Von Kai Rebmann
Deutschland wird vom nächsten Visa-Skandal erschüttert. Erst vor wenigen Tagen berichtete reitschuster.de darüber, wie im Auswärtigen Amt offenbar systematisch Migranten illegal ins Bundesgebiet geschleust werden. Jetzt stehen zwei Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Beirut im Mittelpunkt staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Es geht um gefälschte Sprachzertifikate und Korruption.
Die beiden Verdächtigen waren im Libanon für die Ausstellung von Sprachzertifikaten zuständig, die dem Inhaber ausreichende Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 attestieren sollten. Diese wiederum gelten als eine der wichtigsten Voraussetzungen bei der Ausstellung von Visa im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland. In knapp 450 Fällen gehen die Behörden jetzt aber davon aus, dass diese Zertifikate den Antragstellern gegen Bares ausgehändigt wurden, obwohl die dazugehörige Prüfung nicht bestanden oder gar nicht erst absolviert wurde.
Sowohl das Goethe-Institut in Beirut als auch das Auswärtige Amt in Berlin mussten die Vorwürfe inzwischen bestätigen. Aus dem Libanon heißt es dazu gegenüber der FAZ: „Wir gehen davon aus, dass zwei Mitarbeitende mit krimineller Energie zusammengearbeitet haben und so die Sicherheitsschranken des Goethe-Instituts umgehen konnten.“ Man habe sich von beiden Mitarbeitern inzwischen getrennt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar wegen des Verdachts der Urkundenfälschung.
Mitarbeiter der Deutschen Botschaft stoßen auf Unregelmäßigkeiten
Aufgeflogen sind die kriminellen Machenschaften im Goethe-Institut erst im März dieses Jahres auf der Visa-Stelle der Deutschen Botschaft in Beirut. Nachdem dort mehrfach Antragsteller vorstellig geworden waren, die offenkundig über keine oder zumindest nicht ausreichende Deutschkenntnisse verfügten, hakten die „aufmerksamen Mitarbeitenden“ (O-Ton Auswärtiges Amt) beim Goethe-Institut nach.
Und tatsächlich: In hunderten Fällen wurden die Punktzahlen von eigentlich nicht bestandenen Tests („Start Deutsch 1“) nachträglich so weit angehoben, dass diese als bestanden galten. Anschließend sollen diese Zertifikate weiterverkauft und so den Antragstellern der Weg nach Deutschland geebnet worden sein.
Man nehme Betrugsversuche in Visa-Verfahren „sehr ernst“ und gehe Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten in jedem Einzelfall „sofort und umfassend“ nach, wie das Auswärtige Amt beteuerte, das zuletzt selbst mit einem Asyl-Skandal für Schlagzeilen gesorgt hatte.
Mit ernsthaften Konsequenzen – etwa dem eigentlich erwartbaren Entzug ihres erschlichenen Aufenthaltstitels – müssen die Migranten, die im Zusammenhang mit diesem Betrug illegal nach Deutschland eingereist sind, wohl trotzdem nicht rechnen. Während den Antragstellern, die sich noch in ihrer Heimat befinden, die gekauften Visa entzogen worden sind, sollen die sich bereits im Land befindlichen Libanesen die Möglichkeit erhalten, den Deutsch-Test hier nachzuholen. Dies soll gut die Hälfte der Fälle (245 Anträge) betreffen.
Das Goethe-Institut steht vor einer großen Reform. Mehrere der bisher 158 Einrichtungen in 98 Ländern sollen geschlossen oder mit anderen Häusern zusammengelegt werden. Zuletzt lag der Jahresetat bei 432 Millionen Euro, wovon gut die Hälfte (232 Millionen Euro) aus dem Bundeshaushalt finanziert wurde.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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