Die Rechtslage ist eindeutig, der Berliner Senat hat sie in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Luthe (damals noch FDP, heute parteilos) dokumentiert: Mitarbeiter des Einzelhandels haben kein Recht, von Kunden ein Attest über die Maskenbefreiung einzusehen. Das dürfen nur Menschen mit hoheitlicher Funktion: also Beamte oder etwa Mitarbeiter von Ordnungsämtern. Nachzulesen ist das auf meiner Seite hier. Doch diese Gesetzeslage scheint den Chefredakteur des Berliner Tagesspiegel, Lorenz Maroldt, nicht zu kümmern. Er macht jetzt auf Hilfspolizist – nur dass er dabei faktisch zum Bruch des Gesetzes aufruft. Der Journalist schreibt in seinem Newsletter unter der Überschrift “’Lindner‘ bedient auch Kunden ohne Maske“ (Fettungen wie im Original): “‘Wir haben eine Welt geschaffen, in der hoher Anspruch an Qualität, Geschmack und Kreativität sich mit allen Sinnen wahrnehmen lässt‘, wirbt die Berliner Feinkost-Kette ‚Lindner‘ (37 Filialen in Berlin, 8 in Hamburg, 1 in Potsdam) – und das gerne auch mal ohne Maske, jedenfalls im Geschäft am Bayerischen Platz. Hier werden Verweigerer ebenso bedient wie Verordnungstreue, obwohl sich empörte Kunden darüber beklagen. Dabei ist die Sache nach § 4 (2) 4 InfSchMV doch ganz klar geregelt: ‚Eine FFP-2-Maske ist in geschlossenen Räumen zu tragen von Kundinnen und Kunden in Einzelhandelsgeschäften aller Art.“‘
Allein schon das Framing mit “Verweigerer“ und “Verordnungstreue“ ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist aber die völlige Verkennung der Gesetzeslage. Besonders in ihrer Erhöhung. Aber dazu muss man erst einmal sehen, was Maroldt weiter dazu ausführt: “Na, dann schauen wir doch mal, was der ‚Lindner‘-Kundenservice dazu schreibt – bitte sehr: ‚Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir freuen uns, dass wir Sie zu unseren Kunden zählen dürfen. Die Sicherheit unserer Kunden liegt uns sehr am Herzen und hat den höchsten Stellenwert für uns. Wenn Kunden ohne Maske den Laden betreten, müssen wir davon ausgehen, dass sie ein ordnungsgemäßes Befreiungsattest haben, da wir zur Kontrolle aus Gründen des Datenschutzes nicht berechtigt sind. Wir halten uns hier ganz klar an die Vorgaben der Gesetzgebung, und da wir Lebensmittel anbieten, dürfen wir eine Bedienung nicht untersagen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben uns zu schreiben und herzliche Grüße.“
Eine korrekte Auskunft, die völlig konform geht mit der Gesetzeslage.
Und wie kommentiert das der Chefredakteur des “Tagesspiegels“? “Und das geben wir jetzt mal weiter an die mitlesenden Datenschutzprofis und JuristInnen: ‚Muss‘ Lindner davon ausgehen, dass ein Befreiungsattest vorliegt? ‚Darf‘ Lindner eine Bedienung nicht untersagen? Hält sich Lindner ganz klar an die Vorgaben? Morgen mehr dazu aus der Checkpoint-Feinkostabteilung.“
Werter Kollege Maroldt, wer googeln kann, was man von einem Chefredakteur erwarten darf, oder zumindest jemanden beauftragt, zu googeln, ist hier ganz klar im Vorteil. Und verkneift es sich, Stimmung zu machen gegen Unternehmen, nur weil diese sich an Gesetze halten.
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Bild: Heinrich-Böll-Stiftung/flickr-com/CC BY-SA 2.0
Text: red