Die große Corona-Beichte des Christian Drosten Charité-Professor: Überstandene Infektion schützt bis zu eineinhalb Jahre

Von Kai Rebmann

Er gehörte zu den lautesten Alarmisten der ersten Stunden. Kein Horror-Szenario war ihm zu düster, um es nicht in den dunkelsten Farben an die Wand zu malen. Genau wie schon bei unzähligen „Pandemien“ zuvor, die die Menschheit seit Beginn dieses Jahrhunderts bereits heimgesucht haben sollen. Jedes Mal war von Hunderttausenden, wenn nicht Millionen Toten die Rede – und jedes Mal lag er falsch. So wie es auch jetzt bei Corona der Fall war, wo es bis heute nicht möglich scheint, oder schlicht nicht gewollt ist, zwischen Menschen zu unterscheiden, die „an“ oder „mit“ dem Virus gestorben sind. Die Rede ist von Christian Drosten, seines Zeichens Professor an der Charité in Berlin und Hof-Virologe der Bundesregierung. Zuletzt war es still geworden um den Mann, der neben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stets zu den eifrigsten Licht-am-Ende-des-Tunnels-Ausknipsern gehörte. Auf dass diese „Pandemie“ nie zu Ende gehen möge …

Jetzt hat sich Christian Drosten mit einem aufsehenerregenden Interview zurückgemeldet. Die „Zeit“ bat den Virologen um eine Art Aufarbeitung der vergangenen knapp drei Jahre. Dabei überrascht der Mann, der sich im April 2022 zum Rücktritt aus der Corona-Sachverständigenkommission gezwungen sah, einerseits mit auf den ersten Blick unerwarteten Aussagen, andererseits klammert er sich – wohl aus gutem Grund – an längst widerlegte Narrative. Vor allem bei der Frage, in welcher evolutionären Phase sich das Virus befindet, muss auch Drosten einräumen, dass Corona inzwischen in eine Endemie übergegangen ist. Aber: Diese Feststellung ist keineswegs neu. Experten teilen diese Einsicht schon seit Monaten, der Charité-Virologe galoppiert mit seiner späten Einsicht lediglich hinterher.

Auf die Frage, ob er in absehbarer Zeit mit einer neuen gefährlichen Variante rechne, gab Drosten zu Protokoll: „Das Virus kann an vielen Stellen in seiner Evolution nicht mehr ohne Weiteres zurück. Es ist ein wenig festgefahren und optimiert gegenwärtig nur nach – wobei es, das traue ich mich jetzt zu sagen, in unmittelbarer Zukunft wahrscheinlich auch etwas von seiner Virulenz opfern muss.“ Er rechne deshalb kurzfristig nicht mit einer „bösen Überraschung“. Drosten sieht das Virus am Scheideweg. Derzeit stünden mit BF.7 und BQ.1.1, dem „Höllenhund“, zwei Varianten in den Startlöchern. Die erstgenannte sei der Weg in die Endemie, die zweitgenannte könne noch einmal für einen „schwierigen Winter“ sorgen. Ganz aus seiner Haut kann der Professor offenbar also doch nicht.

‚Werden mit Sars-CoV-2 umgehen wie mit anderen Erkrankungen‘

Als die Kollegen der „Zeit“ konstatieren, dass wir in einem Alltag lebten, in dem man sich wiederholt mit Corona infizieren werde, kann Drosten ebenfalls nicht widersprechen und räumt ein: „Die Risiken werden immer kleiner.“ Wenn ein Virus erstmals auf eine erwachsene Population treffe, komme es dabei zu „unvorhersehbaren Immunreaktionen“. Als Beispiel führt der Virologe Long Covid an, wobei auch hier längst nicht klar ist, ob die Symptome die Folgen der Impfung oder einer Infektion sind.

Und dann lässt Christian Drosten eine Bombe platzen, die vor kurzem – wenn sie aus anderem Munde gesprochen worden wäre – wohl noch ins Reich der Fabel verwiesen worden wäre. Über die Schutzwirkung einer natürlichen Infektion sagt der Charité-Professor: „Daten aus Katar zeigen, dass eine überstandene Infektion vor einer Neuinfektion mit dem gleichen Serotyp fast eineinhalb Jahre lang schützt und bei einem anderen Serotyp wenigstens sechs oder sieben Monate lang.“ Es sei wahrscheinlich, dass das Virus vorerst beim jetzigen Serotyp bleiben werde, was mit einem „lang anhaltenden Schutz“ einhergehe. „Erwachsene stecken sich dann viel seltener an“, bekennt Drosten.

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Letztlich werde man mit Sars-CoV-2 so umgehen wie mit anderen Erkrankungen auch, spricht der Virologe das aus, was in anderen Ländern schon längst der Fall ist und dort zu keinen nennenswert schlechteren Entwicklungen geführt hat. Und auch Drostens Meinung zur Isolationspflicht muss aufhorchen lassen. Für die Influenza gebe es eine solche nicht und eigentlich sei man ja ohnehin schon dabei, die Isolationspflicht bei Corona aufzuweichen. Drosten wörtlich: „Die fünf Tage, die im Moment vorgeschrieben sind, reichen in Wirklichkeit nicht aus, um Infektionen zu verhindern.“ Rumms! In anderen Worten ausgedrückt, gibt der Hof-Virologe der Bundesregierung hier zu, dass die bisherige Isolationspflicht nicht weniger als Willkür war. Drosten spricht in diesem Zusammenhang aber lieber von „Kompromissen“, die nur in einer Übergangsphase sinnvoll seien.

Das Narrativ: Impfung und Maßnahmen waren wirksam

Heikel wurde es dann auch bei der Frage nach Fehlern „im Umgang mit der Pandemie“. Er halte nichts von einem „Blame-Game“, bei dem Fehler einzelnen Personen zugeschoben werden. Das sei absurd und Richtschnur des politischen Handelns sei stets die Wissenschaft gewesen. Ob Drosten selbst glaubt, was er hier von sich gibt? Stattdessen stellte er die Gegenfrage: „Aber was hat man in Deutschland denn am Ende falsch entschieden?“ Ihm falle dazu wenig ein.

Zum Beispiel die Schulschließungen, hilft die „Zeit“ dem Professor auf die Sprünge. Diese Maßnahme – man könnte auch Fehler sagen – rechtfertigt Drosten allen Ernstes damit, dass andere Länder ebenfalls mit Lockdowns reagiert hätten. Unterschiede habe es vor allem in der Wahl der Bereiche gegeben, also entweder an der Schule, am Arbeitsplatz oder sonstige Reduktionen der Kontakte. „In Deutschland hat man im Schulbereich vermutlich weniger Widerstand erwartet als bei den Arbeitgebern.“ Man muss diese Aussage fast zweimal lesen, um die dahintersteckende Aussage richtig einzuordnen.

Auf die Maßnahmen lässt Drosten also nichts kommen. Und diese Haltung kann auch nicht wirklich überraschen. Denn schließlich war es der Charité-Professor höchstpersönlich, der für einen Großteil der in Wahrheit evidenzfreien Maßnahmen an vorderster Front mitverantwortlich zeichnete. Aus eben diesem Grund musste er seinen Platz in der Sachverständigenkommission räumen, als es um die Evaluation eben dieser Maßnahmen gehen sollte. Apropos Aufarbeitung. Wie es mit der Evaluation aussehe und ob diese überhaupt weiter vorangetrieben werde. Drosten dazu: „Dazu müsste es, glaube ich, noch mal einen konkreten Auftrag aus der Politik geben – und entsprechende Ressourcen.“ Oder einen entsprechenden politischen Willen, den es aus sehr nachvollziehbaren Gründen in absehbarer Zeit wohl nicht geben wird.

Bleibt das leidige Thema Impfung. Wie Drosten heute zu der Annahme stehe, dass bei der Impfung eine Wirksamkeit gegen Ansteckung von über 90 Prozent propagiert wurde. Vielleicht habe man die Zulassungsstudien „ein bisschen zu schnell gefeiert“, weil sich in den ersten drei Monaten danach niemand mehr angesteckt habe. Woher Drosten diese einmal sehr exklusive Meinung hat, dass sich nach der Impfung zu Beginn niemand mehr angesteckt habe, konnte das Interview leider nicht erhellen. Ebenso wenig wie die Behauptung, Omikron sei „nicht mild“ und die entsprechende Wahrnehmung sei der Impfung zu verdanken. Der Charité-Virologe verwies dazu auf das Beispiel Hongkong und dürfte sich damit auf wissenschaftlich sehr dünnes Eis begeben. Es erscheint fraglich, ob man eine chinesische Sonderverwaltungszone mit Stadtstaat-Charakter mit mitteleuropäischen Flächenländern vergleichen kann und sollte. Aber wenn die Zahlen ins Narrativ passen, dann scheint bei „guten Wissenschaftlern“ wie Christian Drosten jeder Vergleich zulässig und wird auch nicht weiter hinterfragt.

Und dann sagte der ewige Mahner und Warner noch zwei Sätze, an die wir ihn zu gegebener Zeit gerne erinnern werden: „Sars-CoV-3 wird es eh nicht geben. Gegen die Sars-Spezies ist die Menschheit jetzt immun.“ Denn erfahrungsgemäß ist es weniger die Frage, ob Christian Drosten wieder eine Pandemie mit massenhaft Toten vorhersagen wird, sondern vielmehr wann dies das nächste Mal der Fall sein wird.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: IMAGO / Sabine Gudath

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