Ergebnis unpassend – Rumänien annulliert einfach die Wahl Präzedenzfall für Deutschland? Verfassungsgericht setzt Wählerwillen aus

Angela Merkel dürfte diebische Freude daran haben: Das Verfassungsgericht in Rumänien hat die Präsidentschaftswahlen für ungültig erklärt – wegen einer angeblichen russischen Einflussnahme auf den Wahlkampf. Eigentlich sollte an diesem Sonntag die Stichwahl stattfinden – doch die ist nun abgesagt. Die erste Runde hatte eine riesige Überraschung gebracht: Rechtsaußen-Kandidat Calin Georgescu hat sie mit 22,94 Prozent gewonnen. In der Stichwahl sollte er gegen die liberale Elena Lasconi kommen. Sie erhielt 19,18 Prozent der Stimmen. Der aktuelle Ministerpräsident Rumäniens, Marcel Ciolacu, galt eigentlich als Favorit, scheiterte aber kläglich.

Während es nach dem ersten Wahlgang am 24. November noch hieß, es habe keine ausländische Einmischung gegeben, ist nun das Gegenteil die offizielle Version. Neue Geheimdienstunterlagen würden belegen, dass mit russischer Hilfe eine massive Wahlkampagne für Georgescu auf TikTok gefahren worden sei. Noch am Donnerstagabend hatten die Richter alle Anträge zur Annullierung abgelehnt. Am Freitag entschieden sie sich dann aber umgekehrt.

„Der rumänische Inlandgeheimdienst identifizierte 25.000 Konten auf TikTok, die Teil einer Kampagne zugunsten von Georgescu waren. Die Profile existierten teilweise schon lange, wurden aber erst zwei Wochen vor dem Wahltag richtig aktiv“, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“. Ob Georgescu bei der Wahlwiederholung wieder antreten darf, ist unklar. Ebenso wie die Zuverlässigkeit von Medienberichten, wonach ihm sogar eine Festnahme drohen soll.

Bereits vor dem ersten Wahlgang verbot das Verfassungsgericht eine prominente Kandidatin: Diana Șoșoacă, bekannt für ihre EU- und NATO-kritischen Positionen, wurde wegen vermeintlich „verfassungsfeindlicher Äußerungen“ von der Wahl ausgeschlossen. Diese Entscheidung sorgte bereits im Vorfeld für massive Proteste und Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz.

Ob all das zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Zudem bin ich kein Rumänien-Experte und wage mir auch kein Urteil über die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts an. Weswegen ich mich auch an Spekulationen darüber, was hinter den Kulissen vorgefallen ist, nicht beteiligen möchte und kann.

Aber eines scheint mir völlig klar: Hier hat faktisch eine Art Staatsstreich gegen die Wähler stattgefunden. So wie Angela Merkel damals aus dem fernen Südafrika die Wahl von FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten von Thüringen für „unverzeihlich“ erklärte und damit eine Rückgängigmachung quasi anordnete, so tat es jetzt das rumänische Verfassungsgericht – mit Millionen Wählern.

Ein gefährlicher Präzedenzfall

Dieser Vorgang ist brandgefährlich, weil er einen Präzedenzfall schafft, der weit über Rumänien hinaus Signalwirkung haben könnte. Wenn ein Wahlergebnis nicht passt, wird einfach eine nebulöse ausländische Einflussnahme ins Spiel gebracht, um den Willen der Wähler zu delegitimieren. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun, sondern erinnert an autoritäre Systeme, in denen Wahlen nur dann akzeptiert werden, wenn sie den gewünschten Ausgang bringen.

Dabei ist allein die Tatsache, dass nur rund jeder fünfte Wähler Georgescu wählte, ein Beleg dafür, dass der vermeintliche russische Einfluss nicht so gigantisch war, wie es jetzt dargestellt wird. Millionen Menschen wurden ihre Stimmen genommen, weil das Ergebnis einigen Eliten offenbar nicht genehm war.

Die Loslösung der Eliten von den Wählern

Dieser Vorgang reiht sich ein in eine gefährliche Entwicklung, die wir zunehmend auch in anderen Ländern beobachten können, darunter Deutschland. Bundestagsabgeordnete wie Marco Wanderwitz fordern offen ein Verbot der AfD, einer Partei, die von Millionen Menschen gewählt wird. Solche Forderungen und die Annullierung von Wahlen wie in Rumänien sind Symptome eines erschreckenden Trends: Eine politische und gesellschaftliche Elite, die sich immer mehr von der Realität und den Wünschen der Bevölkerung entfernt, glaubt, sie könne bestimmen, was „richtige“ oder „zulässige“ Wahlen und Entscheidungen sind.

Berthold Brecht brachte dieses Verhältnis in einem legendären Gedicht zum Ausdruck, das er nach dem Arbeiteraufstand in der DDR 1953 schrieb: „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ Ein bitterer Kommentar zur Realität einer Diktatur – und ein verstörend aktuelles Bild für Entwicklungen, die wir heute in Demokratien beobachten.

Das Ende der Demokratie?

Demokratie lebt davon, dass Wahlergebnisse akzeptiert werden – auch dann, wenn sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Wird dieses Prinzip aufgegeben, ist der Weg in die Diktatur geebnet. Es ist bezeichnend, dass jene, die angeblich Demokratie und Freiheit verteidigen wollen, genau diese Prinzipien aufgeben, wenn die Ergebnisse nicht in ihre Agenda passen.

Rumänien mag weit weg erscheinen, aber der Fall zeigt, wie fragil die Demokratie auch in Europa geworden ist. Wer heute glaubt, die Annullierung von Wahlen sei ein gerechtfertigtes Mittel, um „Einflussnahme“ zu verhindern, öffnet eine Büchse der Pandora, die sich kaum mehr schließen lässt.

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