Von reitschuster.de
Eltern sind ständig in Sorge um die Entwicklung ihrer Kinder: Wann beginnen sie zu krabbeln? Wann halten sie ihren Becher alleine und möchten selbstständig essen? Wann beginnen sie zu sprechen – und wann zu laufen? Fragen wie diese sind nur eine kleine Auswahl, die nicht nur Helikoptereltern tagtäglich beschäftigen. Die Sorge, ob sich ihre Kleinen altersgerecht entwickeln, ist allgegenwärtig.
Dass Kinder auch in der Schule noch Windeln tragen, dürfte unstrittig nicht in den Kanon der unzähligen Elternratgeber passen. Schließlich werden Kinder im Schnitt zwischen zwei und vier Jahren trocken. Pädagogen aus der Schweiz warnen indes, dass genau dies immer mehr zunimmt: Immer mehr ältere Kinder drücken die Schulbank noch mit Windeln.
Bisweilen müssen Schweizer Schulen vor dem Unterrichtsbeginn darüber informieren, dass es nicht die Lehrer sind, die wickeln, sondern die Eltern dafür verantwortlich sind. Wenn überhaupt, könne man eine Assistenz für Windelwechsel anstellen, sagte der Aargauer Schulleiter Philipp Grolimund der „Sonntagszeitung„. Er hält es aber für falsch, den Eltern immer mehr abzunehmen. Das Problem scheint ernst zu sein, denn der Rektor äußert dies frei von jeglicher Ironie.
»Lehrpersonen sind nicht dafür da, die Windeln ihrer Schülerinnen und Schüler zu wechseln«
Dazu passt die Beobachtung der Entwicklungspädagogin Rita Messmer, die in der „Sonntagszeitung“ von einem extremen Anstieg von windeltragenden Schülern spricht. Sie werde zu diesem Thema von Anfragen überrannt. Erst vor kurzem musste sie einen Elfjährigen betreuen, der noch nicht trocken war.
„Wenn Elfjährige mit Windeln in die Schule kommen, ist das eine bedenkliche Entwicklung. Lehrpersonen sind nicht dafür da, die Windeln ihrer Schülerinnen und Schüler zu wechseln“, wettert Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz.
Pädagogen kritisieren derweil die zunehmende Bequemlichkeit der Eltern, die es versäumen, mit den Kleinen den Gang zur Toilette zu üben. Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm sieht einen weiteren Grund in den Versprechungen der Hersteller: Windeln hätten in den vergangenen Jahrzehnten eine große Entwicklung gemacht und ließen sich inzwischen „wie normale Unterhosen“ tragen. „So werden Kinder auf die Windel konditioniert“, glaubt Stamm.
Auch hierzulande machen Äußerungen über nicht trockene Grundschüler die Runde
Psychotherapeuten wie Felix Hof warnen unterdessen vor der Stigmatisierung windeltragender Schulkinder. Der Schweizer äußerte gegenüber der Tageszeitung „20 Minuten“ die Gefahr, dass Kinder mit Windeln beim Turn- oder Schwimmunterricht mit hoher Wahrscheinlichkeit Hänseleien oder Mobbing ausgesetzt seien.
Das Thema treibt bisweilen bizarre Blüten: Per Inserat suchte ein berufstätiges Paar „eine Dame, die unseren fünfjährigen Sohn auf Abruf wickeln gehen könnte“. Dass diese Entwicklung gerade in der Schweiz stattfindet, wirft Fragen auf: Was läuft falsch in dem Land, das sich traditionell als Oase der Perfektion geriert? Und: Wie präsentiert sich die Lage in anderen Ländern?
Es würde zumindest kaum überraschen, wenn auch hierzulande mehr und mehr Schüler Windeln tragen. In Mittelhessen machten im Februar Äußerungen über nicht trockene Grundschüler die Runde. Die Auswertung der im Dezember vorgelegten Ergebnisse reichten aus Sicht der Verantwortlichen aus, daraus ein überregionales Phänomen zu formulieren. Es sei zu vermuten, dass dies „viele Schulen betrifft“.
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