Von Kai Rebmann
Windräder verschandeln die Landschaft. So lautet neben der Unzuverlässigkeit und ihrer Eigenschaft als potenzielle Todesfalle für Vögel eines der wichtigsten Argumente der Kritiker dieser vergleichsweise neuen Energiequelle. Nicht zuletzt deshalb müssen ausgediente Anlagen in Deutschland auch wieder zurückgebaut werden, und zwar auf Kosten des Betreibers.
Doch damit könnte bald Schluss sein. In Brandenburg wurden jetzt erstmals zwei Windräder unter Denkmalschutz gestellt, sie dürfen also nicht abgerissen werden. Besonders absurd: Um den Denkmalschutz geht es den bisherigen Betreibern mutmaßlich gar nicht, sondern vielmehr um handfeste monetäre Interessen. Bei den zuständigen Behörden stießen sie mit ihrem – womöglich nicht einmal ganz ernstgemeinten – Antrag dennoch auf offene Ohren.
Aber der Reihe nach: Die Peripherie von Schünow, einem Stadtteil von Zossen im Landkreis Teltow-Fläming, wird seit über 30 Jahren von knapp 40 Meter hohen Windrädern „geziert“. Strom liefern die Anlagen aber schon seit Jahren nicht mehr. Die Generatoren und Gondeln haben den Geist aufgegeben, Ersatzteile sind nicht mehr verfügbar. Zudem ist die auf 20 Jahre befristete Betriebserlaubnis längst abgelaufen. Auch neue Windräder dürfen an dieser Stelle nicht gebaut werden, da der heute vorgeschriebene Mindestabstand zur Wohnbebauung nicht mehr eingehalten würde.
Der weit überfällige Abriss und die Renaturierung wären also die logische und gesetzlich auch vorgesehene Konsequenz. Für die vormaligen Betreiber würde diese Maßnahme – konkret hätten zwei Windräder zurückgebaut werden müssen – mit Kosten in Höhe von mehreren Zehntausend Euro zu Buche schlagen. Aber nicht so in Brandenburg.
Jeannine Weinrich ist die Betreiberin der betreffenden Windräder und hätte demnach die Rechnung begleichen müssen. Zusammen mit dem Lobbyisten Christian Busse, Geschäftsführer eines in der Branche der sogenannten „erneuerbaren Energien“ verankerten Unternehmens, und dem Ingenieur Sebastian Schwarzburger reichte sie Anfang 2023 beim zuständigen Amt einen Antrag auf Denkmalschutz ein.
„Wie bei alten Windmühlen“, zieht Busse einen reichlich absurd erscheinenden Vergleich, schließlich gehörten die „Schünower Propeller“ zum ersten noch erhaltenen Windpark Brandenburgs. Doch tatsächlich: Die Denkmalschutzbehörde hat den Köder geschluckt und dem Antrag jetzt stattgegeben. „Die beiden Windkraftanlagen sind nicht nur technische Denkmale, sondern Zeugnisse des beginnenden Windkraftausbaus der frühen 1990er-Jahre“, zitiert die „Bild“ aus der amtlichen Begründung.
Böse Zungen würden das Wort „Zeugnisse“ wohl lieber durch „Mahnmale“ ersetzen wollen. Wer am Ende Recht behalten wird, wird die womöglich nicht allzu ferne Zukunft zeigen. Dass es den Antragstellern abgesehen davon gar nicht um den Denkmalschutz geht, ahnen aber auch die Verantwortlichen im Landesdenkmalamt: „Ob jemand den Antrag stellt, weil er Geld sparen will, ist für uns unerheblich“, sagt Christina Onnen und betont, dass dies in den seltensten Fällen so sei.
Dennoch scheinen bei der Behörde schlafende Hunde geweckt worden zu sein. Für Brandenburgs obersten Denkmalschützer Thomas Drachenberg könnten die beiden Windräder in Schünow nur der Anfang gewesen sein. Auf die Frage, ob denn zwei denkmalgeschützte Anlagen im Land reichten, oder demnächst hunderte „Windrad-Wracks“ diesen Status erhielten, antwortete der Beamte: „Reichen zwei Schlösser oder sollen wir alle 150 Schlösser unter Denkmalschutz stellen?“
Windmühlen und Schlösser blicken in aller Regel und wohlgemerkt auf eine deutlich längere als nur zwei, drei Jahrzehnte alte Geschichte zurück – und bereichern das Landschaftsbild quer durch die Republik. Nicht zuletzt deshalb warnt Peter Vida, Landesvorsitzender der Freien Wähler in Brandenburg, vor einer Blaupause für ähnlich gelagerte Anträge in der Zukunft: „Wenn das Beispiel Schule macht, werden bald überall kaputte Windräder das Land verschandeln.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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