Von Alexander Wallasch
Noch sechs Tage bis zur Bundestagswahl. Und noch wenige Monate bis zum dann auch formalen Ende der Ära Merkel. Wir sehen ein gespaltenes Land und eine führungslose Union.
Selbst jene Spitzenpolitiker bei CDU/CSU, denen das Etikett übergeklebt wurde, sie könnten der verbrannten Erde der Bundeskanzlerin irgendein Löschwasser der Vernunft entgegensetzen, haben ihre Spritzen wieder eingerollt:
Markus Söder (CSU) und der aus der Privatwirtschaft reaktivierte Friedrich Merz (CDU) haben sich über viele Monate hinweg Angela Merkel angedient, weil sie es für opportun hielten und sind eben deshalb jetzt vollkommen neutralisiert – sie würden sich mit Fundamentalkritik an der Bundeskanzlerin final unglaubwürdig machen.
Zum Zündeln reicht der gewesenen Bundeskanzlerin demnach bereits das Nichtstun.
Merkels vergifteter Abendgruß für Laschet
Was für eine peinliche Zeremonie war das auch, als Angela Merkel sich bei ihrem letzten Auftritt im Bundestag endlich zu so etwas wie einer Wahlempfehlung für die eigene Partei durchringen konnte?
Aber auch dieser für Armin Laschet hingeschobene Napf enthielt vergiftete Futteranteile, denn die öffentliche Kritik der Kanzlerin ging nicht explizit an SPD und Grüne, sondern sie warnte lediglich vor der Möglichkeit einer Beteiligung der Linken an der zukünftigen Regierung. Beinahe so, als hätte Merkel selbst das alleinige Monopol darauf, Erbin des Honecker-Regimes sein zu dürfen.
Was für beschämende Bilder eines Armin Laschet waren das hinter seiner Maske und auf der Bank der Ministerpräsidenten stolz grinsend wie ein Schuljunge, der gerade ungeahndet mit einem Streich durchgekommen ist.
Gleich nach ihm im TV-Bild dann CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der sich bei besagten Merkel-Worten demonstrativ die Hände reibt, als wolle er stolz anzeigen, dass er es gewesen sei, der zuvor hinter den Kulissen die Kanzlerin angefleht hätte, doch endlich was Nettes über Laschet auszuplaudern. Oder rieb sich Ziemiak gar die Hände um so etwas wie Aufbruchsstimmung zu zeigen?
Kindheit, Karneval und Katholizismus
Und schon war Armin Laschet, dessen Vater Steiger war (für Gebietsfremde: Aufsichtsperson im Bergbau) wieder ganz allein mit sich, seiner Kindheit zwischen Karneval und Katholizismus und den darauffolgenden vielen heiter beschwingten Geschichten aus der Bonner Republik.
Die Tage verrinnen jetzt immer schneller, der Wahltermin rückt näher und die wohl intensivste Angriffswelle gegen Laschet steht gar noch bevor in Gestalt von Greta Thunberg und einem internationalen Klimastreik in Berlin, einer perfekt platzierten Werbung für grüne Politik zwei Tage vor der Wahl.
Was nun Herr Laschet? Was dem Wahlkampfteam der Union zu dieser Frage jetzt eingefallen sein soll, was Focus Online (FOL) herausgefunden haben will und „Geheimplan“ nennt, ist blamabler noch als dieser vergiftete Gruß der Kanzlerin.
Denn mit der Veröffentlichung der Inhalte dieses Geheimplanes der Union wurde faktisch die Idee einer Renaissance christdemokratischer und irgendwie noch am Grundgesetz sich entlanghangelnder dem Volk verpflichtender Werte endgültig beerdigt, dem sterbenden Patienten wurde bei den Wiederbelebungsversuchen der Brustkorb eingedrückt:
Nach Informationen von FOL favorisiert Laschet aus Mangel an Mehrheiten jetzt ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und der FDP. Weil aber die Grünen – wie zuletzt im dritten Triell von Annalena Baerbock deutlich gemacht – eine Koalition mit der SPD bevorzugen, will die Union es den Grünen mit einem ziemlich unanständigen Angebot schmackhaft machen: Armin Laschet will im Gegenzug eine Bundespräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) möglich machen.
Schloss Bellevue als Drachenfutter für Jamaika-Liebesakt
Nach Informationen der Zeitung sei auch Christian Lindners FDP schon bereit dazu, diese Entscheidung mitzugehen. Es ist so unverfroren, wie tragisch für Land und Leute: Die Konservativen, die so genannte Mitte, hat Deutschland seit 2015, seit Beginn der Massenzuwanderung, Schritt für Schritt kaputt gemacht, hat einen Graben durch das Land gezogen, die Menschen gegeneinander gehetzt, Gesetze gebrochen, Vereinbarungen ausgesetzt, die Industrie abgewickelt, den deutschen Wohlstand für beendet erklärt und die eigenen ebenso wie die Werte dieses Landes pervertiert.
Nein, und das wird wohl die Hauptlehre dieses Wahlkampfes 2021: Nicht die Linken, nicht die Grünen, nicht die Sozialdemokraten, nicht die Freidemokraten – es war die Union unter Merkel, die dieses Land an die Klippe geführt hat.
Armin Laschet steht jetzt kurz davor, derjenige zu sein, der seine kurzen Arme ausstreckt und zum finalen Schubser ansetzt, während auf den wenigen Laschet-Wahlplakaten weiter – ironischerweise muss man jetzt sagen – steht: „Damit Deutschland stark bleibt.“ Aber das erinnert dann allenfalls noch an diesen aufmunternden Kurzsatz, wenn man wirklich tief im Schlamassel steckt und einem Freunde auf die Schulter klopfen und mit tröstenden Worten bitten: „Bleib stark!“
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.
Bild: photocosmos1/ShutterstockText: wal