Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat der CDU-Landtagsfraktion eine «ideologiegetriebene Blockadepolitik beim Windkraftausbau» vorgeworfen. Gleichzeitig bot er der größten Oppositionsfraktion Gespräche an in dem Streit, der derzeit wegen der angekündigten Unterstützung der CDU-Pläne durch die AfD bundesweit Wellen schlägt.
Was klingt, wie politisches Alltagsscharmützel ist in Wirklichkeit viel tiefgreifender. Es hat mit Thüringen zu tun, mit seinen Besonderheiten beim Wahlverhalten der Bürger. Es hat etwas zu tun mit der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten, mit dem beispiellosen Verstoß gegen alle demokratischen Grundsätze durch die damals amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel („Diese Wahl muss rückgängig gemacht werden“) und dem selbst zu verantwortenden beispiellosen Niedergang der CDU im Freistaat, die dort einst mit absoluter Mehrheit und großem Rückhalt in der Bevölkerung regierte.
Und über allem schwebt das Gespenst Björn Höcke von der AfD.
Ich frage mich manchmal, ob der vor dem Einschlafen abends nochmal herzhaft darüber lacht, wie er das politische Juste Milieu jeden Tag in Schnappatmung zu treiben vermag. In weiten Teilen Westdeutschlands reicht alleine die Nennung des Namens Höcke, sich wahlweise Trillerpfeifen zu kaufen oder sich zu bekreuzigen und wegzulaufen. Aber in Ostdeutschland macht ihn das anscheinend immer populärer. Ich meine, dass in der Bundes-AfD ernsthaft darüber nachgedacht wird, Björn Höcke zum alleinigen Bundessprecher zu wählen, das kannste Dir gar nicht ausdenken. Aber mich würde nicht wundern, wenn er es tatsächlich würde. Dann wahrscheinlich der letzte Bundessprecher, den die AfD in ihrer Bundes-Geschichte hat, aber bitte, macht, was Ihr wollt. Demokratie und so.
Aber wer sicher abends vor Lachen kaum in den Schlaf kommt, das sind die Roten, Blutroten und Grünen im ganzen Land. Weil allein die Nennung des Namens Höcke anscheinend ausreicht, jede andere Koalition auszuschließen als die Linken natürlich. So lange es Roten und Grünen im Gleichmarsch mit der Mainstream-Blase gelingt, den Belzebub aus dem Eichsfeld als Schreckgespenst an die Wand zu malen und damit andere Mehrheiten qua Meinungsdruck zu verhindern, können abgewählte SED-Hanseln weiter ihr üppiges Gnadenbrot in bequemen Regierungssesseln einnehmen und – ganz nebenbei – zumindest die Thüringer CDU weitgehend entkernen und aus dem Rennen nehmen.
Von der SED/Linke erwarte ich nichts anderes, aber warum SPD und Grüne diese Schmierenkomödie in Erfurt immer noch mitmachen, werde ich nie begreifen. Und diejenigen in der CDU-Landtagsfraktion der CDU – der Partei der Deutschen Einheit – die mit ihrer Duldung aktiv helfen, eine von den Bürgern abgewählte linke Landesregierung im Amt zu halten, die sollten sich nicht nur schämen, sondern, die sollten bei der nächsten Kandidatenaufstellung von ihrer Parteibasis mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt werden. Eine CDU, die sich zum Handlanger eines abgewählten Kommunisten macht, braucht kein Mensch. Wäre schön, vom CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz mal zu diesem Trauerspiel etwas zu hören.
Ich kenne einige Politiker aus der Thüringer CDU, auch richtig gute, aber das Problem ist: Die sitzen nicht an den Positionen, wo die Entscheidungen getroffen werden. Und bevor die CDU im Freistaat nicht die Kraft findet, diese Leute abzuwählen und neben der verlangten Brandmauer nach rechts auch konsequent jegliche Kooperation mit Ramelows Genossen verweigert, wird das nix mehr mit dem Wähler und der Wählerin in Thüringen.
Eine Besonderheit dort ist übrigens eine kleine neue Partei namens „Bürger für Thüringen“ (BfTh) der früheren FDP-Landtagsabgeordneten Dr. Ute Bergner aus Jena. Die hat in der Corona-Krise viel Zuspruch bei den Bürgern gefunden mit ihrer klaren Haltung gegen die überzogenen Corona-Maßnahmen im Freistaat. Wann immer in Thüringen wieder gewählt werden darf: Ich bin gespannt, wie diese mutige Frau, eine Unternehmerin, die aus dem warmen FDP-Sessel auf Straßen und Plätze gezogen ist, um für gesundheitsbewusstes Leben und gegen Kinder-Impfung streitet, bei einer Wahl in Thüringen abschneiden wird.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf the-germanz.de.
Bild: photocosmos1/ShutterstockText: Gast
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