Eckart von Hirschhausen: Lustiger TV-Doktor als Impfexperte und Wissenschaftsjournalist Neue Aufgabe für den omnipräsenten Unterhalter

Von Christian Euler

Vorgestern am Bismarckplatz in Heidelberg. Beim Warten auf die Straßenbahn grinst Eckart Axel von Hirschhausen von einem riesigen Plakat, das sich über zweieinhalb Etagen des Galeria Kaufhof-Gebäudes erstreckt. Der Kabarettist, Zauberkünstler, Schriftsteller und Klimaschutzaktivist in Personalunion macht Werbung für die Internet-Seite „Fact News – Gemeinsam für guten Journalismus über Wissenschaft.“

Die Initiative möchte sich für einen „evidenzbasierten Journalismus über Wissenschaft“ stark machen: „Wir sind überzeugt, dass nur eine unabhängige Einordnung von wissenschaftlichem Wissen durch guten Journalismus Vertrauen schafft. Deshalb regen wir Forschende an, mit ihrer Expertise öffentliche Diskurse zu bereichern und stärken guten Journalismus über Wissenschaft in den Medien.“ Zu den Protagonisten der Aktion zählen u.a. der Charité-Virologe Christian Drosten, die Hamburger Internistin Marylin Addo, die Medizinethikerin Alena Buyx – und eben Eckart von Hirschhausen.

'Guter Journalismus über Wissenschaft'

Hirschhausen geriert sich allzu gern als Impfstoffexperte – auch wenn sein Medizinstudium Jahrzehnte zurückliegt und er nie geforscht hat. Auch die Praxis eines Allgemeinmediziners könne er nicht so eben mal übernehmen, bekannte er im Juni 2017 gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dies scheint die Initiative „Fact News – Gemeinsam für guten Journalismus über Wissenschaft“ indes nicht davon abzuhalten, ihn zum Aushängeschild ihrer Aktion zu machen.

Ein Grund dafür könnte sein, dass Hirschhausen nicht nur als TV-Arzt und Moderator weithin geschätzt wird und ein Aufbaustudium im Fachbereich Wissenschaftsjournalismus absolviert hat, sondern vielmehr, dass er eindeutig Position zum Impfen bezieht: „Wer sich nicht impfen lässt, ist ein asozialer Trittbrettfahrer“, schrieb er Ende April 2018 in einem Kommentar für die „Welt“, den der NDR so zu nutzen wusste:

Ob eine eher moralisierende Argumentation aus einer ideologischen Warte heraus im Sinne der Initiative „Fact News“ ist, erscheint zweifelhaft. Eine „unabhängige Einordnung von wissenschaftlichem Wissen, die durch guten Journalismus Vertrauen schafft“, sieht anders aus. Überdies mangelt es an Objektivität, die gerade bei einem Thema, das die Gesellschaft zu spalten droht, unabdingbar wäre.

„Lassen wir uns nicht länger von einigen ideologisch verbohrten Gegnern verunsichern: Impfungen gegen ansteckende Krankheiten haben mehr Kinderleben gerettet als jeder andere medizinische Eingriff“, lautete stattdessen Hirschhausens Botschaft gleich zu Beginn seines Kommentars in der „Welt“. Es folgen einige Absätze, warum Impfungen in seinen Augen ein Segen für die Menschheit sind.

Impfung als segensreiche Erfindung

Um seine uneingeschränkte Impfaffinität zu unterstreichen, ließ sich der Moderator im Anfang Februar ausgestrahlten WDR-Film „Hirschhausen als Impfproband“ mit dem noch nicht zugelassenen Vakzin des Tübinger Herstellers CureVac impfen. Allerdings wusste er nicht, ob er wirklich den Impfstoff bekam oder nur, als Teil der Prüfgruppe, ein Placebo. Auch hier seine Botschaft: Die Impfung sei eine „segensreiche Erfindung, die wir uns von der Natur abgeguckt haben“.

Auf meine in einer E-Mail am 10. Februar übermittelte Frage, warum weder der Staat noch die Impfstoffhersteller die Haftung für mögliche Nebenwirkungen übernehmen wollen, ist Hirschhausen bis heute nicht eingegangen. Anders in diesem Fall, wo eine der Redaktion bekannte Heilpraktikerin für Psychotherapie wissen wollte: „Sind Sie ein asozialer Trittbrettfahrer, der sich an der Not unzähliger Menschen bereichert hat und sich für diese Werbekampagne ein richtig gutes Honorar auszahlen ließ?“ Hier sah die Antwort so aus:

Hirschhausen bezeichnet demnach offenbar nur diejenigen als „asoziale Trittbrettfahrer“, die sich nicht gegen Masern impfen lassen. Offen lässt er hingegen, in welche Kategorie er die Kritiker gegen die Corona-Impfung einordnet.

Kurios: Als immer freundlich lächelnder TV-Arzt befindet sich Hirschhausen neben einem Bankkaufmann, Tierarzt und einer Physikerin in guter Gesellschaft, die die Bevölkerung mit Blick auf das äußerst umstrittene Thema Impfung belehrt.

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Dipl.-Volkswirt Christian Euler widmet sich seit 1998 intensiv dem Finanz- und Wirtschaftsjournalismus. Nach Stationen bei Börse Online in München und als Korrespondent beim „Focus“ in Frankfurt schreibt er seit 2006 als Investment Writer und freier Autor u.a. für die „Welt“-Gruppe, Cash und den Wiener Börsen-Kurier.
Bild: Michael Panse/flickr.com/CC BY-ND 2.0
Text: ce
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