Ein Gastbeitrag von Agathe Jakob*
Wutschrift aus der Anstalt
Ich kenne einen Redakteur, einen Kollegen von mir. Er ist ein Rädchen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, viele Jahre war er freier Mitarbeiter, inzwischen hat er eine lukrative Festanstellung. Ihm geht es wie einem überzeugten Sozialisten früher in der DDR: Tolle Idee, aber leider falsches System. Adornos berühmtester Satz lautet: Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Jetzt in der Pandemie ist der Redakteur meist im Homeoffice. Er pflegt seine Hobbys, statt wie früher im Büro so zu tun, als sei er beschäftigt. Und das dienstliche Selbstgespräch in der Selbstisolation macht ihm viel mehr Spaß als das rituelle Diskutieren im Konferenzraum. Da ist Corona schon ein Fortschritt.
Der Vergleich des ÖRR mit der DDR ist natürlich frivol. Es gibt keine Stasi und keine Mauer. Aber es gibt Funktionäre, also Leute, die wenig sind, wenig können, an nichts glauben. Sie bestimmen das System und bevormunden. Ähnlich wie in der DDR oder jeder aus dem Ruder gelaufenen Bürokratie. Und es gibt Flachbildschirme. Je länger man auf einen Flachbildschirm schaut, desto genauer erkennt man, was da draußen außerhalb der Anstalt vor sich geht. In langen Konferenzen bekräftigen die Redakteure diesen ihren Glauben, viel besser als alle anderen zu wissen, wie die Welt wirklich tickt. Und so bringen die das dann ins Programm.
Kontakte strikt vermeiden
Insbesondere für die Kollegen, die für das Internet oder das Radio arbeiten, ist es vollkommen normal geworden, den Kontakt zu Akteuren, Betroffenen oder Schauplätzen strikt zu vermeiden. Dadurch sparen sie die Mittel für Dienstreisen und das nennen sie dann Sparkurs und verantwortungsvoller Umgang mit Gebührengeldern. Klar, die Reporter dürfen noch raus, aber die in der Zentrale sorgen schon dafür, dass die Reporter nur das berichten, was drinnen für richtig gehalten wird. Schließlich haben die Redaktionen einen Informationsvorsprung dank ihrer Flachbildschirme und Selbstgespräche.
Das Wunderbare an Corona ist, dass die Pandemie dieses Berufsleben eigentlich gar nicht berührt. Bislang glaubten die Funktionäre, dass die Programmmitarbeiter ihrer Kontrolle entgleiten, wenn sie nicht ständig im Büro sind. Aber die individuelle Selbstisolation im Homeoffice funktioniert genauso gut wie die kollektive Selbstisolation in der Anstalt. Das mag daran liegen, dass der ÖRR seine Echokammern und Filterblasen schon perfektioniert hatte, bevor Facebook und Twitter anfingen, ihm darin Konkurrenz zu machen.
Die allermeisten enden als Journalistendarsteller!
Jede Kritik, jeder Appell, jede Drohung und jede Solidaritätsadresse, die an Journalisten im ÖRR gerichtet wird, verpufft wirkungslos, weil es kein richtiges Leben im falschen Berufsleben gibt. Ja, das Gehalt ist gut und ja, die Rente auch.
Tatsächlich will der Redakteur auch dafür etwas tun, aber es ist schwer bis unmöglich geworden, im ÖRR ein Journalist zu sein. Einigen wenigen gelingt es, aber die allermeisten enden als Journalistendarsteller. Was will man sonst auch machen, in einer Anstalt, die in Wahrheit ein potemkinsches Dorf ist? Eine „Kulissenstadt“. Außen hui und innen pfui!
„Wie können wir uns vernetzen und einen Gegenpol zum Verlautbarungsjournalismus bei Corona bilden oder zumindest zu mehr Kritikbereitschaft aufrufen“, fragt eine Kollegin aus einer öffentlich-rechtlichen Anstalt aus dem Süden. Die Frau ist ziemlich bekannt. Sie hat den Mut und den Glauben an ihren Berufsstand verloren. Sie erzählt, wie der Chef vom Dienst aus der Reportage über eine Anti Corona Demo alle Interviews entfernen ließ. „Coronakritische Stimmen finden bei uns kein Gehör“, habe er gesagt. Der Reporter wusste, auf was er in Zukunft zu verzichten hatte: auf Objektivität, auf das „Sagen-was-ist“. “Meine Verzweiflung über die unkritische Haltung der Medien wächst- von Tag zu Tag“, sagt die Kollegin.
Eine andere ARD-Kollegin vom Fernsehen aus dem Westen schreibt: „Um ganz ehrlich zu sein: Das Ganze macht mir ziemlich Angst. Ich habe sowas noch nicht erlebt. Gerade die Pharmaindustrie war ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit und bis vor zehn Jahren konnte man sich noch kritisch äußern. Jetzt ist es absolut tabu. Ich traue mich im Sender schon gar nicht mehr, meine Meinung offen zu sagen. Das ist schrecklich.“
Ran an die Fleischtöpfe!
Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind ein Sprungbrett für Regierungsberichterstatter an die Fleischtöpfe der gutdotierten Politjobs. Wer regierungstreu berichtet hat beste Aussichten auf einen vom Steuerzahler finanzierten Top-Job. Nicht nur bekannte Vertreter, wie Regierungssprecher Steffen Seibert, sind einer öffentlich-rechtlichen Anstalt entsprungen. Die erste und zweite Reihe der Sprecherposten ist überproportional mit ehemaligen Redakteuren von ARD oder ZDF besetzt. Von der Sprecherin des Familienministeriums bis zur Sprecherin des Bundespräsidenten. Bei manch einem Journalisten hat man daher in Ausübung seiner Redakteursposition bereits den Eindruck, er säße im Regierungsamt.
Aktuell neue Kandidaten für demnächst zu vergebende Positionen im neuen Regierungszirkus sind Tina Hassel und Rainald Becker. Die Kanzlerin hatte die ARD-Frontjournalisten ins Kanzleramt gebeten, um alte und neue Coronamaßnahmen zu verkünden. Die Journalisten haben brav genickt!
Offen bleibt die Frage: Warum sind sie der Einladung gefolgt? Sie hätten Frau Merkel auch einfach auf den Sender hieven können. Aber heute schon einen guten Eindruck für später hinterlassen und Nähe zu zeigen. Das kann den Job von morgen sichern.
Es ist so offensichtlich, dass es schon wieder amüsant ist. Nur zum Lachen ist es eigentlich nicht.
Was trifft, trifft auch zu, sagte der große Journalist Karl Kraus. Dass binnen kürzester Zeit heftige Attacken wegen des Insiderberichts aus ARD, ZDF & Co. kommen, zeigt, wie sehr der ins Schwarze traf. Und wie sich da einige ertappt fühlen. Danke für die indirekte Bestätigung! https://t.co/wIDO7HPLfr
— Boris Reitschuster (@reitschuster) February 4, 2021
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
*Die Autorin (m/w/d) ist selbst bei den Öffentlich-Rechtlichen, möchte anonym bleiben und schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: ARD/Mediathek/Screenshot
Text: Gast
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