Von Christian Euler
Eine Lehrerin an einer Grundschule in Hessen will wissen, wie sich das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen auf das Wohlbefinden ihrer Schüler auswirkt. Seit dem 22. Februar, dem Tag, an dem ihre Grundschule die Maskenpflicht einführte, protokolliert sie penibel die Aussagen der Kinder und übergibt sie täglich der Schulleiterin.
Der Befund von Lena Mehnert (ihr richtiger Name ist der Redaktion bekannt, sie möchte ihn aber nicht veröffentlicht sehen, um sich vor zu befürchtenden Repressalien zu schützen) ist erschütternd: „Den Kindern geht es mit den Masken sowohl psychisch als auch physisch schlecht. Sie leiden unter Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bauchschmerzen und Unwohlsein.“ Insgesamt wirken die Kinder auf sie lethargisch.
Bisweilen kann sie bei einzelnen Schülern depressive Anzeichen wie auffällige Müdigkeit, Lustlosigkeit und Appetitlosigkeit erkennen – und spätestens nach zehn Minuten bitten die Schüler um eine Maskenpause. Für Mehnert ein Zeichen von Sauerstoffmangel. „Ich kenne jeden einzelnen meiner Schüler gut und weiß, teilweise auch von Elternerzählungen, wie schlecht es den Kindern aufgrund der politisch verordneten ‚Corona-Maßnahmen‘ geht“, berichtet Mehnert.
Keine Haftungsübernahme durch die Schule
Doch ihre Protokolle lassen die Rektorin kalt. Angeregt durch den Corona-Ausschuss mit dem ehemaligen Familienrichter Hans-Christian Prestien wendet sich die Mutter von zwei Kindern an das Familiengericht. „Meines Erachtens ist der Tatbestand der Körperverletzung gegeben. Des Weiteren werde ich – trotz Widerspruchs (Remonstration) meinerseits – dazu genötigt, diese Körperverletzung weiterhin zu begehen. Deshalb bitte ich jetzt Sie um Unterstützung“, schreibt sie.
Allein ihre rechtliche Würdigung der Situation umfasst mehr als zwei Seiten, darunter: „Kinder unterscheiden sich in ihrer Bedürftigkeit von den Erwachsenen. Nach § 2 Absatz 2 GG gilt für das Kind die freie Entwicklung der Persönlichkeit.“ Stutzig machen sollte die Richter auch die Tatsache, dass eine Haftungsübernahme seitens der Schulleitung und seitens des Schulamtes verweigert wurde.
„Ich schaffe es nicht allein, gegen diese Kindesmisshandlung anzukommen und benötige dringend Ihre Unterstützung“, bittet sie die Familienrichter. Da sie nicht sicher ist, ob sie ihr Gesuch stellvertretend für ihre Schülerinnen und Schüler einreichen kann, zeigt Mehnert die Körperverletzung, die die Schulleitung ihrer Ansicht nach gegenüber ihren Schülern anordnet und die von der Klassenlehrerin ausgeführt wird, im Namen ihres Sohnes an.
Armutszeugnis für die Justiz
Die Antwort des Familiengerichts trägt kafkaeske Züge. „Das Gericht hat aufgrund Ihres Schreibens zunächst das Jugendamt eingeschaltet und um einen Bericht gebeten, ob tatsächlich ein familiengerichtliches Verfahren einzuleiten ist, um gegen Sie familiengerichtliche Maßnahmen anzuordnen oder Ihnen gar Teile des Sorgerechts zu entziehen.“
Nun fragt sich: Ist der Horizont der Richter tatsächlich derart begrenzt, Mehnerts Hilfegesuch als Selbstanzeige wegen Kindeswohlgefährdung aufzufassen? Oder handeln sie bewusst, um eine Kritikerin der Corona-Maßnahmen mit drastischsten Mitteln mundtot zu machen? Klar erscheint nur: Beides ist ein Armutszeugnis für das Handeln und das Rechtsverständnis der deutschen Justiz in Zeiten der Pandemie.
Mehnert hat keine andere Wahl, als sich mithilfe ihrer Rechtsanwältin zu wehren. Zwei bange Wochen vergehen, bis sie – gänzlich unerwartet – erfährt, dass das Verfahren eingestellt worden sei. Die Freude im Hause Mehnert ist groß – kein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung, das im schlimmsten Fall mit dem Entzug der Kinder hätte enden können.
Schulleiterin droht besorgter Lehrerin mit Konsequenzen
Die Freude hat jedoch einen schalen Beigeschmack. Ihr ursprüngliches Ziel, die Aufhebung der Maskenpflicht zu erwirken, hat Lena Mehnert nicht erreicht. Mehr noch: Aus schierer Angst – der Schreck der ersten Antwort des Gerichts ist ihr noch immer anzumerken – fehlen ihr der Mut und jegliches Vertrauen in die Gerechtigkeit der Justiz, das Gericht erneut um Unterstützung zu bitten.
Die Maskenpflicht bleibt somit bestehen – und die Kinder leiden weiter. Protokolle über die Auswirkungen zu schreiben, hat Mehnert längst aufgegeben. Die Schulleiterin kündigte ihr bereits vor einigen Wochen an, dass sie „Konsequenzen“ zu tragen habe. Was dies genau bedeutet, weiß Mehnert bis heute nicht. Das angekündigte Dienstgespräch wurde mehrmals verschoben.
Sollte es zum Äußersten kommen, droht ein Disziplinarverfahren. Dann hätte Lena Mehnert ihren Job verloren, mit dem sie ihre vierköpfige Familie ernährt. Und es bliebe nur noch Hartz 4.
[themoneytizer id=“57085-3″]
Bild: Denis Moskvinov/Shutterstock
Text: ce
Mehr von Christian Euler auf reitschuster.de
[themoneytizer id=“57085-1″]