Brandbrief der Polizeigewerkschaft: Es droht neue Massenzuwanderung Showdown polnische Grenze: Handelt Seehofer bevor Ampel kommt?

Von Alexander Wallasch

Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft schreibt einen Brandbrief an Horst Seehofer. Darin soll es um die eskalierende Situation an der deutsch-polnischen Grenze gehen, wo immer mehr illegale Migranten, über Weißrussland kommend, nach Deutschland wollen.

Der drei Seiten lange Brief sollte noch nicht an die Medien gehen, aber bestimmte Inhalte wurden heute früh dennoch schon veröffentlicht.

Wir erreichen Heiko Teggatz, den Bundesvorsitzenden der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, am Montagmorgen, es besteht Gesprächsbedarf.

Teggatz wundert sich zunächst darüber, dass sein Schreiben schneller den Weg in die Presse gefunden hat, als eine Antwort aus dem Bundesinnenministerium von Horst Seehofer gekommen sei, an den es ja ursprünglich gerichtet war.

Heiko Teggatz hatte den Minister am Freitag angeschrieben. Alles, was bisher daraus zitierend veröffentlicht wurde (Bild), steht auch so drin.

Der Brief war allerdings drei Seiten lang, erzählt Teggatz. Zum einen hätte er auf die gesundheitliche Gefährdung der Kollegen im Einsatz hingewiesen und er hätte angemahnt, dass die Anzeichen dafür, dass sich eine Situation wie 2015 wiederholen könnte, „mehr als deutlich sichtbar werde, auch aufgrund der Aufgriffzahlen an der polnischen Grenze im Zusammenhang mit unerlaubter Migration“.

Die Zahlen seien „nahezu identisch“ mit jenen, die an der österreichischen Grenze 2013 festgestellt wurden und sich dann explosionsartig entwickelt hätten bis 2015.

Teggatz hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer gebeten, der möge sich an die EU wenden, die Grenze nach Polen zu modifizieren, „sprich Grenzkontrollen temporärer Art anzumelden“, damit die Bundespolizei direkt an der Grenze grenzpolizeiliche Maßnahmen durchführen könne. Das seien beispielsweise „Zurückweisungen oder Zurückschiebungen“.
Es soll nicht mehr dazu kommen, dass wie 2015 unkontrolliert Menschen ins Land gelassen werden, so der Bundesvorsitzende der DPolG im Gespräch.

Merchandising

Ohne Kontrollen würde Deutschland das Land sein, das die „Erstregistrierung“ vornehmen würde. Was im Umkehrschluss hieße, dass Deutschland auch zuständig wäre für die Asylverfahren.

Es könne nicht sein, so der Gewerkschaftsvorsitzende weiter, dass jemand, der über einen sicheren Drittstaat wie Polen einreist, dann hier in Deutschland asylberechtigt sei.

Hier allerdings müsste die Dublin-Regel greifen, dass, wenn jemand aus einem Drittstaat kommt, dieser hier gar keinen Asylantrag stellen dürfte.

Laut Heiko Teggatz ginge das aber nur, wenn Polen diese Neuankommenden auch registriert. Er befürchtet, „dass Polen diese Erstregistrierung gar nicht vornimmt“. Und wenn an der Grenze nicht kontrolliert würde, dann könne der Asylantrag im Landesinneren gestellt werden und die deutsche Polizei könne gar nicht feststellen, ob der Antragsteller über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sei.

EURODAC, das europäische System für den Abgleich der Fingerabdruckdaten von Asylbewerbern, wäre hier zwar hilfreich, aber dafür müsse Polen diese Fingerabdrücke auch nehmen. Dann könne man durchaus im Inland abgleichen, ob da bereits ein Asylantrag gestellt worden ist bzw. eine Erstregistrierung stattgefunden hat. Dann würde man auch genau in diese Länder zurückführen, so auch nach Polen.

„Deswegen sind die Italiener, die Griechen und jetzt auch die Polen sehr zurückhaltend mit den Erstregistrierungen.“ Um das kontrollieren zu können, fordert Teggatz u.a. von Seehofer die stationären Grenzkontrollen.

Allerdings, merken wir an, würde Deutschland doch arg zurückhängen, wenn Polen und das Baltikum von der EU bereits finanzielle Unterstützung einfordern, um die Grenze mit Zäunen und Schutzanlagen auch physisch zu sichern. Diese „temporären Grenzkontrollen“ hätte Seehofer früher schon ohne viel Erfolg angekündigt.

Teggatz erinnert daran, dass es sich bei besagten Ländern um EU-Außengrenzen handeln würde, wo sowieso kontrolliert wird. Zäune seien dort „ein technisches Hilfsmittel, um den Grenzübertritt an einer nicht dafür vorgesehenen Grenzübertrittsstelle zu verhindern“.

Die Polen, das weiß der Gewerkschafter, hätten schon personelle Schwierigkeiten. Tatsache sei, dass sich Polen größte Mühe geben würde, da hätte er allergrößten Respekt auch vor der Leistung der Kollegen der Grenzkontrolle im Nachbarland. Aber bei den Massen, die der weißrussische Präsident Lukaschenko nach Minsk holen würde, wäre das kaum noch zu schaffen, allein personell.

Heiko Teggatz zitiert hier das „Schwäbische Tagblatt“, die geschrieben hätten, dass Lukaschenko Charterflüge von Erbil im Nordirak (Kurdengebiet) dreimal die Woche nach Weißrussland holt. Die Flüge würden viel Geld kosten, und die sollen dann wohl, so hätte es Teggatz über Dritte gehört, dort mit Unterstützung des Regimes an die litauische und polnische Grenzen begleitet werden.

Was der Polizeigewerkschafter erzählt, erinnert allerdings auch an Erdogans Vorgehen, der mit Millionen Migranten Druck auf die EU ausüben kann. Will Lukaschenko hier ein erfolgreiches Modell nachahmen, indem er sich beispielweise mit der Gegenleistung, keine Migranten mehr weiterzuschicken, Geld und ein Ende politischer Einmischungen ertrotzt?

Das könne eine Vermutung sein, die dahintersteckt, ergänzt Teggatz. Es könne tatsächlich sein, dass Lukaschenko auf diese Weise versuchen könne, die Sanktionen aufzuweichen.

„Ich habe in meinen Brief an den Minister konkret gefordert, die Fluggesellschaften, die diese Transporte aus dem Nahen Osten, aus dem Irak und Afghanistan nach Minsk durchführen, zu sanktionieren mit Start- und Landeverboten für Deutschland und die Europäische Union.“

Den drei Seiten langen Brief selbst will Heiko Teggatz zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht veröffentlichen, er würde gerne erst eine Antwort aus dem Ministerium abwarten, die Sache sei schon wegen der Gesundheit der Kollegen zu wichtig. Die hätten nämlich bei den erkennungsdienstlichen Behandlungen und Festnahmen hohe gesundheitliche Risiken, auch eine „Verbringung“ könne man nicht mit eineinhalb Meter Mindestabstand durchführen.

Horst Seehofer ist allerdings die letzten Tage im Amt, was erwartet sich der Chef der Polizeigewerkschaft noch von einem, der schon seinen Schreibtisch aufräumt? Ist das nicht ein ungünstiger Zeitpunkt?

Teggatz erinnert daran, dass es hier um die innere Sicherheit Deutschlands und Europas ginge. Die noch amtierende Bundesregierung könne hier wegen der Bundestagswahl nicht in Schockstarre verfallen. Das Bundesinnenministerium könne durchaus die Grenzkontrollen jetzt anweisen. „Warum denn nicht“?

Und man meint es herauszuhören: Heiko Teggatz ahnt, was in vielleicht vier Wochen kommen könnte, wenn die Ampelkoalition „in Sachen Grenzkontrollen nicht so eingestellt ist, wie die jetzige Bundesregierung“.

Mit anderen Worten: Es ist tatsächlich der Zeitpunkt gekommen, wo man innerhalb der Polizei noch auf Horst Seehofer hoffen muss, weil die Ampel am Horizont droht.

„Wenn man noch Pflöcke einrammen möchte für die innere Sicherheit, dann sollte man das jetzt auch tun“, so ein um seine Kollegen im Dienst besorgter und gut informierter Heiko Teggatz – er ist Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft – im Gespräch am Montagmorgen. 

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: Janossy Gergely/Shutterstock
Text: wal

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