CDU-Spitze distanziert sich von Maaßen wegen Bhakdi Lieber Gefiederpflege: Christdemokraten lassen Ampel ungerupft

Von Alexander Wallasch

Am Montag distanzierte sich der Bundesvorstand der CDU in einem einstimmigen Votum von impfkritischen Postings ihres einfachen Parteimitglieds Hans-Georg Maaßen.

„Wir distanzieren uns klar von den Inhalten, die er in sozialen Netzwerken geteilt hat. Und wir weisen sie aufs Schärfste zurück“, kommentierte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak die Entscheidung gegenüber den zahlreich berichtenden Medien.

Hans-Georg Maaßen reagierte heute morgen mit einem weiteren Kommentar auf der neuen Social-Media-Plattform „Gettr“, wo zuvor schon der Stein des Anstoßes erschienen war:

„Ich habe heute morgen einstimmig entschieden, mich nachdrücklich von diesem Beschluss des zukünftig ehemaligen Bundesvorstandes der CDU Deutschlands zu distanzieren. Danken möchte ich dem amtierenden Bundesvorstand aber für die Aufmerksamkeit, die sie mir schenken, dass aus deren Sicht bereits ein Tweet von mir andere Probleme, wie den Ukraine-Konflikt, die Inflation, die Folgen der verheerenden Coronapolitik, die Migrationskrise oder die Energiepreisexplosion marginalisiert.“

Aber womit hatte Maaßen überhaupt die Aufmerksamkeit des Bundesvorstandes auf sich gezogen? Eines Vorstandes übrigens, der nach dem Wahldesaster zum geschlossenen Rücktritt aufgefordert wurde. Generalsekretär Ziemiak fühlte sich damals sogar verpflichtet, zu versprechen, „einen Erneuerungsprozess zu beginnen, uns neu aufzustellen“.

Was hatte Maaßen auf Gettr geteilt und damit dem neuen Portal in Deutschland den ersten großen Skandal beschert? Der frühere Chef des Bundesverfassungsschutzes teilte ein Video des Mediziners und mRNA-Impfkritikers Prof. Sucharit Bhakdi und kommentierte: „Bewegender Appell zur dringenden Notwendigkeit eines Covid-Impfverbots.“

Nach Irritationen über das Posting hatte Maaßen CDU-Mitgliedern in einem persönlichen Brief von seinen Beweggründen wie schwerwiegenden Impfschäden erzählt, die ihn als Kind zweifach ins Krankenhaus brachten und so eine Impfskepsis in ihm angelegt hätten.

Maaßen verwies auf seinen „juristischen Hausverstand“: Für ihn klängen Bhakdis Aussagen in besagtem von ihm geteilten Interview „weitgehend schlüssig und nicht pauschal verschwurbelt, verschwörungstheoretisch oder spinnert.“

Mittlerweile steht der über Jahrzehnte hinweg angesehene Mediziner Sucharit Bhakdi auf der Liste der verbotenen Früchte in der Corona-Debatte. Hier allerdings muss die ehrliche Frage lauten: Welche Corona-Maßnahmen- und Impfkritiker stehen da eigentlich noch nicht?

Der Bundesvorsitzende der CDU präzisierte die Distanzierung noch. Diese basiere nämlich nicht nur auf der Teilung von Inhalten von Bhakdi – einem laut Ziemiak „durch seine Aussagen offensichtlichen Antisemiten“ –, sondern auch auf Maaßens Äußerungen gegen das Impfen in der Corona-Pandemie: „Wir halten das auch für gefährlich“, so Ziemiak.

Anfang Januar hatte sich Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU-Bundesvorstand) für den Ausschluss von Hans-Georg Maaßen aus der Partei ausgesprochen. Allerdings vergeblich, von einem Parteiausschluss kann keine Rede sein. Prien ist Mitinitiatorin einer Gegenbewegung zur „Werte-Union“, in der Maaßen aktiv war, sowie Vorsitzende des Jüdischen Forums der CDU.

Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte Maaßen zum Parteiaustritt auf und drohte ihm: „Tut er das nicht, sollte man ein Parteiausschlussverfahren in Erwägung ziehen.“

Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden, hatte Hans-Georg Maaßen beschuldigt, Antisemit zu sein, weil der ein Video mit obskuren Verschwörungstheorien des antisemitischen Mikrobiologen Sucharit Bhakdi geteilt hätte. Schuster hatte den Bundesvorstand der CDU schon vor einer Woche aufgefordert zu handeln.

Im von Hans-Georg Maaßen geteilten Video ist allerdings nichts Antisemitisches zu vernehmen, der Vorwurf gegen Bhakdi, Antisemit zu sein, basiert auf früheren Äußerungen zu Israel, die bereits ein Gerichtsverfahren nach sich gezogen hatten. Die Staatsanwaltschaft Kiel erkannte keine strafbare Volksverhetzung. Tagesschau Online titelte damals: „Wie das Unaussprechbare sagbar wird“.

Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, fand an Maaßens Bhakdi-Posting „besonders erschütternd (…), dass dies von einem Menschen kommt, der als Bundestagskandidat und damit als Repräsentant unserer parlamentarischen Demokratie angetreten ist.“

Hier wird demnach die Frage aufgeworfen, ob es statthaft ist, die Meinung eines renommierten Mediziners zu teilen, der gleichzeitig auf einem ganz anderen Gebiet mit Äußerungen in die Kritik geraten ist.

Fakt bleibt: Hans-Georg Maaßen ist wider Willen zum Stachel im Fleisch der CDU geworden. Aber welche CDU ist das eigentlich? Langzeit-Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel wurde durch ihren Finanzminister a.D. Olaf Scholz (SPD) ersetzt, die Ampel hat das Regieren übernommen und die Christdemokraten von der AfD die ungeschriebene Rolle des Oppositionsführers im deutschen Bundestag – ein Staffelstab, den man nicht einmal fallen lassen kann.

Aber besitzt die CDU überhaupt den dafür nötigen Willen zur Opposition? Der designierte neue Parteivorsitzende Friedrich Merz hatte sich inhaltlich an keiner Stelle so weit aus der Deckung gewagt, wie Hans-Georg Maaßen in seinem Wahlkreis im thüringischen Suhl.

Zwar hatte Merz noch vor einem Jahr betont, ein „Weiter so“ würde es mit ihm nicht geben. Aber davon will er heute nichts mehr wissen: „Ich würde mich freuen, wenn Angela Merkel und die CDU auch in Zukunft beieinanderbleiben, an mir wird es jedenfalls nicht scheitern“.

Rechtzeitig zur Bewerbung um den Parteivorsitz kündigte Friedrich Merz an, eine Brandmauer gegenüber der AfD zu errichten – also reichlich Theaterdonner für die Kulisse. Jetzt wurde mit der Distanzierung des Bundesvorstands von Hans-Georg Maaßen noch eine weitere, eine innere Brandmauer zwischen Vorstand und einem konservativen Teil der CDU-Mitglieder gezogen.

Tatsächlich hat die CDU auch unter einem designierten Parteichef Friedrich Merz keine Idee davon, wie sie einen Hans-Georg Maaßen als prominenten Vertreter des konservativen Flügels der Christdemokratie erfolgreich integrieren könnte.

Mit der Distanzierung des Bundesvorstandes wird einer Spaltung Vorschub geleistet, die nicht mehr nur quer durch die Partei geht, sondern eine Spaltung zwischen Basis und Parteifunktionären sichtbar macht. Das allerdings ist für das noch immer zelebrierte Selbstverständnis der CDU als „Volkspartei“ ganz besonders gefährlich.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: wal

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