Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Das Gespräch der vier Bundeswehr-Offiziere dauerte 38 Minuten und fand am 19. Februar statt. Und russische Geheimdienste hörten mit.
Teilnehmer der Runde sollen Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz, Brigadegeneral Frank Gräfe und zwei weitere Offiziere gewesen sein, die ein Briefing für die Bundesregierung ausarbeiten sollten.
Und weil der Inhalt des Gesprächs einige Brisanz beinhaltet, spielte ein russischer Dienst den Mitschnitt des Gesprächs jetzt über ihre Kanäle, wie immer vorneweg Telegram, in die Öffentlichkeit.
Anders, als die Kreml-Propaganda suggeriert, ist der Inhalt des Gesprächs erwartbar und nicht einmal spektakulär. Das Thema wurde nur deshalb heiß, weil die Russen das Framing verbreiteten, hochrangige deutsche Offiziere hätten einen Angriff auf russische Ziele auf der Krim vorbereiten wollen. Hanebüchener Unsinn.
In Wirklichkeit ging es bei dem Gespräch um die Fähigkeiten des deutschen Marschflugkörpers „Taurus“, sollte er jemals im Ukraine-Krieg zum Einsatz kommen. Die militärische und besonders die politische Führung eines Landes braucht Experten, die Risiken abwägen und Alternativen aufzeigen. Und da muss offen abgewogen und frei gedacht werden.
Die Aufnahme dokumentiert, wie sich Offiziere im Detail darüber unterhalten, wie die Bundeswehr bei einer positiven Entscheidung des Bundeskanzlers für den Taurus-Einsatz auf der Krim, die Lieferung der Marschflugkörper realisieren und technisch optimieren könnte. Wie ukrainische Piloten bei der Programmierung des Waffensystems zu unterstützen sind.
Und natürlich wurde darüber gesprochen, was gegebenenfalls Ziele auf der Krim für den Einsatz der Taurus werden könnten. Ich meine, über was sollen die denn sonst bei einer solchen Runde sprechen? Über sexuelle Vielfalt in der Truppe?
Relevant ist eher, dass klargestellt wurde, dass ein Einsatz der Taurus in den ukrainischen Streitkräften auf gar keinen Fall mit Hilfe der Bundeswehr bei der Zieldatenübermittlung erfolgen dürfe. Das ist erklärter Standpunkt Deutschlands, dass wir eben nicht direkt in Kampfhandlungen im Ukraine-Krieg verwickelt werden wollen.
Als mögliche Ziele für den Taurus-Einsatz wurden russische Munitionsdepots und die Kertsch-Brücke zur Krim benannt, extrem wichtig für die Russen, ihre Invasionsarmee auf der besetzten Insel weiter versorgen zu können.
Inzwischen ist auch klar, dass Olaf Scholz die Zustimmung zum Einsatz der Taurus in der Ukraine weiter verweigert.
Also viel Aufregung um nichts?
Leider nein, in dem Gespräch wurden brisante Informationen benannt, die bei den FSB-Analysten in Moskau für das Köpfen mancher Flasche Krimsekt gesorgt haben dürften. So wurde gesagt, dass Deutschland bei einem Einsatz in der Ukraine maximal 100 Marschflugkörper „Taurus“ zur Verfügung stellen könne, ohne die eigene Sicherheit Deutschlands zu gefährden. Diese würden im Fall eines Einsatzes in zwei Tranchen à 50 geliefert werden.
Wirklich brisant auch die Aussage, dass sowohl Großbritannien aus auch die USA Militärpersonal in der Ukraine „vor Ort“ habe. In der Ukraine, so einer der Teilnehmer, liefen „viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten rum“.
Bleibt die wichtigste ungeklärte Frage
Wie ist die Aufzeichnung in die Hände der Russen gelangt?
Einer der Offiziere habe sich während der Konferenz in einem Hotel in Singapur aufgehalten, heißt es. Die „Bild“-Zeitung spekuliert deshalb, dass dessen Zimmer verwanzt gewesen sein könnte oder dass eine ungesicherte Verbindung genutzt wurde. Unfassbar fahrlässig. So habe die Schalte über die nicht abhörsichere Plattform WebEx stattgefunden.
Der Militärische Abschirmdienst MAD versucht jetzt fieberhaft, das Leck zu finden, wie russische Dienste in solche Runden eindringen und mithören können. Denn wer dieses Gespräch kennt, der hat noch viele andere mitgehört.
Vielleicht wiederhole ich mich: Aber dieses Land muss langsam begreifen, dass auch wir nicht nur mit befreundeten Staaten zu tun haben und dass wir uns endlich selbst effektiv um unsere Sicherheit kümmern müssen.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem neuen Portal kelle-aktuell.de erschienen.
Bild: Screenshot Youtube-Video WELT Netzreporter