Ein Gastbeitrag von Alexander Wallasch
Wer noch einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass diese Bundesregierung auch geistig-moralisch bankrott ist, der bekommt ihn jetzt mit einer staatlich subventionierten Studie geliefert, die auf besondere Weise empörend ist.
Fangen wir am Ende an und folgen dabei der Dramaturgie der Tagesschau, welche besagte Studie gerade vorgestellt hat, die sich damit beschäftigt haben will, welchen Eindruck Deutschland und die Deutschen in anderen Ländern vermittelt haben. Dieser Frage nämlich will das Goethe-Institut gemeinsam mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) nachgegangen sein.
Am Ende dieses Tagesschauberichtes steht – kein Witz – eine Danksagung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wer in den letzten Jahren die inflationäre Menge an die Politik der Bundesregierung positiv begleitenden Studien diverser staatlich subventionierter politischer Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen gelesen hat, weiß um den rasanten Niedergang solcher Arbeiten, die vielfach bis ins Detail jedwede ernstzunehmende Wissenschaftlichkeit aufgegeben haben.
Diese jetzt vorliegende Arbeit allerdings darf getrost als die Mutter aller Schlachten in diesem dreckigen Studiengeschäft verstanden werden: Die Danksagung der Bundeskanzlerin also 1:1, wie sie sich das Zwangsgebührenfernsehen auf dem Schnittchenteller als Finale für den blöden Michel zurechtgelegt hat:
„In einer Videobotschaft dankte Bundeskanzlerin Angela Merkel den für die Studie verantwortlichen Instituten und Organisationen für ihr Engagement. Die Erhebung habe viele positive Aspekte in der Wahrnehmung Deutschlands aufgezeigt, aber auch die kritischen Punkte müssen ‚Ansporn‘ sein, ‚an Verbesserungen zu arbeiten‘.“
Worum geht es? Die GIZ ist im Auftrag verschiedener Bundesministerien tätig, das Goethe-Institut wird überwiegend aus dem Bundeshaushalt finanziert und auch der DAAD wird zum größten Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert. Die Bundesregierung bekommt hier also eine Arbeit geliefert, die sie selbst – oder präziser: der Steuerzahler – bezahlt hat. Und wenn wir gleich zum Inhalt kommen, werden Sie feststellen, dass die Bundesregierung es sich nicht besser hätte wünschen können, der Dank der scheidenden Bundeskanzlerin war also berechtigt.
Was denkt das Ausland über uns und in welcher Großtat wurde dies für die „Außenblick“ genannte Studie ermittelt?
In 37 Ländern will man 620 Menschen befragt haben. Also ungefähr sechzehn bis siebzehn Personen pro Land. Man hält es daher nicht einmal im Ansatz für notwendig, auf irgendeine Weise repräsentativ sein.
Diese deutschen Institute vor Ort haben Menschen ausgewählt, die „über langjährige Erfahrungen mit dem Leben in Deutschland verfügen“. Jetzt kann man sich hier schon mal lebhaft vorstellen, was man sich da im Umfeld dieser faktischen Regierungsorganisationen für Haltungen eingeholt hat, wie die Milch vom Krämer und man wird – wir kommen gleich dazu – nicht enttäuscht werden: cremig, euterwarm und mit Sahne für die beste Regierung im besten Deutschland aller Zeiten obendrauf.
Abgrundtief peinlich
Ach so: Weil das alles nicht nur dünn, sondern abgrundtief peinlich ist in seiner Durchschaubarkeit, wurden noch „weiterführende Interviews“ geführt. Wie viele? 1000? 2000? Oder mehr? Nein, in 24 Ländern wurden 48 Interviews geführt, also in jedem Land durchschnittlich zwei. Bitte nicht vergessen, wir befinden uns hier auf einem Studien-Terrain, das den Anschein von Wissenschaftlichkeit wahren will.
Aber noch wissen wir ja gar nicht, was diese Institute und ihre Befragten sich da selbst zusammeninterviewt haben: Es geht um nicht weniger, als darum, diesem freigiebigen, diesem so viele Migranten aufnehmenden Land, diesem Deutschland, dass nun auch noch weltweit erster Klimawandel-Kammerjäger sein will, mitzuteilen: Es reicht leider nicht! Ihr seid Versager, wenn ihr Euch eure Daumenschrauben selbst nicht noch kräftiger anzieht, den Gürtel nicht noch enger schnallt, als ihr es eh schon macht: Die Welt ist nicht zufrieden mit diesem Deutschland und seinen Eingeborenen!
Die Tagesschau hat für die Deutschen zusammengeschnürt, wie schlimm die Welt unser Land findet. Eine Erklärung, warum dennoch so viele hierherkommen wollen, wird leider nicht mitgeliefert.
Was haben die „Befragten“ gesagt? Na klar: „Populismus und extremistische Tendenzen würden in Deutschland zunehmen.“ Einige der Interviewten hätten angegeben, sie hätten sich während ihrer Aufenthalte in der Bundesrepublik weniger willkommen geheißen gefühlt, sie wären sogar teils diskriminiert worden!
Woran das gelegen hätte? „Ihnen sei mit weniger Toleranz und Freundlichkeit begegnet worden.“
Zwischenbemerkung: Möglicherweise tut man der Regierung an der Stelle sogar unrecht und das Ganze ist ein abgekartetes Spiel: Möglicherweise ging es darum, dieses Deutschland 2021 so schlecht zu machen, dass niemand mehr kommen mag? Ironie off.
Die Befragten in so und so vielen Ländern haben in Deutschland eine fiese soziale Spaltung entdeckt. Auch gäbe es Sorgen um Arbeitsplatzverluste. Der schönste Moment in der Chronologie der Studie, wie sie die Tagesschau vorstellt: Deutschland tue sich „nach wie vor schwer, eine eigene Identität zu finden. In dieser Hinsicht sei das Land ‚zerrissen‘, heißt es in der Studie.“
Standhaft bleiben – sagen, was aufregt!
Wahrscheinlich ist das der seltene wahrhaftige Moment der Studie. Dass diese Zerrissenheit allerdings seit Jahren genau auf dem Boden solcher Studien wächst und gedeiht, kommt diesen staatlich-subventionierten Machern der Studie gar nicht in den Sinn.
Der Wunsch der Kanzlerin und – machen wir es gleich ganz fett: – der Wunsch auch der UN-Flucht- und Migrationspläne ist zufällig auch der Wunsch der Befragten:
Sie „äußerten die Hoffnung, dass sich Deutschland mehr zu einem offenen Land mit offenen Herzen“ entwickelt. „Deutschland sollte anderen Kulturen und Diversität mit offenen Armen begegnen“, zitierte die Studie die Aussagen der Umfrageteilnehmer.
Alles merkwürdig passend zu Merkels Agenda
Ist das nicht eine zum Weinen schöne Übereinstimmung und jedes Dankeschön unserer scheidenden Großfrau wert?
Weiter geht’s: Die Demokratie und das politische System sei schon lobenswert in Deutschland – natürlich. Also auch kein Verständnis für die Mahner im Land, für diejenigen, welche die Arbeit unserer großen Mutter für diese demokratische Bundesrepublik immer so mies machen.
Und wie kann man dem Michel klar machen, dass jetzt alles noch teurer wird? „Als internationaler Gesprächspartner wird der Bundesrepublik eine hohe Glaubwürdigkeit zugesprochen. Daher müsse Deutschland international Verantwortung übernehmen und für ein starkes Europa eintreten.“
Fehlender Nachsatz: Ähm, das kostet natürlich, aber wenn es 15 Befragte und eins, zwei Interviewte in aller Herren Länder doch so wollen?
Klimaschutz? Logisch, auch nicht perfekt: Nachholbedarf sehen die Befragten beim Klimaschutz. Deshalb müsse Deutschland gerade im Kampf gegen den Klimawandel eine Vorreiterrolle einnehmen.
Wirklich, das steht da alles so. Das war es, was sich die Studienmacher stellvertretend für die große Unaussprechliche von ihrem Zwangsgebührenfernsehen gewünscht haben und die Tagesschau hat brav abgeliefert.
Und weil es so schön war: Die Pandemie war auch toll gemanagt von der Kanzlerin. Ein „effizientes Handeln“ wird ihr in der Studie bescheinigt.
Halten sie sich fest, jetzt explodiert etwas, da gab es bei den Machern der Studie kein Halten mehr: Alles soll so gut gelaufen sein mit der Pandemie, bis die Störer kamen: „Im weiteren Verlauf jedoch sehen sie immer weniger Disziplin in der Bevölkerung und Probleme bei der Beschaffung, Logistik und Organisation der Impfkampagne“, schreibt Tageschau.de.
Dann folgt der eingangs schon berichtete Dank der Bundeskanzlerin in einer Videobotschaft! Und mahnend flutschte ein Du-Du-Finger aus der heiligen Raute heraus: Die kritischen Punkte müssten jetzt aber „Ansporn“ sein, „an Verbesserungen zu arbeiten“.
Was für eine fantastische DDR-Revival-Party feat. aller Herren Länder. Wie soll man so etwas bloß noch toppen? Eigentlich nur mit einem Wahlergebnis von 97,9 Prozent für Merkels Mann und diese grüne Abschreiberin im September – aber könnte die Auswertung der Briefwahlen so erfolgreich sein? Warum denn nicht? Man muss doch nur wollen!
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig für Szene-Magazine Kolumnen. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Volkswagen tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“
Bild: Screenshot/Youtube/Markus Lanz/ZDFText: Gast