Von Kai Rebmann
Am Sonntag standen im Berliner Humboldt Forum die Kinderrechte im Mittelpunkt. So jedenfalls war es auf entsprechenden Flyern für die dort stattfindende Berlin-Ausstellung des Stadtmuseums angekündigt. Was Eltern und ihr Nachwuchs dann aber unter anderem geboten bekamen, war eine Vorlesung von zwei Drag Queens, die auf die vielsagenden Namen Kaey und Vivienne Lovecraft hören – was in der Hauptstadt wiederum nicht nur auf uneingeschränkte Gegenliebe stieß.
Die Berliner AfD hatte bereits im Vorfeld ihren Protest zum Ausdruck gebracht und für Sonntag auch eine Demo vor Ort angekündigt. Die Partei verurteilte die Bilderbuch-Lesung der Drag Queens als „queere Propaganda im Kinderzimmer“ und sieht darin eine Art der „frühkindlichen Sexualisierung“. Postwendend wurde von den üblichen Verdächtigen eine Gegenveranstaltung mit Menschenkette geplant und unter das Motto „bunt, laut, solidarisch“ gestellt.
Bei „Radio3“, einem kulturellen Spartensender aus dem schier unendlichen ÖRR-Universum, konnte man die ganze Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen und bat Sophie Plagemann zum Gespräch. Die ist Künstlerische Direktorin am Stadtmuseum Berlin und zeichnet damit auch für die Drag Queen-Vorlesung verantwortlich. „In diesen Geschichten geht es überhaupt nicht um Sexualität“, konterte Plagemann die Kritik der AfD. Vielmehr sei dies „eine sehr schöne Veranstaltung, bei der zwei Drag Künstlerinnen ein altersgerechtes Programm entwickelt haben. Das wird von unseren Pädagoginnen begleitet“. In den Geschichten gehe es vor allem um den Mut anders zu sein und die Akzeptanz von Anderssein.
Der Interviewer nimmt diesen Doppelpass dankbar auf und pflichtet der Direktorin des Stadtmuseums sofort bei: „Also eigentlich [geht es] um kindergerechte Geschichten, die Kindern auch guttun, so etwas zu hören.“
Auf die Frage, weshalb man sich dafür entschieden habe, ausgerechnet zwei Drag Queens vorlesen zu lassen, beschreibt Plagemann „Drag“ als eine Kunstform des Verkleidens und Übertreibens. Dabei handele es sich um eine Kunstform, die Kindern „sehr vertraut“ sei, schließlich verkleideten die sich auch sehr gerne. Und deshalb sei dieses Format, das ursprünglich aus San Francisco komme und sich seit 2018 auch in Deutschland zunehmend verbreite, sehr altersgerecht, so Plagemann. Kinder könnten auf diese Weise spielerisch Vielfalt entdecken, ihre Fantasie werde angeregt und deren Lesefreude gesteigert.
Kinderporno-Skandal um 'Jurassia Parka' wird vollständig ignoriert
So weit, so gut. Jedoch erscheint es nicht unbedingt üblich – jedenfalls war das bis vor ein paar Jahren nicht so – dass sich Jungen ausgerechnet als Mädchen verkleiden. Dieses Beispiel zeigt dafür aber einmal mehr, dass nicht jeder Hype nur deshalb auch in unseren Breitengraden übernommen werden muss, nur weil er „aus den USA“ kommt. Zumindest, und diese Kritik muss geäußert werden dürfen und müssen sich auch die Organisatoren der „Drag Story Hour“ in Berlin gefallen lassen, könnte das Timing für solch eine Veranstaltung bzw. diese Besetzung kaum schlechter gewählt sein.
Denn die Vorlesung findet nur wenige Wochen statt, nachdem der Kinderporno-Skandal um Jurassica Parka, eine weitere Drag Queen aus der Berliner Szene, bekannt wurde. Auch im Programm dieser Kunstfigur ist es – versteht sich von selbst – nie auch nur um den Anflug von wie auch immer gearteter Sexualisierung gegangen.
Fakt ist aber: Mario Olszinski, der sich hinter „Jurassica Parka“ verbirgt, wurde bereits im Jahr 2023 wegen Erwerb, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie rechtskräftig verurteilt (160 Tagessätze zu je 70 Euro) – und trat auch danach noch mit der größten Selbstverständlichkeit weiter auf. Im Oktober 2025 wurde dann bekannt, dass die Berliner Staatsanwalt erneut wegen ganz ähnlicher Verdachtsmomente gegen Olszinski alias „Jurassica Parker“ ermittelt.
Kinderrechte werden von Ideologie verdrängt
So falsch es wäre, deshalb alle Drag Queens über einen Kamm scheren zu wollen, so verkehrt wäre es, diesbezüglich geäußerte Bedenken als bloße Diffamierungs-Kampagne „von rechts“ abzutun und damit nicht ernst zu nehmen.
Aber genau das geschieht im vorliegenden Fall. Der ÖRR-Mann wirft der AfD wegen ihrer Kritik an der Veranstaltung eine „Diffamierung von nicht-heterosexuell Lebenden“ vor – und bemerkt dabei offenbar gar nicht, wie er sich selbst entlarvt. Wohlgemerkt, in dem Interview des Senders mit Sophie Plagemann geht es um Vielfalt und Toleranz. Beides scheint aber sehr enge Grenzen zu haben, sobald es um eine Weltanschauung geht, die schlicht auf konservativen Werten und Überzeugungen beruht. Ohne es explizit auszusprechen, wird den Hörern eine klare Botschaft vermittelt: Alles, was nicht „woke“ ist, ist ganz Böse und im Zweifel auf jeden Fall „rechts“.
Plagemann geht aber noch weiter. Die Museumsdirektorin setzt sich mit keinem Wort mit den Bedenken bezüglich einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls auseinander, auf das die Gegner solcher Veranstaltungen hinweisen. Stattdessen spricht sie wiederholt von einer „Diskriminierung von Drag Künstlerinnen“. Und eben das fällt dabei ebenfalls auf: Plagemann vermeidet immer wieder den eigentlich gängigen Begriff „Drag Queen“ – weil er aufgrund der aktuellen Debatte verbrannt, mindestens aber schwer beschädigt ist?
Als wäre das alles nicht schon absurd genug, wirft Plagemann der AfD dann sogar noch vor, mit ihrem Protest Kinder zu diskriminieren. Wörtlich sagt sie im Interview dazu: „Denn an dem Tag soll es ja um Kinderrechte gehen; und ein Recht von Kindern ist auch das Recht auf Nicht-Diskriminierung und das wollten wir gerne klarstellen.“
Tatsächlich fand die Lesung der Drag Queens im Rahmen des UN-Kinderrechtetags statt, der weltweit am vergangenen Donnerstag gefeiert wurde. Jedenfalls wollten die Organisatoren das so verstanden wissen, wie Plagemann im Interview mit „Radio3“ ausdrücklich betonte. Weshalb es dann aber billigend in Kauf genommen wurde, dass dieses an sich durchaus sehr wichtige Thema durch die Verpflichtung zweier Drag Queens in den Hintergrund rückte, und dieser Tag stattdessen von politisch-ideologischen Grabenkämpfen dominiert wurde, wird das Geheimnis aller Verantwortlichen bleiben. Denn die kontroversen Diskussionen darüber waren absehbar und können niemanden wirklich überraschen. Und, nicht zuletzt: Wo waren all diese edlen Kämpfer für die Kinderrechte, als es vor gar nicht so langer Zeit darum gegangen wäre, diese wirklich zu schützen?
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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