Die Energiewende bewirkt eine revolutionäre Situation Ganz im Sinne Lenins

Ein Gastbeitrag von Gunter Weißgerber. Weißgerber war Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90, Mitbegründer der Ost-SPD, Mitglied der freigewählten Volkskammer 1990, Mitglied des Deutschen Bundestages 1990-2009.

Deutschland steuert auf gefährliche Zeiten zu. Nahezu komplett selbstgemacht. Drei strategisch angelegte Fehlentscheidungen des letzten Jahrzehnts könnten zu einer Situation führen, die Lenin in seiner Revolutionstheorie für das zaristische Russland herbeisehnte und -schrieb. Die im Entstehen begriffene grüne RAF wird das alles verinnerlicht haben.

Die großen Fehlentscheidungen

1. „Energiewende“

Vor Fukushima bebte 2011 unterseeisch die Erde und die Regierung Merkel entschied im Einvernehmen mit Grünen und SPD, Deutschland energetisch ins Nirwana umzuleiten. Die grundlastsichernden Energieträger Kohle und Kernenergie werden seitdem schrittweise durch volatile sog. regenerative Energiequellen (Sonne, Wind) ersetzt. Deutschlands Energiesicherheit wurde von Jahr zu Jahr geringer, einhergehend mit einer katastrophalen und ebenfalls politisch gewollten Preissteigerung für Strom und Kraftstoffe. Allein diese Art von Energiewende genügt langfristig zur Schaffung einer revolutionären Situation im Sinne Lenins. Alles wird teurer, nicht nur das tägliche Leben und die Mobilität. Deutschland wird in seinem Zusammenhalt überlastet.

Ein augenscheinliches Beispiel: Zum Jahresende sollen die letzten drei Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Diese drei Kraftwerke produzieren so viel Strom wie die 23 noch funktionierenden Kohlekraftwerke. Gleichzeitig will Deutschland sich wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine von russischen Gas und Öl abnabeln. Die Energiekapazitäten Deutschlands würden damit auch ohne den Ausstieg aus der Kernenergie für die Gesell- und Wirtschaft existenzbedrohend dezimiert. Dies vor Augen, erwägt die grüne Führung den temporären Weiterbetrieb und die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Kohlekraftwerke. Statt wieder auf die emissionsfreie und damit grüne Kernenergie zu setzen, will die deutsche Transformationsregierung mit dem Verbrennen von Kohle in die Vollen gehen. Grüne Politik für das Revival der Kohleverstromung. Ein Stück aus der Anstalt.

Nicht das Klima steht vor einem Kipppunkt (siehe „Wissen ist das beste Medikament gegen Klimaangst“, die Welt am 17.06.2022, Interview mit Lennart Bengtsson), sondern die deutsche Gesellschaft. Von den irrlichternden Folgen falscher Prioritätensetzungen ist längst mehr als das übliche ein Drittel der Bevölkerung dramatisch betroffen. Galt in der Bundesrepublik bis zur Ära Merkel die These von der „Zweidrittel-Gesellschaft“, der es gut geht und die über ausgleichende Politik dem dritten Drittel mittels Förderung und Unterstützung Aufstiegschancen geben wollte, so hat die rotgrünschwarze Agenda seit dem Seebeben vor Fukushima 2011 einen Prozess in Bewegung gesetzt, der die drei Drittel wild durchmischte und diese sogar umkippen lässt. Spätestens mit einer Situation, die mit „Eindrittel-Gesellschaft“ zu beschreiben wäre, könnte Deutschland kollabieren. Zwei Drittel Unzufriedene, aufgebrachte Bürger hält diese ursprünglich auf Konsens angelegte Republik nur schwer aus. Einen Plan B gibt es nicht.

2. Die unkontrollierte Masseneinwanderung aus hierarchischen Regionen

2015 verzichtete die Bundesregierung auf ihre Kontrollpflichten über Flucht und Zuwanderung. Millionen Menschen aus archaischen Regionen, kaum oder nicht passend zum System des Grundgesetzes, wanderten unkontrolliert nach Deutschland und in die Europäische Union ein. Mit den Folgen Brexit und Destabilisierung Deutschlands. Das Vertrauen in die Institutionen des Grundgesetz-Staates wurde nachhaltig tief erschüttert. Die innere Sicherheit der Republik hat sich seitdem dramatisch verschlechtert. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt birgt sozialen Sprengstoff. Auch hier bieten die Grünen statt Kreativität und Anreizen lediglich Verbotsideen für Einfamilienhäuser und Pools. SPD und Linke kommen mit Verstaatlichung statt Marktanreizimpulsen. Sozialismus.

3. Die Umgestaltung des politisch ausgleichenden Gemeinwesens in einen einseitigen Haltungsstaat

Diese Umgestaltung hat etwas mit der Theorie von Basis und Überbau zu tun. Karl Marx formulierte 1859 in seiner „Kritik zur politischen Ökonomie“:

„In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte notwendige von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen.“

Ins Otto-Normalo-Deutsch übersetzt, bedeutet das: Die grünlinke Politik der letzten Jahre veränderte die Basis der Bundesrepublik und deshalb muss der Überbau an die neuen Gegebenheiten angepasst werden!

Auch das hatten wir schon mal. Im Sozialismus wurden alle Menschen über einen Kamm nivelliert und weil das denen nicht gefiel, mussten Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl und Staatssicherheit geschaffen werden. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ sagte der blutige Jakobiner Lenin.

Auf das Deutschland seit Fukushima übertragen heißt das, weil zunehmend mehr Menschen mit der neuen Basis existenziell in Dauerkonflikt geraten, müssen Erziehungs- und Umerziehungselemente den neuen Überbau bereichern. Der Staat führt Zensur (Netz-DG) ein, Justitia legt die rechte Augenbinde ab, das gesellschaftliche Klima wird politisch einseitig gestaltet. An dem Punkt sind wir im Moment, welche Schritte zur Beglückung gegen den Willen vieler auch strafrechtlich vor der öko-religiösen Tür stehen, bleibt abzuwarten. Der Blick in die Vergangenheit verspricht wenig Gutes. Entweder Du bist für den Frieden und die Weltrettung oder Du bist ein Faschist oder wenigstens Konterrevolutionär. Auf das richtige Bewusstsein kommt es an. Wie bereits mehrfach in der deutschen Geschichte verlangt.

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser denkt bereits an „eine zentrale Meldestelle („Beratungsangebot“), bei der man Bekannten, Kollegen, Nachbarn, Freunde, seine Familie denunzieren kann, wenn man etwas „beobachtet“ hat oder „vermutet“, dass sie sich „Verschwörungsideologien zuwenden“ (gefunden bei Julian Reichelt). Mir fallen da der alte römische Wüterich Lucius Cornelius Sulla Felix und dessen Proskriptionslisten ein. Wer nicht so weit zurückblicken möchte kann auch an Gestapo, Tscheka/KGB und MfS denken.

4. Die vorläufig sträflichste Fehlentscheidung

Die Transformationsregierung gönnt Deutschland keine Chance auf eine Atempause. Inmitten eines brutalen und die gesamte EU gefährdenden Krieges in der Ukraine wird die blinde „Energiewende“ mit der ihr innewohnenden, ständig größer werdenden Gefahren für die Mitgliedsstaaten weitergeführt.

Die grüne Politik und Putin bedingen sich quasi wechselseitig. Mit Hilfe der Kriegsbedrohung soll der Ausstieg aus fossilen und atomaren Energiequellen weitergeführt werden und stabiler Ersatz ist nicht in Sicht. Was bis zum Kollabieren von Putins Gegnern, der EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland, führen kann. Putin nützt die deutsche Abhängigkeit von Russland genauso, wie es die deutschen undurchdachten Abnabelungsbemühungen tun.

Putin ist Haupt-Nutznießer der gründominierten Abbruchpolitik, die zu einer revolutionären Situation führen kann. Andererseits sind die Grünen bei aller vorgetragenen Gegnerschaft Nutznießer von Putins Herrschaft und Krieg. Sie verbinden die Transformationsgelüste mit der Angst vor Putin. Hier bin ich wieder bei Lenin. Der war für die kaiserliche Heeresleitung auch als Revolutionär in der revolutionären Situation Russlands wichtig und löste das deutsche Problem der Ostfront am 3. März 1918 mit dem Frieden von Brest-Litowsk.

Natürlich gibt es Unterschiede. Lenin lieferte an das Kaiserreich wie bestellt, Putin und die Grünen haben keine Vereinbarungen. Es passt einfach aufeinander.

Die heutige Situation

Karl-Peter Schwarz skizziert am 22. Juni 2022 in „Die Presse“ (FB-Fund am 21. Juni 2022) folgendes:

„Putin ist nicht an allem schuld. Die Teuerung ist hausgemacht… Diese Feststellung ist angesichts der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) leider gar nicht trivial. Im Juli setzt sie eine winzige Zinserhöhung von 0,25 Prozentpunkten in Kraft, um zu zeigen, dass ihr die Inflation, die sie lange wider besseren Rat und besseres Wissen verharmloste, wenn nicht gar leugnete, doch nicht völlig gleichgültig ist. Dessen ungeachtet gab sie bekannt, dass sie den Ankauf von Staatsanleihen der hochverschuldeten Staaten fortsetzen wird, um einer „Fragmentierung“ der Euro-Zone vorzubeugen, was die Inflation nur noch weiter anheizen wird. Längst hat die EZB mit den Negativzinsen und der Entschuldung der Mittelmeerländer die Geldmenge so gewaltig erweitert, dass man die reale Geldentwertung nicht mehr nur an den Preisen der Aktien und der Immobilien ablesen kann. Es reicht, im nächsten Supermarkt einzukaufen. Dabei sind die steigenden Preise für fossile Brennstoffe, Rohstoffe und Transport noch gar nicht zur Gänze bei den Endkunden angekommen…Verursacht wird sie von einer an den Bedürfnissen der Regierungen orientierten Geldpolitik, die vorgeblich der Preisstabilität verpflichtet ist, in Wirklichkeit aber dazu dient, bankrottgefährdete Staaten vor schmerzlichen Korrekturen durch die Finanzmärkte zu schützen, und zwar koste es, was es wolle. 25 Prozent der Staatsschulden Italien wurden von der Notenbank bereits aufgekauft… Die Regierungen der Euro-Zone, und mit ihr die EZB, stehen vor einem Dilemma. Auf der einen Seite werden sie es wahrscheinlich noch in diesem Herbst mit heftigen sozialen Protesten und erbitterten Arbeitskämpfen zu tun bekommen, wenn die Inflation weiter steigt. Auf der anderen Seite brauchen die Staaten die Geldentwertung, um sich weiter billig für politisch gewünschte Ziele verschulden können… Die massive Verteuerung der fossilen Energieträger, die übrigens schon im Dezember 2021 einsetzte, also noch vor der russischen Invasion der Ukraine, ist nicht zuletzt das Ergebnis einer durchaus gewollten Verschiebung des Preisgefüges, um die sogenannte Energiewende durchzupeitschen. Die Anmaßung, durch die Verringerung des CO2-Ausstosses die Erderwärmung aufhalten und das Klima „retten“ zu können, hat sich zur Staatsdoktrin verfestigt“.

Schlag nach bei Lenin

Eine revolutionäre Situation ist in den Begriffen des Marxismus-Leninismus Auslöser einer Revolution, in der sich die „offene Empörung ausgebeuteter Massen“ Bahn bricht. Notwendigerweise gehören zu einer solchen Situation objektive Merkmale, die nicht künstlich durch eine Partei oder Gruppe herbeigeführt werden können, sondern eine Folge der Verarmung, Ermordung oder Entrechtung sehr großer Bevölkerungsteile oder sogar der Bevölkerungsmehrheit seien. Der Begriff ist Bestandteil der Revolutionstheorie.
Als Beispiele gelten für Lenin:

Hauptmerkmale

Die drei „objektiven Merkmale“ einer revolutionären Situation sind nach Lenin:

  1. „Die Unmöglichkeit für die herrschenden Klassen, ihre Herrschaft in unveränderter Form aufrechtzuerhalten; diese oder jene Krise der ‚Spitzen‘, Krise der Politik der herrschenden Klasse, die einen Riss erzeugt, durch den die Unzufriedenheit und Empörung der unterdrückten Klassen hervorbricht.“
  2. „Verschärfung der Not und des Elends der unterdrückten Klassen über das gewohnte Maß hinaus“.
  3. „Beträchtliche – aus den angeführten Ursachen sich herleitende Steigerung der Aktivität der Massen, die durch die Verhältnisse der Krise zur […] selbständigen historischen Aktion herangezogen werden“.

Außerdem entwickelte Lenin in seinem Werk „Was tun?“ auch eine Lehre von den „subjektiven Merkmalen“ der revolutionären Situation, durch welche eine sich objektiv anbahnende Revolution beschleunigt werden könne: z. B. durch den Aufbau einer proletarischen Partei, die bereit sei, die Führung zu übernehmen. Diese seine Lehren setzten Lenin und die Bolschewiki in die Praxis um, siehe Russische Revolution und Oktoberrevolution.

Lenin wird oft mit folgendem Satz zitiert: „eine revolutionäre Situation gibt es dann, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“ (siehe hier).

Neu gegenüber Lenin

Über einhundert Jahre später kann Lenins Satz umformuliert werden: „Eine revolutionäre Situation gibt es dann, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“ in „eine revolutionäre Situation gibt es dann, wenn die oben es nicht anders und die unten nicht mehr wollen„. Im Ergebnis entsteht zweifellos auch eine revolutionäre Situation. Ganz im Sinne der im Entstehen begriffenen grünen RAF. Der rote Lenin ist nun grün lackiert. Siehe auch: Die Sechste und die Siebente Internationale.

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Gunter Weißgerber war Montagsdemonstrant in Leipzig, Mit-Gründer der Ost-SPD und saß dann 19 Jahre für die SPD als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. 2019 trat er aus der Partei aus. Der gelernte Bergbauingenieur ist heute Publizist und Herausgeber von GlobKult. Im Internet zu finden ist er unter www.weissgerber-freiheit.de. Dieser Beitrag ist zunächst auf www.weissgerber-freiheit.de erschienen.

Bild: Shutterstok
Text: Gast

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