradebeispiel für diese These muss regelmäßig die Insel San Biagio herhalten, die derzeit zu Fuß zu erreichen ist. Hier eine kurze Presseschau über die aktuellen Schlagzeilen:
„So trocken, wie seit 70 Jahren nicht – Erlebnis Gardasee wird sich für Tourist:innen verändern“ (Frankfurter Rundschau, 28.04.2023)
„Gardasee so trocken wie nie: Norden Italiens leidet unter extremer Trockenheit“ (ProSieben, 28.04.2023)
„Mondlandschaften am Gardasee: Wasserstand bricht traurigen Rekord – ‚Katastrophale Dürre‘“ (tz, 26.04.2023)
„Massive Trockenheit am Gardasee: Neue Daten zeigen, wie drastisch der Wasserstand gesunken ist“ (nochmal tz, nochmal 26.04.2023). Dazu gibt es ein Video mit dem Titel: „Alarmrufe aus Italien: ‚Der Gardasee ist in einer Situation, die er seit Menschengedenken nicht erlebt hat.‘“
Tenor in allen diesen Meldungen: Die extreme Trockenheit im Norden Italiens bricht zu Beginn der Tourismus- und Landwirtschaftssaison alle Rekorde.
Dumm nur: Die Menschen vor Ort, also die, die es wohl am besten wissen müssen, schütteln über solche Schlagzeilen nur den Kopf. Oskar Schwazer, General Manager des Tourismusverbandes „Destination Garda Trentino“ sagt dazu: „Der Gardasee ist nicht trocken. Wir sind teilweise auch selbst überrascht über diese Berichterstattung.“ Der aktuelle Pegelstand liege im Durchschnitt nur 45 Zentimeter unter dem Vergleichswert der vergangenen Jahre, was weit weniger ins Gewicht falle, wie es die Berichterstattung vermuten lasse, so Schwazer.
Wissenschaftler, Agrarverbände und Hoteliers geben Entwarnung
Nun mag man argumentieren, dass Schwazer als Vertreter des Tourismus nur das sagt, was ein Mann in dieser Position eben sagen muss. Aber auch Bewohner, die am und vor allem vom Gardasee leben und dabei nicht zwingend auf Touristen angewiesen sind, haben von der Wasserknappheit, über die die Medien hierzulande berichten, offenbar noch nichts mitbekommen.
Giovanna Pellegrini, Biologin der Umweltschutz-Agentur der Provinz Trentino: „Die Dürre ist momentan kein Thema für die Gesundheit des Sees.“
Giorgio Plachensteiner, Präsident des lokalen Bewässerungsverbandes: „Die Schlagzeilen sind wirklich sinnlos. Es gibt wirklich keine Probleme, Landwirtschaft und Tourismus können (nebeneinander) zusammenleben.“
Massimo Fia vom Agrarverband Riva del Garda: “Also unseren Olivenbäumen geht es sehr gut […] und wir sehen, dass sie gesund sind. Wir erwarten eine gute Saison.“
Ähnlich optimistisch äußern sich die Hoteliers am Gardasee, die für ihre Gäste in den kommenden Monaten keinerlei Einschränkungen aufgrund eines zu niedrigen Wasserstandes erwarten. Die Gastgeberin Petra Mayr spricht von einer „sehr guten Buchungslage“. Und auch Wassersportler werden in diesem Sommer am Gardasee voll auf ihre Kosten kommen. Luca Spagnolli von Segnana Water Sport versichert: „Unsere Aktivitäten sind garantiert. Wir können Segeln, Surfen, Kajak, Standup Paddling und alles (anbieten). Es ändert sich überhaupt nichts in unserer Gegend.“
Deutschsprachige Touristen, die es jetzt schon an den Gardasee gezogen hat, zeigen sich nicht minder überrascht. Zur Berichterstattung in den heimischen Medien sagte eine Rentnerin: „Es muss ein Aprilscherz gewesen sein.“ Auch eine weitere Urlauberin hat den Eindruck, „dass es gar nicht so schlimm ist, wie sie uns das in Deutschland vorgemacht haben.“
Wetter nicht mit Klima verwechseln
Richtig ist: In einigen Regionen Südeuropas, so zum Beispiel in Spanien und eben auch am Gardasee, ist es für diese Jahreszeit ungewöhnlich heiß. Und genau hier lauert der Kardinalsfehler, den die Weltuntergangs-Propheten – bewusst oder unbewusst – immer wieder gerne begehen: Wetter darf nicht mit Klima verwechselt werden. Kurzfristige Ereignisse, seien es Hitzewellen im Sommer oder Kälteperioden im Winter, hat es immer schon gegeben und wird es auch in Zukunft geben.
Was ist also davon zu halten, wenn deutsche Medien über „Mondlandschaften“, eine Situation am Gardasee oder „Alarmrufe aus Italien“ berichten, die es „seit Menschengedenken“ nicht gegeben haben soll? Dazu nochmal Oskar Schwazer: „Es hat es schon in den 60er-Jahren, es hat schon in den 90er-Jahren solche Situationen gegeben. Und deshalb ist hier die ganze lokale Bevölkerung auch relativ entspannt.“
Eine mögliche Erklärung für die offensichtlich irreführende Berichterstattung deutscher Medien ist der sogenannte „Nullpunkt“, der nicht mit (dem durchschnittlichen) Grund des Gewässers zu verwechseln ist. Der Wasserpegel des Gardasees liegt derzeit noch 45 Zentimeter über dieser Marke – und, wie oben bereits geschrieben, 45 Zentimeter unter dem durchschnittlichen Pegelstand der Vorjahre. Als tiefster Punkt des Gardasees wird eine Tiefe von rund 345 Metern angegeben, die durchschnittliche Wassertiefe des 370 Quadratkilometer großen Sees liegt bei rund 136 Metern.
Hier geht es zum Video, in dem alle oben zitierten Protagonisten für sich selbst sprechen – ebenso wie die darin zu sehenden Bilder vom Gardasee und seiner Umgebung.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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