Grundsteuer-Chaos auf Kosten der Steuerzahler Fiskus entgehen Millionen Euro, weil Betriebsprüfer Einsprüche bearbeiten müssen

Von Daniel Weinmann

Deutschlands Eigenheim- und Grundstücksbesitzer ängstigen sich vor einer Erhöhung der Grundsteuer. Laut „Spiegel“ hat das Bielefelder Finanzamt ausgerechnet, dass Immobilieneigentümer künftig wohl rund ein Drittel mehr zahlen müssen – während Gewerbeimmobilien ein Drittel günstiger werden könnten.

Die bisherige Berechnung der Grundsteuer wurde für verfassungswidrig erklärt. Für die Neuberechnung müssen sämtliche 36 Millionen Eigentümer Daten zu ihren Grundstücken ans Finanzamt übermitteln. Bis Ende Mai sind laut Bundesfinanzministerium bundesweit fast 90 Prozent der Grundsteuererklärungen bei den Finanzämtern eingegangen.

Viele Bescheide sorgen für Ärger, da der Fiskus die Immobilien häufig um einiges höher bewertet als bisher. Auf die absehbar deutlich höhere Grundsteuer reagieren viele Bundesbürger mit einem Einspruch. Die große Mehrheit seiner Mandanten lege mittlerweile Einspruch gegen die Grundsteuer-Bescheide ein, zitiert die „FAZ“ Heinrich Fleischer, Partner und Steuerberater in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Mittlerweile stapeln sich mehr als drei Millionen Einsprüche bei den Finanzämtern, wie eine Umfrage des „Handelsblatts“ unter den 16 Länderfinanzministerien ergab.

»Das geht zulasten der Staatseinnahmen, der Steuergerechtigkeit«

Um die immense zusätzliche Arbeit bewältigen zu können, stellen die Finanzämter jene Einsprüche ruhend, die die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer infrage stellen. Darüber werden die Steuerzahler aber vielfach nicht einmal informiert. Übrig bleiben massenweise Einsprüche, die konkrete Angaben im Bescheid wie etwa die zugrunde liegenden Flächen oder Bodenrichtwerte anfechten. Um diese immense Zusatzbelastung zu bewältigen, schichten die Finanzämter einen Teil ihres Personals um.

Die Leidtragenden sind aber nicht die Finanzbeamten, sondern am Ende die Steuerzahler selbst, zitiert das „Handelsblatt“ den Chef der Steuergewerkschaft, Florian Köbler: „Wenn Finanzbeamte für die lächerliche Bearbeitung der Grundsteuer abgezogen werden, fehlen sie an anderen Stellen. Und das geht zulasten der Staatseinnahmen, der Steuergerechtigkeit und fairer Wettbewerbsbedingungen.“

Die einfache Arithmetik: Gibt es weniger Betriebsprüfer, kommen entsprechend mehr Firmen ungeschoren davon, die eine falsche Steuererklärung abgeben. Nach Angaben der Landesfinanzministerien spült nur ein einziger Betriebsprüfer pro Jahr eine Million Euro in die klamme Staatskasse.

Prekär: Schon vor ihrer Umwidmung kümmerten sich hierzulande viel zu wenig Fiskalritter um das Steuergebaren der Betriebe: Während Großunternehmen im Schnitt alle fünf Jahre mit dem Besuch der Prüfer rechnen müssen, müssen Kleinfirmen laut Bundesfinanzministerium nur alle 31 Jahre ihre Bücher öffnen. Bei Kleinstbetrieben kommt das sogar nur alle 94 Jahre vor. Im Schnitt werden Unternehmen nur alle 41 Jahre geprüft.

Eine rückwirkende Erstattung der Grundsteuer ist nicht zu erwarten

Als wäre es nicht genug, dass die ehrlichen Steuerzahler die Leidtragenden des Grundsteuerchaos sind, ist bis dato überhaupt nicht absehbar, was am Ende dabei herauskommt. Die Kommunen werden die Hebesätze nämlich erst ab dem kommenden Jahr neu festsetzen. Klar scheint nur, dass es zu Ungerechtigkeiten kommen wird.

Während viele Eigentümer in privilegierten Lagen wohl keine höheren Abgaben zu befürchten haben, drohen nämlich ausgerechnet den weniger gut betuchten Bürgern in den neuen Bundesländern sowie Ostberlin Mehrbelastungen. Denn dort basieren die Zahlen bislang auf dem Jahr 1935, im Westen liegen hingegen die Werte aus dem Jahr 1964 zugrunde.

Dennoch ist ungewiss, ob ein Einspruch zum jetzigen Zeitpunkt noch Sinn ergibt. Angesichts der bereits anhängigen Klagen dürfte das Bundesverfassungsgericht eines Tages entscheiden, ob die neuen Steuerregeln mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wird es den Gesetzgeber auffordern, die Gesetze bis zu einer bestimmten Frist zu ändern. Eine rückwirkende Erstattung der Grundsteuer ist laut Michael Ehrentreich vom Bund der Steuerzahler nicht zu erwarten.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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