Arbeitslosenzahlen in den USA: Schönfärberei zur „Rettung der Demokratie“? Hütchenspiele vor den Zwischenwahlen

Von Daniel Weinmann

Am US-Arbeitsmarkt sind im Oktober erheblich mehr Stellen geschaffen worden als erwartet. Im vorigen Monat kamen 261.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Wirtschaftsexperten hatten lediglich mit 200.000 gerechnet, nach aufwärts revidiert 315.000 im September. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote stieg im Oktober allerdings auf 3,7 Prozent. Hier hatten die Experten nur einen Anstieg auf 3,6 Prozent auf der Agenda. Im September hatte die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent gelegen. Das war das gleiche Niveau wie vor Beginn der Corona-Pandemie, als die Quote den niedrigsten Stand seit rund 50 Jahren erreicht hatte.

Für Joe Biden und seine Demokraten spiegelt dies die Stärke der Wirtschaft in „God‘s own Country“ wider. Für sie könnte der Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngsten Arbeitsmarktdaten kaum besser sein: Am kommenden Dienstag geht es für Biden bei den Zwischenwahlen nach eigener Darstellung um nicht weniger als die Rettung der Demokratie. „In einem normalen Jahr sind wir nicht mit der Frage konfrontiert, ob die von uns abgegebene Stimme die Demokratie bewahrt oder sie gefährdet. Aber dieses Jahr sind wir es“, mahnte der 79-Jährige kürzlich.

Würde er auf die Daten des Household Survey rekurrieren, wären seine Chancen indes weitaus schlechter, als die jüngsten Prognosen vermuten lassen. Laut dem Datenjournalismus-Portal FiveThirtyEight lag die Wahrscheinlichkeit in der vergangenen Woche bei 81 Prozent, dass die Republikanische Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernimmt. Laut Household Survey waren im Oktober 6,1 Millionen US-Bürger ohne Job – 306.000 mehr als im September.

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Hintergrund: Bei dieser Erhebung gibt es keine Doppelerfassung. Personen werden nur einmal gezählt, selbst wenn sie mehr als einen Arbeitsplatz haben. Hingegen zählt das Bureau of Labour Statistics, das keine Haushalte, sondern Firmen und Betriebe befragt, Amerikaner mit mehreren Jobs für jede Tätigkeit separat.

Die Zahl der tatsächlich arbeitenden Amerikaner hat sich seit März nicht verändert

Diese Zahlen sind somit nicht um Doppel- und Mehrfachzählungen bei Mehrfachjobs bereinigt. Als Konsequenz ergibt sich eine enorme Diskrepanz zwischen beiden Erhebungsmethoden. So sind laut Household Survey die Vollzeitstellen im Oktober um 433.000 zurückgegangen, während 164.000 Teilzeitjobs geschaffen wurden. Verfolgt man diese Daten bis März zurück, haben die USA 490.000 Vollzeitbeschäftigte verloren und 492.000 Teilzeitbeschäftigte hinzugewonnen, von denen wiederum 126.000 mehrere Jobs haben.

Dies bedeutet: Die Zahl der tatsächlich arbeitenden Amerikaner hat sich seit März nicht verändert. Stattdessen haben viele Menschen ihre Vollzeitstellen verloren und waren gezwungen, schlechter bezahlte Teilzeitstellen anzunehmen. Von dieser Gruppe musste rund jeder Vierte mehrere Jobs annehmen, um über die Runden zu kommen. Nachstehende Grafik veranschaulicht die zunehmende Differenz zwischen den Zahlen des Household Survey und dem Bureau of Labour Statistics seit März.

Zur Schönfärberei trägt indes nicht allein die spezielle Methodik des Bureau of Labour Statistics bei. Hinzu kommt die sehr rigide Definition von Arbeitslosigkeit. Als arbeitslos gilt in den USA, wer in der Referenzwoche des Zwölften eines Monats ohne Beschäftigung war, aber gleichzeitig für eine Beschäftigung voll verfügbar war und in den vier Wochen zuvor aktive Schritte und Anstrengungen bei der Job-Suche unternommen hat. Hingegen gelten auch US-Bürger mit geringfügigen Teilzeit-Beschäftigungen als beschäftigt. Wer keiner Arbeit nachgeht und in den vier Wochen vor der Erhebung nichts dafür getan hat, einen Job zu finden, ist zwar nicht arbeitslos. Er oder sie gilt aber als der Erwerbsbevölkerung nicht angehörig und fällt daher aus der Statistik heraus.

Fazit: Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten ist signifikant höher, als es die offiziellen Zahlen suggerieren – und dies nicht erst neuerdings, sondern kontinuierlich seit vielen Jahren.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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