Studie aus Israel belegt hohe Wirksamkeit von Antikörpern Neue Behandlung könnte Impfungen überflüssig machen

Von Kai Rebmann

Eine Studie aus Israel könnte im Kampf gegen das Coronavirus zu einem Meilenstein werden. Dr. Natalia Freund von der Universität Tel Aviv und die beiden Doktoranden Michael Mor und Ruofan Lee konnten zeigen, dass zwei bestimmte Antikörper eine sehr hohe Wirksamkeit gegen alle bisher bekannten Varianten des Coronavirus aufweisen. Laut den Forschern wird das Immunsystem durch diese Antikörper gestärkt, so dass ständige Auffrischungsimpfungen schon bald überflüssig werden könnten. Vor allem die vulnerablen Gruppen mit geschwächtem Immunsystem sollen von der Entdeckung profitieren, wie es aus Tel Aviv heißt.

Dr. Freund und ihr Team begannen bereits im Oktober 2020 mit ihrer Arbeit. Damals isolierten sie alle B-Zellen aus dem Blut von Probanden, die sich mit der ursprünglichen Coronavariante (Wuhan-Stamm) infiziert hatten und wieder genesen waren. Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler neun verschiedene Antikörper auf ihre Wirksamkeit. Dabei konnte festgestellt werden, dass die meisten Antikörper zunächst bei der Neutralisation der Delta-Variante und in der weiteren Folge auch der Omikron-Variante sehr vielversprechende Ergebnisse lieferten. Dr. Freund teilt dazu mit: „In der damaligen Studie konnten wir zeigen, dass sich die verschiedenen Antikörper, die als Reaktion auf die Infektion mit dem ursprünglichen Virus gebildet worden waren, gegen verschiedene Stellen des Virus richten. Die wirksamsten Antikörper waren diejenigen, die an das Spike-Protein des Virus andockten, also an genau der Stelle, mit der sich das Spike an den zellulären ACE2-Rezeptor bindet. Natürlich waren wir nicht die Einzigen, die diese Antikörper isoliert haben, und das globale Gesundheitssystem machte bis zum Aufkommen der verschiedenen Varianten des Coronavirus ausgiebigen Gebrauch davon, so dass diese Varianten sich an die meisten dieser Antikörper anpassen konnten.“

Revolution im Kampf gegen Corona

Die Arbeit mit den bisher sequenzierten Antikörpern hatte sich also als Sackgasse erwiesen. Einerseits nahmen die weltweiten Impfkampagnen immer mehr an Fahrt auf und nur die von handverlesenen Herstellern entwickelten Produkte wurden als Ausweg aus der Pandemie akzeptiert. Andererseits hatten sich die Delta- und Omikron-Varianten offensichtlich an die Wirkmechanismen der bisher untersuchten Antikörper angepasst. In einfachen Worten erklärt, beschreibt Dr. Freund damit das, was wir kennen, wenn Antibiotika zu häufig eingesetzt wird und die Bakterien, gegen die sie gerichtet sind, in der Folge Resistenzen entwickeln. Bei Corona geht es bekanntlich zwar um Viren, das Prinzip dahinter ist jedoch ein ähnliches. Die Forscher aus Israel gaben sich jedoch nicht geschlagen, sondern verfolgten stattdessen einen neuen Ansatz – und wurden schließlich dafür belohnt.

Natalia Freund beschreibt das Vorgehen so: „In der aktuellen Studie haben wir nachgewiesen, dass zwei weitere Antikörper, TAU-1109 und TAU-2310, die das virale Spike-Protein an einer anderen Stelle wie die meisten bisher untersuchten Antikörper binden, bei der Neutralisierung der Delta- und Omikron-Varianten sehr effektiv waren. Unseren Erkenntnissen zufolge liegt die Wirksamkeit des Antikörpers TAU-1109 bei der Neutralisierung der Omikron-Variante bei 92 Prozent und bei der Neutralisierung der Delta-Variante bei 90 Prozent. Der Antikörper TAU-2310 neutralisiert die Omicron-Variante mit einer Wirksamkeit von 84 Prozent und die Delta-Variante mit einer Wirksamkeit von 97 Prozent.“

Nach Einschätzung der Wissenschaftlerin könnte die Wende zum Guten ausgerechnet durch die Evolution des Virus eingeleitet worden sein. Dr. Freund: „Die Infektiosität des Virus nahm mit jeder Variante zu, weil es jedes Mal die Aminosäuresequenz des Teils des Spike-Proteins veränderte, welches sich an den ACE2-Rezeptor gebunden hat. Dadurch erhöht das Virus seine Infektiosität und entzieht sich gleichzeitig den natürlichen Antikörpern, die nach einer Impfung gebildet werden. Im Gegensatz dazu docken die Antikörper TAU-1109 und TAU-2310 nicht an der ACE2-Rezeptor-Bindungsstelle an, sondern an einer anderen Stelle des Spike-Proteins. In diesem Bereich des Virus-Spikes ist es bisher aus irgendeinem Grund kaum zu Mutationen gekommen. Daher sind diese beiden Antikörper bei der Neutralisierung aller bisher bekannten Varianten nach wie vor sehr wirksam. Diese Erkenntnisse wurden durch Tests an allen Virusstämmen bestätigt.“

Ergebnisse der Studie wurden von mehreren Universitäten verifiziert

Natalia Freund spricht im Zusammenhang mit den Ergebnissen der von ihr geleiteten Studie von einer Revolution im Kampf gegen Corona und erklärt auch warum: „Wir müssen die COVID-19-Pandemie im Kontext früherer Krankheitsausbrüche betrachten, die die Menschheit heimgesucht haben. Menschen, die bei der Geburt gegen Pocken geimpft wurden und heute 50 Jahre alt sind, haben immer noch Antikörper. Diese schützen sie wahrscheinlich zumindest teilweise vor den Affenpocken, von denen wir in letzter Zeit gehört haben. Leider ist das beim Coronavirus nicht der Fall. Aus Gründen, die wir immer noch nicht ganz verstehen, sinkt der Antikörperspiegel gegen COVID-19 nach drei Monaten deutlich ab, weshalb wir auch nach dreimaliger Impfung immer wieder Ansteckungen von Menschen sehen. Aus unserer Sicht kann die gezielte Behandlung mit Antikörpern in hohen Konzentrationen ein wirksamer Ersatz für wiederholte Auffrischimpfungen sein, insbesondere für Risikogruppen und Personen mit geschwächtem Immunsystem. Wir wissen, dass die Behandlung mit Antikörpern in den ersten Tagen nach der Infektion die Ausbreitung des Virus stoppen und damit schwere Verläufe verhindern kann. Es ist daher möglich, dass wir durch den Einsatz einer wirksamen Antikörperbehandlung nicht auf jede neue Variante mit Auffrischungsimpfungen für die gesamte Bevölkerung reagieren müssen.“

Den Gepflogenheiten seriöser Wissenschaft folgend, haben die Forscher aus Tel Aviv ihre Ergebnisse mehreren anderen Forschern zur Verfügung gestellt. An der University of California in San Diego wurde die Wirksamkeit der beiden Antikörper TAU-1109 und TAU-2310 in Laborkulturen an aktiven Viren getestet. Weitere Untersuchungen wurden an der Medizinischen Fakultät der Bar-Ilan-Universität in Galiläa durchgeführt. Die Ergebnisse waren in beiden Tests identisch und gleichermaßen ermutigend. Sowohl Dr. Ben Croker aus San Diego als auch Prof. Meital Gal-Tanamy und Dr. Moshe Dessau von der Bar-Ilan-Universität bezeichneten die Ergebnisse als „ermutigend“. Darüber hinaus wurde die Studie in der Fachzeitschrift „Communications Biology“ veröffentlicht.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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