In der Nacht auf Freitag habe ich Ihnen hier von meinen Erlebnissen mit zwei Straßenkatzen in Montenegro erzählt. Weil sehr viele Leser nachfragten, wie es weiterging, möchte ich hier die Fortsetzung erzählen.
Zuerst der gute Teil: Dem kleinen Spock geht es den Umständen entsprechend gut. Er war am Samstag wieder bei der Tierärztin, und die meinte, er kommt durch. Sein Fell sieht wegen der Pilzerkrankung immer noch erbärmlich aus, und auch die Bindehautentzündung setzt ihm weiter zu. Aber dennoch ist er putzmunter, voller Energie, sehr verspielt und verschmust.
Er genießt sein junges und hoffentlich noch langes Leben in vollen Zügen. Auf der Straße hätte er keine Chance gehabt. „Er lebt jetzt unter besseren Bedingungen als viele Menschen“, meinte eine Bekannte.
Es bleibt nur zu hoffen und zu beten, dass er keine Immunschwäche-Erkrankung hat.
Keine so guten Nachrichten gibt es von dem anderen jungen Kater.
Am Freitag Vormittag war keine Spur von ihm auszumachen. Nach meiner Abreise suchte die Familie weiter. Eine Verkäuferin hat ihn zweimal gesehen und Bescheid gegeben, aber er war dann sofort wieder weg, bevor es gelang, ihn einzufangen. Das gelang dann leider erst nach Schließung der Tierarztpraxis.
Die Nacht verbrachte er dann in der Garage – in der Wohnung ging es nicht wegen der anderen Katzen. Es gelang, ihm Antibiotika einzutröpfeln.
Flucht in letzter Sekunde
Als es dann in der Früh zum Tierarzt gehen sollte, ist der junge Kater aus der Garage ausgebüchst, kurz bevor es gelang, die Tragetasche endgültig zu schließen – es gab filmreife Szenen. Fast drei Stunden lang hielt er sich unter einer Motorhaube versteckt und war nicht herauszulocken.
Danach fehlte jede Spur von ihm. Obwohl die ganzen drei Stunden jemand „Wache“ schob, ist er offenbar davongeflitzt.
Möglicherweise war er am Morgen dank des Antibiotikums wieder so fit, dass er weglaufen konnte. Dass er solche Kräfte hat, mache auch ein bisschen Hoffnung, sagten die Ärztin und eine Tiermedizinerin, mit denen ich im Austausch stehe. Sie meinten, der junge Kater habe sich gegen menschliche Intervention entschieden. Ganz anders als Spock, der ja geradezu um Hilfe gebeten hatte.
Ich hätte alles getan, was ich tun konnte, beruhigten mich die beiden Medizinerinnen.
Nicht aufgeben!
Wir suchen weiter nach ihm. Um ihm wenigstens weiter Antibiotika einzuflößen. Oder, wenn wir ihn während der Arbeitszeiten der Tierarztpraxis fangen, direkt dorthin zu bringen.
Die Geschichte hat mich die ganzen vergangenen Tage sehr bewegt und auch jetzt schmerzt mir noch das Herz.
Ich hoffe immer noch auf ein Wunder – die Tierärztin meint, der Kleine hat eine Chance, zu überleben.
Aber die Geschichte zeigt auch, wie machtlos wir als Menschen sind. Und dass wir eben allzu oft nur auf das Schicksal bzw. Gottes Hand vertrauen können.
Ich danke allen, die die beiden Kätzchen in ihre guten Gedanken und in ihre Gebete aufnehmen!
Und ganz herzlichen Dank auch für die vielen sehr bewegenden Zuschriften, die mir Kraft und Energie gegeben haben.
Mein einäugiger Held
PS: Bei dieser Gelegenheit noch eine ganz andere Straßenkatzen-Geschichte. Immer wieder werden in Montenegro Straßenkatzen eingefangen und dann in entfernte Orte gebracht. Eine Schwester von Yumi, die bei mir lebt, ist so in diesem Frühjahr spurlos verschwunden. Bis dahin hatte ich sie täglich gefüttert. Alle Suchen waren erfolglos. Mit ihr verschwand Kusja, der potentielle Vater von Yumi und ihrer Schwester.
Kusja ist ein Ritter von einer Katze. Lässt meistens erst die Kleinen essen, bevor er selbst isst. Möchte immer schmusen. Und begleitet einen regelmäßig bis zur Grenze seines kleinen Reviers, wo er dann schlagartig stehen bleibt und noch mal schmusen möchte. Monatelang gab es keine Spur von Kusja – der leicht zu erkennen ist an seinem trüben linken Auge.
Und plötzlich war Kusja wieder da. Er bekam sich kaum ein vor Schnurren und Schmusen, als er mich entdeckte. Und wieder ließ er erst die Kleinen essen. Offenbar war auch Kusja verschleppt worden. Und hat sich wieder durchgeschlagen nach „Hause“.
Ich sage mir oft: Wenn Kusja reden könnte – seine Geschichten wären spannender als die meisten von mir hier.
Zwischen Leben und Tod:
Zwei Geschichten aus einer anderen Welt, die mir das Herz zerreißen.