Von Daniel Weinmann
Im Jahr 2019 erschien im renommierten „Wall Street Journal“ ein Beitrag über die deutsche Energiepolitik mit dem wegweisenden Titel „World’s Dumbest Energy Policy“ („Die dümmste Energiepolitik der Welt“). Die Autoren zeigten nicht nur auf, dass bereits zu Zeiten der Merkel-Ära „unzählige Milliarden“ in „unzuverlässige Wind- und Sonnenenergie“ geflossen waren. Sie prognostizierten zugleich, dass Deutschland nach dem Abschalten der Atom- und Kohlekraftwerke auf einen Energienotstand zusteuern würde.
Was damals für manche wie blanker Zynismus geklungen haben mag, wird heute bestätigt – dem grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Trotz, der im März meinte, man habe die Krise „abgearbeitet“. Doch allein zwischen Anfang dieses Monats und Montagvormittag importierte Deutschland 1433 Gigawattstunden (GWh) mehr Strom, als es exportierte. Im April belief sich die Lücke auf 2605 GWh.
Seit 2003 war Deutschland jedes Jahr Strom-Nettoexporteur. Aber im vergangenen Jahr hat die Bundesrepublik erstmals seit 2002 mehr Strom importiert als exportiert, wie aus dem Jahresbericht 2023 des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervorgeht. Demnach lag der Importüberschuss bei rund 9,2 Terawattstunden – im Jahr zuvor exportierte Deutschland noch 29 Terawattstunden netto ins Ausland. Zum Vergleich: In den Jahren vor der Coronakrise überstiegen die Exportüberschüsse teils die Marke von 50 Terawattstunden pro Jahr.
Höhere Abhängigkeit vom Ausland = höhere Preise
Grund für die Trendwende ist insbesondere der günstige Strom aus dem europäischen Ausland. Vor diesem Hintergrund verwundert kaum, dass die Stromerzeugung hierzulande um rund elf Prozent zurückging. Deutschland macht sich damit zunehmend abhängiger vom Ausland.
Entlarvend für die rot-grünen Vordenker klimaneutraler Energiepolitik: Daten des Thinktanks Agora Energiewende zufolge entfiel 2023 knapp ein Viertel des importierten Stroms (16,6 Terawattstunden) auf den von Rot-Grün so verhassten Atomstrom. Das Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke im April vergangenen Jahres erwies sich für dieses Land somit bestenfalls als Danaergeschenk. Der Begriff stammt aus der griechischen Mythologie und bezeichnet in Anlehnung an das Trojanische Pferd ein Geschenk, das sich für den Empfänger als schadenstiftend erweist.
Die zunehmende Abhängigkeit Deutschlands von ausländischem Strom spiegelt sich in immer höheren Preisen wider. Frankreich etwa ruft für seinen Exportstrom in die Bundesrepublik aktuell doppelt so hohe Preise auf wie innerhalb seiner Grenzen. Dazu trägt auch bei, dass die französischen Stromausfuhren nach Belgien, Deutschland, Schweiz und Italien seit Anfang März so groß sind, dass der Netzbetreiber RTE bisweilen Gefahren für das nationale Netz sah.
Auch die CDU sendet keine Signale in Richtung einer rationalen Energiepolitik
Geradezu grotesk mutet vor diesem Hintergrund an, dass sich aktuell 864 Photovoltaik-Anlagen mit einer Bruttoleistung von insgesamt 1,92 Gigawatt, die vor 2023 in Betrieb genommen worden sind, noch keine Netzbetreiberprüfung erfahren haben und so trotz erfolgter Investition keine Erlöse erzielen. Das Branchenblatt „pv magazine Deutschland“ beobachtet einen „deutlichen Rückstau bei der Prüfung von Photovoltaik-Anlagen“. Als wäre dies nicht genug, wurden im vergangenen Jahr 10.479 GWh grüner Energie gezielt abgeregelt.
Das Märchen vom sauberen Strom ist ohnehin längst entzaubert. Über das ganze Jahr 2023 gerechnet war Daten von Ember Climate zufolge nur der Strom aus Tschechien und Polen schmutziger als der hierzulande verwendete.
Mehr Pragmatismus und weniger Ideologie, sollte spätestens jetzt die Devise lauten. Stattdessen lautet das Mantra der rot-grünen Energiewende-Ideologen: Es müssen nur weiter kräftig Windräder und Solardächer gebaut werden, dann wird alles gut. Dass dies allein bis 2035 rund 1,2 Billionen Euro kostet (Reitschuster.de berichtete), ist dabei offensichtlich Nebensache.
Besonders ernüchternd: Nicht einmal die Aussicht auf einen Regierungswechsel im kommenden Jahr verspricht Besserung. Denn auch von der Union gibt es bislang keinerlei Signale in Richtung einer rationalen und effizienten Energiepolitik.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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