Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, war eine der regelmäßigen Warnungen meiner Großmutter, die zwei Weltkriege überlebt hatte, wenn ich mich über etwas besonders freute. Damals wirkte das auf mich wie Spielverderberei. Erst viele, viele Jahre nach ihrem Tod wurde mir klar, dass sie eine weise Frau war. Und recht hatte.
Heute musste ich wieder an sie denken, als ich folgende Schlagzeile las: „Einladung war ein Fehler – Familienunternehmer machen Rückzieher bei AfD-Umgang – CDU und SPD loben „Stopp des Irrwegs“.
Dabei habe ich gerade erst heute vor einer Woche hier einen Artikel mit folgender Überschrift veröffentlicht: „Gefahr für rot-grünes Machtkartell: Neue Risse in der Brandmauer – Wirtschaftsverbände stellen das große AfD-Tabu infrage“. Gott sei Dank war ich vorsichtig genug, dort zu schreiben: „Ja, das ist nur ein winziges Schwälbchen – in einem Schwarm von Falken.“
Und die Falken haben zugeschlagen. So heftig, so massiv, dass die Präsidentin des Familienunternehmer-Verbands Marie-Christine Ostermann jetzt den Kniefall machte. Die Einladung von AfD-Abgeordneten zu einem Parlamentarischen Abend habe sich als „Fehler“ herausgestellt, sagte sie am Sonntagabend kleinlaut nach Gremiensitzungen: „Wir müssen andere Wege der Auseinandersetzung finden, wie wir der AfD kritisch begegnen und gleichzeitig deutlich machen können, wofür wir stehen“, fügte sie hinzu.
Zuvor war der Druck riesig geworden – Rossmann, Vorwerk und Fritz-Cola erklärten aus Protest den Austritt aus dem Verband, die „Deutsche Bank“ warf ihn aus ihren Räumlichkeiten. Der ganze Bannstrahl der rot-grünen Inquisition traf Ostermann – aus allen Rohren schoss der rot-grüne polit-mediale Komplex auf die Verbandschefin.
Jetzt, nachdem sie brav Männchen machte, bekommt sie Lob von CDU und SPD.
Der Aufschrei und der Druck waren so groß, weil die „Brandmauer“ der heilige Gral ist, mit dem die rot-grünen Kräfte ihre Hegemonie in unserem Land sichern: Nur dank der Diabolisierung der AfD ist sichergestellt, dass die nicht-linke Mehrheit in den Parlamenten eine Regierung bildet und dass immer eine rot-grüne Partei mit an der Macht ist und eine bürgerliche Politik und ein Stopp des Marsches Richtung Utopia verhindert.
Der Fall Ostermann ist kein Einzelfall. Er ist ein Prototyp. Ein Muster, das sich längst durchzieht – vom CDU-Sommerfest beim Nius-Finanzierer über abgesagte Veranstaltungen bis hin zu gecancelten Konten. Erst gibt es einen kleinen Ausbruch aus dem Meinungskäfig – dann setzt die Maschinerie ein: mediale Entrüstung, empörte NGO-Statements, Distanzierungen von Konzernen, Rückzieher der Betroffenen. Und am Ende: Ein Kniefall. Öffentlichkeitswirksam. Mao hätte seine Freude gehabt – denn er prägte den Satz: Bestrafe einen, erziehe Hunderte. Nur dass es heute dank moderner Medien Millionen sind.
So funktioniert Einschüchterung im 21. Jahrhundert. Nicht mit Zensurbehörde, sondern mit Empörungsketten. Nicht mit Berufsverboten, sondern mit moralischer Erpressung. Und der Preis? Ist jedes Mal derselbe: Der ohnehin schon minimale Diskurskorridor wird noch ein Stückchen enger.
Was geradezu tragikomisch ist: Der für die Bürgerlichen wie Ostermann so typisch feige Kniefall nützt ihnen gar nicht. Die rot-grünen Inquisitoren danken ihn nicht. Sie verzeihen nicht, sie verachten Reue.
Es ist ein Teufelskreislauf: Solche Kniefälle bestätigen die rot-grüne Meinungshegemonie – und festigen damit die Rechte (und ich nutze den Begriff hier im eigentlichen Sinn, nicht im deformierten, diffamierenden, der heute üblich ist), ermutigen die radikalen linken Kräfte, so weiterzumachen wie bisher, und sorgen für Angst und Duckmäusertum in der politischen Mitte.
Diese Entwicklung ist fatal. Sie hat jede echte politische Auseinandersetzung in der Republik erstarren lassen. Sie wurde durch rituelle Abgrenzung ersetzt. Das Ganze erinnert an finstere Zeiten, an Glaubensstaaten. Es wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch etikettiert.
Das Grundprinzip echter Demokratie – das Gespräch mit dem politischen Gegner – wurde ersetzt durch ein Prinzip der politischen Haltung und moralischen Säuberung. Die neue „Haltung“ heißt: Wer nicht brav vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem rot-grünen, totalitären Zeitgeist übt, wird exkommuniziert. Diese ständig vorhandene Drohung sorgt dafür, dass weite Teile der Wirtschaft, der Union und der FDP brav Männchen machen. Sie füttern das Krokodil, die rot-grünen Meinungswärter, in der Hoffnung, dass es sie zuletzt frisst.
Ich wollte schreiben: „Gerade die Wirtschaft sollte wissen, wohin das führt. Wer in solchen Momenten einknickt, verliert nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern sägt am eigenen Ast. Denn die politische Macht, der sie sich unterwirft, ist dieselbe, die sie mit Bürokratie, Energiepreisen, Fachkräftemangel und Steuerlast stranguliert.“
Aber die Hoffnung, dass die Unternehmer das kapieren, ist wohl naiv. Schon Ur-Kommunist Lenin machte sich lustig über die feigen, dummen Kapitalisten und sagte treffend voraus, dass diese den Kommunisten noch die Stricke verkaufen würden, mit denen sie sie aufhängen.
Lenin hatte recht. Auch weit über seinen Tod hinaus.
Dass ausgerechnet Unternehmen wie Rossmann, Vorwerk oder Fritz-Kola jetzt die Tugendwächter geben, ist bezeichnend: Einige leben von Staatsnähe, andere von linkem Image – und alle scheinen zu glauben, sie könnten sich mit ideologischer Gefolgschaft freikaufen.
Lieber untergehen – aber woke.
Was bleibt, ist das Bild eines Verbandes, der lieber die Demokratie und seine Mitglieder verrät, als standhaft zu bleiben und einen Shitstorm von links auszuhalten. Und einer Gesellschaft, in der das üblich geworden ist. In der Pseudo-Moral über Vernunft steht, Pseudo-Haltung über Freiheit und Dauer-Empörung über Argumenten.
Man muss kein Fan der AfD sein. Man darf sie scharf kritisieren, ja man soll es – wie jede andere Partei auch. Aber wer sich fürchtet, mit AfD-Politikern auch nur im selben Raum zu sitzen, wer jede Einladung, jedes Gespräch, jede Debatte gleichsetzt mit Zustimmung, wer mit Gewalt verhindern will, dass sich die AfD-Mitglieder zu Veranstaltungen treffen wie dieses Wochenende wieder in Gießen, der hat das Prinzip von Demokratie nicht mal im Ansatz verstanden. Der zelebriert ein totalitäres Denken unter dem Deckmantel von Demokratie und missbraucht diesen Begriff.
Die Geschichte zeigt: Wer dem Druck nachgibt wie Ostermann, verliert mehr als sein Gesicht – er verliert seine Freiheit. Und wer glaubt, die Brandmauer diene der Demokratie, der hat nicht verstanden, wie autoritäre Systeme entstehen: Nicht durch ein paar Radikale – sondern durch die Masse, die aus Angst schweigt, kuscht oder sich einredet, es ginge ja um das Gute. Demokratie stirbt nicht mit einem Knall. Sondern mit tausend kleinen Rückziehern.
Es bräuchte gar keine Revolution. Gar keine Massenbewegung. Es würde schon reichen, wenn ein paar wenige in wichtigen Positionen den Mut haben, nicht mehr mitzulaufen. Nicht jeder muss kämpfen – aber ein paar müssen stehen bleiben und aufhören, mit zu marschieren. Keiner kommt heute mehr dafür in ein Lager, keiner wird dafür umgebracht. Umso verstörender ist die massive Feigheit. Das Tragische, das Bittere, das Unverzeihliche: Früher brauchte es Stiefel und Gewehre.
Heute reicht ein Hashtag.
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