Von Kai Rebmann
Am 17. Mai 2023 wurde in bestimmten Kreisen der Internationale Tag gegen Homophobie gefeiert. Mit Ron DeSantis (Republikaner) hat sich allerdings auch ein ungebetener Gast selbst zum bunten Fest der Geschlechter eingeladen und den Party-Crasher gegeben. Wohl nicht ganz zufällig hat der Gouverneur von Florida ausgerechnet an diesem Tag eine Reihe neuer „Anti-LGBTQ+-Gesetze“ unterzeichnet, wie die Dokumente etwa beim ZDF genannt werden.
Und auch die Tatsache, dass dieser formale Akt in einer christlichen Schule in Tampa vollzogen wurde, scheint man in Mainz als Affront aufzufassen. So lässt sich jedenfalls die entsprechende Information ganz am Ende eines mit dramatischer Melodie unterlegten Beitrags zum Thema bei „ZDFheute“ interpretieren.
Für diese Politik wird Floridas Gov. DeSantis beispielsweise von „Journalistin“ #Brockschmidt „Faschist“ genannt.
Auch das ZDF inszeniert dramatisch.
Muss man nicht gut finden. Sollte man aber gut finden dürfen, wenn ihr mich fragt.
Was sie ihm in Wahrheit nicht verzeihen… pic.twitter.com/5tZ0wJiQxL
— henning rosenbusch (@rosenbusch_) May 20, 2023
An anderer Stelle könnte man angesichts dieser Inszenierung glatt den Eindruck gewinnen, Ron DeSantis habe soeben die Inhaftierung aller im Sunshine State lebenden Homosexuellen angekündigt. Tatsächlich aber hat der Gouverneur lediglich klargestellt und wird vom ZDF auch so zitiert: „Eine Frau sollte nicht in einer Umkleidekabine sein und sich Sorgen machen müssen, dass jemand vom anderen Geschlecht in ihrer Umkleidekabine ist.“
Konservatismus wird zum Skandal
Wer wie der Gouverneur geglaubt hat, für die Trennung nach Geschlechtern etwa bei Umkleiden oder auch Toiletten gäbe es vernünftige Gründe, der wird vom ZDF eines Besseren belehrt. „Eine trans* Frau auf einer Damentoilette? Das ist in einigen öffentlichen Gebäuden in Florida künftig nicht mehr erlaubt.“ Zudem dürften Toiletten und Umkleiden nur noch „basierend auf dem bei der Geburt ausgewiesenen Geschlecht benutzt werden“, wie die Mainzer monieren.
Im Klartext: Was bis vor wenigen Jahren noch als das Normalste der Welt gegolten hat, ruft beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk inzwischen Empörung hervor. „So sind künftig in Florida auch geschlechtsangleichende Behandlungen Minderjähriger verboten“, informiert das ZDF weiter, als sei dies ein handfester Skandal. Oder ist es am Ende nur deshalb ein Skandal, weil das Gesetz aus der Feder von Ron DeSantis und damit einem konservativen Politiker stammt?
Unter „geschlechtsangleichenden Behandlungen Minderjähriger“ kann von der Gabe von Pubertätsblockern bis hin zu irreversiblen Operationen, sprich Genitalverstümmelungen, alles verstanden werden. Ist es da nicht mehr als recht und billig, Minderjährige (!), die sich in den allermeisten Fällen gar nicht über die weitreichenden Konsequenzen ihrer Entscheidung – oder der ihres Umfeldes – bewusst sein können, vor eben jenen zu bewahren?
Ron DeSantis ein Faschist?
Die Journalistin Annika Brockschmidt, Autorin von so entlarvenden Titeln wie „Amerikas Gotteskrieger – Wie die Religiöse Rechte die Demokratie gefährdet“, geht sogar noch einen Schritt weiter. Im Zusammenhang mit seinem strikt konservativen Kurs in Sachen Transgender-Ideologie bezeichnet sie Ron DeSantis als „Faschist“. Auf Twitter teilte Brockschmidt dazu am 5. Mai 2023 mit: „DeSantis ist ein Faschist. Florida ist sein autoritäres Versuchslabor – er sieht die drakonischen Gesetze, die er dort durchbringt, als ‚Blaupause‘ für das ganze Land. Es gibt eine Reisewarnung von LGBTQ-Organisationen für LGBTQ people für Florida.“
Ron DeSantis ein Faschist? Florida ein „autoritäres Versuchslabor“? Eine „Reisewarnung“ für den Sunshine State von höchst inoffizieller Seite? Und alles nur, weil dort nicht sofort über jedes Stöckchen gesprungen wird, das einem von der Regenbogen-Community hingehalten wird? Das zeugt von einem doch sehr fragwürdigen Verständnis von Demokratie – und das ausgerechnet bei denen, die anderen eben die Gefährdung derselben immer vorwerfen.
Was trifft, das trifft zu. Dieser alten Weisheit folgend, kann Ron DeSantis, dem Ambitionen auf die Präsidentschaftskandidatur nachgesagt werden, für sich beanspruchen, mit der jüngsten Verschärfung seiner Null-Toleranz-Politik gegen den Transgender-Hype den Nagel voll auf den Kopf getroffen zu haben.
Sowohl Zeitpunkt als auch Ort der Unterzeichnung wird von den politischen Gegnern als Provokation aufgefasst und zum Skandal aufgebauscht. Damit sind diese – wenn wohl auch ohne es zu verstehen – dieses Mal über das Stöckchen gesprungen, dass ihnen Floridas Gouverneur hingehalten hat.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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