Die Zerstörung des Gasnetzes auf Kosten der Bürger Die Energiewende gerät aus den Fugen

Ein Gastbeitrag von Fritz Vahrenholt

In einer Publikation von Jan Emblemsvåg von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim in der angesehenen Fachzeitschrift „International Journal of Sustainable Energy“ kommt dieser zum Ergebnis:

Wäre Deutschland 2002 bei der Kernenergie geblieben, hätte es 600 Milliarden Euro gespart und hätte ähnlich viel CO₂-freien Strom produziert wie mit all seinen erneuerbaren Energien. Axel Bojanowski schreibt in der Welt: „Hätte Deutschland ab 2002 gar zusätzlich in die Kernkraft investiert, wären seine Treibhausgas-Emissionen um rund 73 Prozent stärker reduziert worden – und das Land hätte dennoch 300 Milliarden Euro gespart im Vergleich zur Energiewende“.

Deutschland ist also durch die Energiewende bislang um 600 Milliarden Euro ärmer geworden, ohne dass diese Wende irgendeinen Nutzen gehabt hat. Der norwegische Energieexperte bestätigt insoweit die Bewertung des Bundesrechnungshofes: „Die Bundesregierung investiert Milliarden in den Klimaschutz, weiß aber nicht, wie erfolgreich ihre Investitionen sind und ob sie sich lohnen. Aber es wird noch schlimmer, wenn diese Politik nicht spätestens 2025 gestoppt wird. Das Beratungsunternehmen EY und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft beziffert die von 2023 bis 2035 zu tätigenden Investitionen mit schwindelerregenden 1214 Milliarden Euro“. 

Der Bundeswirtschaftsminister bewertet die Energiewende dagegen so: „Deutschland muss bei der Energiewende ins Risiko gehen“. Und weiter: Falls es nicht gut geht, müsse man „ein anderes Geschäftsmodell auflegen“. Das wird dann nicht das Geschäftsmodell eines Industrielandes sein.

Die Kostenspirale der Wind- und Solarenergie dreht sich immer schneller

Der August 2024 zeigt in dramatischer Weise die Absurdität des ungesteuerten weiteren Ausbaus von Wind-und Solarenergie. So reichten in den Mittagsstunden des Augusts Solar- und Windenergie aus, um den Bedarf an Strom zu decken. Daneben laufen aber auch noch die Wasserkraftwerke und auch immer konventionelle Kraftwerke, die aus Netzstabilisierungsgründen am Netz sein müssen, so dass der Strombedarf mittags häufig durch die Stromerzeugung überschritten würde, wenn nicht Anlagen abgestellt und trotzdem bezahlt würden oder der Strom ins Ausland verschenkt würde. Die Börsenpreise sinken gen Null.

Die Solar- und Windkraftbetreiber erhalten aber eine verbindlich zugesicherte Einspeisevergütung (Wind zur Zeit 7,35 €ct/kwh, Solardächer etwa 8-12 €ct/kwh), obwohl der erzeugte Solar – oder Windstrom den Wert Null hat oder sogar immer wieder unter Null fällt. Die Differenz zum Börsenpreis wird aus dem Bundeshaushalt entnommen. Im August macht die Summe der täglichen Zuzahlungen 1.640.069.048,60 € aus. 1,6 Milliarden € im August ergeben hochgerechnet aufs Jahr etwa 20 Milliarden €, 10 Milliarden € mehr als ursprünglich geplant. Wir erinnern uns: Die Koalitionsparteien konnten sich nicht auf einen ausgeglichenen Haushalt 2025 einigen. Eine 12 Milliarden €–Lücke ist nicht durch Einnahmen gedeckt. An die Streichung der EEG- Steuergeschenke dachte bei der Ampel wohl niemand.

 

Es zeigt sich aber auch, wie wenig sinnvoll der Versuch des Wirtschaftsministers und seiner Bundesnetzagentur ist, durch Veränderung der Netzgebühr, die Güterproduktion in Deutschland in die Zeiten zu verlagern, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Natürlich wird diese Veränderung der Netzgebühren die kontinuierliche Güterproduktion in Deutschland benachteiligen und aus dem Land treiben. Ausführlich ist das in meinem letzten Newsletter beschrieben worden.

Der eigentliche Skandal aber ist, dass diese Veränderung der Netzgebühren mit diesen weitreichenden Folgen nicht durch den Deutschen Bundestag diskutiert und entschieden wird. Diese intransparente Politik wurde schon einmal bei der Veränderung der Gasnetzgebühren praktiziert, die ab Januar 2025 erhöht werden können.

Zur Zerstörung der Gasnetze sollen die Bürger ab 2025 zur Kasse gebeten werden

Man mag es kaum glauben. Still und heimlich hat die Bundesnetzagentur unter der Führung des Grünen Klaus Müller beschlossen, dass die Gasnetzbetreiber ab 1.1.2025 die Gasnetzgebühren erhöhen können und zwar um satte 20 bis 40 Prozent. Der Grund ist hanebüchen. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass ja durch das Klimaschutzgesetz ab 2045 in Deutschland kein CO2 mehr ausgestoßen werden dürfe und somit ab 2045 auch keine Gasheizungen mehr betrieben werden dürfen und demzufolge bis 2045 die Gasnetze in Deutschland stillzulegen sind.

Das sind nur noch zwanzig Jahre und daher sind viele Gasleitungen mit einer betriebswirtschaftlichen Lebensdauer von 50 Jahren im Jahre 2045 noch nicht voll abgeschrieben. Daher erlaubt die Bundesnetzagentur den Gasnetzbetreibern eine erhöhte Abschreibung bis zu 12 Prozent und eine Verkürzung der Restabschreibungszeit auf 20 Jahre und weniger. Das führt zu einer Erhöhung der Abschreibungskosten, so dass selbst die Bundesnetzagentur von einer Erhöhung der Gasnetzgebühren von 20 Prozent ausgeht, Experten rechnen mit bis zu 40 %. Weder das Parlament noch die Bürger sind gefragt worden, ob sie wirklich wollen, dass im Jahre 2045 alle Gasnetze in Deutschland stillgelegt oder herausgerissen worden sind. Wir reden über 550.000 Kilometer Gasleitungen in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen mit einem Wert von 270  Milliarden Euro.

Die Erhöhung kann man auch unter das Motto fassen: Wie verderben wir den Bürgern ihren Spaß an der eigenen Gasheizung? Indem wir die Gasnutzung teuer machen, dann wird die ungeliebte Wärmepumpe doch noch akzeptiert. Noch in den letzten 10 Jahren stiegen die Investititonen für Gasleitungen insbesondere in den neuen Bundesländern von etwa 1 Milliarde  auf 1,5 Milliarden Euro pro Jahr und nun sollen auch diese funkelnagelneuen Leitungen in 20 Jahren verschrottet werden.

Ein ganz besonderes Schmankerl hat die Bundesnetzagentur für die Städte, die besonders grün sein wollten und sich ein früheres Ausstiegsdatum aus Öl, Gas und Kohle gewünscht haben. Städte, die bis 2035 aussteigen wollen, können die Bürger verstärkt bis 2035 mit einer höheren Gasnetzgebühr zur Kasse bitten. Das sind die Städte Augsburg, Stuttgart, Bonn, Oldenburg, Krefeld, München, Frankfurt, Dortmund, Dresden. Auch die Bürger von Mannheim, Münster und Aachen, die schon in fünf Jahren aussteigen wollen, kommen in den „Genuss“ der besonders starken Gebührenanhebung. Ab 15. Oktober 2024 dürfen die Gasnetzbetreiber ihre Anhebungen für 2025 bekannt geben.

Die Gasnetzentgelte betrugen 2023 durchschnittlich 1,89 €ct/kwh. Bei einer 20%-igen Erhöhung kommen auf Haushalte und Gewerbe (ohne Industrie), die 477 Milliarden kwh Gas verbrauchen, Kosten von zusätzlich 1,8 Milliarden Euro pro Jahr hinzu.

Viel bedeutsamer ist aber die Berücksichtigung der Kosten, die zum Ersatz des Gasnetzes durch ein Ausbau des Stromnetzes und der Endanwendungsgeräte entstehen. Es sind 268 Milliarden €, wie die VNG aus Leipzig, einer der größten Gashändler Deutschlands in der Studie  „Der Wert der Gasinfrastruktur für die Energiewende“ berechnet hat.

Vor 3 Jahren kündigte der geschasste Staatssekretär Graichen die Stilllegung der Gasleitungen an. Kaum jemand nahm diese Aussage ernst. In der Regierungszeit von SPD,Grünen und FDP ist die Idee umgesetzt worden.

Wie kommen wir aus dem Irrweg heraus ?

Eine neue Bundesregierung muss als erstes das CO2-Verminderungsziel für 2045 in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen neu definieren. Dort heißt es: „Die Vertragsparteien sind bestrebt… in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken … herzustellen ( Artikel 4 des Pariser Abkommens)“.

Erstens bedeutet „Die zweite Hälfte “ nicht 2045. Zweitens werden mittlerweile weltweit mehr als die Hälfte der jährlichen CO2-Emissionen von Pflanzen und Ozeanen (Senken im Pariser Abkommen) aufgenommen. Netto-Null heißt also allerhöchstens Halbierung der Emissionen. Und das kann man sogar dem Bundesverfassungsgericht vorrechnen. Damit werden viele der übergriffigen Verbote wie Heizungsverbot, Verbrennerverbot, Kraftwerksverbot obsolet. Nur auf diesem Wege wird Deutschland eine gute Zukunft haben.

Dieser Text entstammt Fritz Vahrenholts monatlichem Rundbrief den Sie hier abonnieren können. Dort finden Sie auch weitere interessante Quellen und Grafiken.

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Fritz Vahrenholt ist Honorarprofessor an der Universität Hamburg im Fachbereich Chemie und war bis 1997 Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Von 1998 bis 2013 war er in Vorstandsfunktionen im Bereich der Erneuerbaren Energien bei der Deutschen Shell AG, der Repower Systems AG und der RWE Innogy. Der Sozialdemokrat war bis Ende 2019 Alleinvorstand der Deutschen Wildtier-Stiftung. Seine Bücher finden Sie hier.

Bild: Shutterstock
 

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