Ein Gastbeitrag von Thilo Schneider
Auweia. Das war knapp! Gerade noch rechtzeitig haben Innenministerium, Verfassungsschutz und Polizei eine Machtübernahme durch 25 Rentner verhindert und so unsere fragile Demokratie geschützt. Bisher wurden bei den Durchsuchungen laut der WELT eine scharfe Schusswaffe, ein paar Schreckschusspistolen und jede Menge Konservendosen sichergestellt. Dinge, die einen Staatsstreich und die Krönung von Heinrich dem XIII. zum König aller Deutschen ermöglicht hätten. Nicht auszudenken, wenn die Frau mit dem hübschen grünen Doppelnamen Malsack-Winkemann, bewaffnet mit einer Büchse Sauerkraut und Dosenravioli, den Reichstag gestürmt hätte. Was hätte da alles passieren können in einem Land, dessen am besten ausgerüstete Militäreinheit das Heeresmusikkorps ist. Das wäre ein größeres Blutbad als bei der „Erstürmung des Reichstags“ letztes Jahr durch den Kegelverein „Alle Neune“ geworden. Gut, dass der Verfassungsschutz unter dem unbarmherzigen Heidenwang so schnell und entschlossen zugegriffen hat.
Ich will nichts verharmlosen, wo es nichts zu verharmlosen gibt. Presse und Medien wussten schon vorher Bescheid, wie man das bei Razzien gegen terroristische Vereinigungen eben so macht und die Nacht- und Nebel-Aktion gegen irgendwelche Behämmerten wird nun von den linken Medien und ihren Parteigängern zur Staatsnotwehr hochgejazzt. Man würde sich ein derartiges Vorgehen auch einmal gegen Islamisten und Libanesenclans wünschen, aber da könnten die Waffen möglicherweise nicht nur aus Konservendosen mit Kötbulla bestehen.
Ziemlich viel, was der Staat unter der Ampel heute abliefert, kann man nicht verstehen. Das muss man begreifen. Zu allen Zeiten gab es Leute in Hinterzimmern, die Staatsstreich gespielt oder von „Nürnberg 2.0“ schwadroniert haben. Das sind und waren auch die gleichen, die glauben, dass Krebs durch das Aufstellen von energetischen Pyramiden geheilt werden kann. Passiert ist da nie etwas, weil die am Donnerstag ja wieder arbeiten mussten und das Wetter am Umsturztag so miserabel war. Wir wissen es, die Regierung weiß es auch. Und auch ein Unteroffizier der KSK bringt maximal zehn Mann zusammen, die schon pfiffig genug sein müssten, den Bundeskanzler zu entführen oder das Bundeskanzleramt zu stürmen. Am Ende werden ein paar milde Haftstrafen wegen dummem Geschwätz auf WhatsApp stehen. Sie wissen es, wir wissen es.
Neben einer Propaganda-Show allererster Güte, die von den Ängstlichen eifrig nachgebetet wird, handelt es sich bei der Aktion eher um ein Signal an alle liberal-Konservativen, an alle, die die Opposition zur Ampel-Regierung bilden: Seht her, Ihr könnt morgen die Nächsten sein. Hier wurde keine hochkriminelle Vereinigung kurz vor dem Putsch gegen die Demokratie gesprengt, hier kommuniziert die Regierung mit ihren Bürgern. Die ganze Aktion ist nichts weniger als eine Drohung und ein Warnzeichen speziell an die AfD: Wenn Ihr nicht spurt, seid Ihr dran. Irgendein willfähriger Richter wird sich heute schon finden, der gegen ein charmantes Abendessen entsprechende Urteile hart am Rande der Rechtsbeugung entlang fällt. Dass wenigstens noch Teile der Presse funktionieren, zeigt die obige kleine Meldung der WELT, aber wenn alle Wölfe „Putsch“ rufen, wird sich dem kaum ein Schaf entgegenstellen. Sogar die sogenannten „alternativen Medien“ sind verunsichert. So viel Spaß es macht, gegen den veröffentlichten Strich zu bürsten, so unwitzig ist es, morgens um sechs Uhr von der GSG9 aus dem Schlaf gerissen und noch vor dem ersten Kaffee angeschrien zu werden. Zumindest mir wäre das lästig, zumal die Hauseingangstür recht neu ist und ich ungern eine neue kaufen will.
Aber vielleicht liegt es ja auch an mir. Ich glaube dieser Regierung nichts mehr. Ich wurde viel zu oft angelogen und betrogen und das nicht einmal subtil, sondern in voller Breitseite und ganz offensichtlich, schamlos meine Intelligenz beleidigend. Ich sehe das tägliche Framing, die verquasten Meldungen, das Herumdrucksen, wo es um offensichtliche Tatsachen geht, höre as „Nazi“- und „Rechtspopulist“-Gebrüll bei ganz normalen, vernünftigen Vorschlägen und sehe, wie eine Partei, die ich absolut nicht leiden kann, an ihrer demokratischen Parlamentsarbeit gehindert wird. Nein, die Gefahr für die Demokratie sitzt nicht beim McLonsdales in der verschwörerischen Seniorenlounge, sie sitzt ganz woanders. Wenn ich das jetzt aufschriebe, kann ich eventuell morgens vor dem Kaffee von mir noch unbekannten Spezialeinheitspolizisten angeschrien werden. Was werden da wohl die Nachbarn sagen? Deswegen lasse ich es lieber. Die Botschaft des Innenministeriums kam bei mir an. Ich verstehe Warnungen, wenn ich sie bekomme. Ich bin kein Held.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thilo Schneider, Jahrgang 1966, freier Autor und Kabarettist im Nebenberuf, LKR-Mitglied seit 2021, FDP-Flüchtling und Gewinner diverser Poetry-Slams, lebt, liebt und leidet in der Nähe von Aschaffenburg. Weitere feministische Artikel von Thilo Schneider finden Sie unter www.politticker.de. In der Achgut-Edition ist folgendes Buch erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.
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