Allein beim Gedanken, dass bisher die Gendergerechtigkeit bei der Vergabe des Bundesverdienstkreuzes nicht ausreichend berücksichtigt wurde, jagt einem den Schreck ein. Wie kann das sein, dass unser Bundespräsident, der doch für alles Gute steht und gegen alles Schlechte, bei der Verteilung des Ordens, der aus Diversitätsgründen inzwischen in China gefertigt wird, bisher so viel Ungerechtigkeit zulassen konnte? War das Bundesverdienstkreuz gar bisher ein Hort der Reaktionären? Denn in der Verwaltung, der Wirtschaft und der Wissenschaft, und vor allem in der Politik – da gilt ja bereits die Quote.
Es ist überaus erschreckend, was das Bundespräsidialamt jetzt mitteilte: Dass bisher nur etwa ein Drittel der Orden an Frauen ging. Das wird sich nun ändern. Künftig sind 40 Prozent angesagt. Und das ist auch gut so! Wo kämen wir da hin, wenn es bei solchen Auszeichnungen am Ende noch nach Leistung ginge? Gar nicht zu denken … Dass Frauen bisher nur 30 Prozent der Kreuze umgehängt bekamen, kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Das riecht nach Schiebung wie manche Schiedsrichter-Entscheidung bei der WM!
Steinmeier betonte denn auch aus gegebenem Anlass noch einmal das, was sonst niemand sagte: „Frauen leisten Großes in unserer Gesellschaft. Ob in Vereinen, Unternehmen, an Universitäten oder in der Kultur – Frauen sorgen für Zusammenhalt, Menschlichkeit, Fortschritt und Kreativität. Dafür gebührt ihnen unser Dank, aber auch mehr sichtbare Anerkennung.“
Etwas peinlich nur, dass es offenbar an weiblichen Kandidaten fehlt für das Kreuz. Denn nur so ist zu erklären, dass Steinmeier sich hilfesuchend an die länger hier Wohnenden wendet in Sachen Kandidaten: „Schauen Sie sich um, in Ihrer Nachbarschaft, in Ihrer Freizeit, bei Ihren Kolleginnen. Der Verdienstorden lebt von den Vorschlägen, die ich von Ihnen für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes bekomme. Die Auszeichnung ist ein Weg, um herausragende Leistung für unser Gemeinwesen zu würdigen. Und es ist ein Weg, um mehr Frauen die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdienen.“
Ich finde, da hat der Präsident noch nicht die richtige, „woke“ Gesinnung, zumindest noch nicht ganz. Denn wenn man seine Logik zu Ende denkt, dann müsste ja allein schon das Frausein einen ausreichenden Grund für die Auszeichnung darstellen. In diesem Sinne muss dann gelten: „Bundesverdienstkreuz für alle!“ Sorry, ein Verschreiben: „für jede“ natürlich. 41,56 Millionen Bundesverdienstkreuze! Denn weibliche Kinder nicht auszuzeichnen, wäre ja auch schon wieder Diskriminierung. Und die Billig-Produktion des Ordens in China macht es ja möglich!
Dabei stellt sich dann aber die große Frage, wie geht man mit Diversen um? Und den vielen Dutzend anderen Geschlechtern? Für die bräuchte es doch auch eine Quote! Und was ist mit Glatzköpfen? Die sind auch unterrepräsentiert. Moment, sorry, nein, das sind ja meistens alte weiße Männer, das geht ja gar nicht!
Warum machen wir die Fehler der Vergangenheit nicht rückgängig und heben angesichts der bisher 30-Prozent-Kreuz-Quote von Frauen diese nicht gleich auf 70 Prozent an? Oder setzen ein Zeichen, binden uns eine Binde um und machen ein mehrjähriges Männer-Kreuz-Moratorium?
Und was ist mit der Fußball-WM? Dass dort die Mannschaften nicht nach Quote besetzt sind, ist ein Unding. Kann man da nicht auch für mehr Gerechtigkeit sorgen? Mit einer Frauen-, Diversen- und Behindertenquote für jede Mannschaft?
Fragen über Fragen.
Verzeihen Sie mir meinen Galgenhumor. Aber angesichts des alltäglichen Polit-Wahnsinns in Deutschland ist der schlicht und einfach Notwehr.
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