„Trotz Lockdown-Frust: Warum sich die Corona-Entscheider jetzt nicht in Öffnungs-Orgien drängen lassen dürfen“ – so lautet die Überschrift eines Beitrags, den Focus Online heute groß auf seiner Webseite präsentiert. Als Kronzeuge wird dort der SPD-Politiker Karl Lauterbach genannt: „Weitgehende Öffnungen“ seien „heute aus infektiologischer Sicht mindestens zu hinterfragen; ein Zurück zu einem zumindest etwas normaleren Leben wie im Sommer vergangenen Jahres, dafür scheint es zu früh. Experten wie Virologe Christian Drosten oder SPD-Mann Karl Lauterbach, der selbst Medizin studiert hat und mit seinen wenig optimistischen Pandemie-Prognosen leider erstaunlich oft richtig lag, sprechen bereits von einer rollenden dritten Infektionswelle.“
In dem Beitrag heißt es weiter: „Dass Stimmen gegen eine erneute Verlängerung und mehr öffentliches wie privates Leben gehört werden, ist insbesondere für die breite Akzeptanz der Maßnahmen extrem wichtig. Sie müssen genauso Eingang finden in die Entscheidungsfindung der politischen Entscheidungsträger, wie die Gefahr der Ausbreitung des Virus. Überlagern dürfen sie sie aber nicht; egal wie laut und verständlich die Rufe derjenigen sind, die sie fordern.“
Das ist bemerkenswert und etwa so, als würde man fordern, dass beim Thema Klimaschutz endlich auch einmal Klimaschützer zu Wort kommen. Die Realität ist genau umgekehrt: Im Wesentlichen haben die Verteidiger eines Lockdowns und einer harten Linie das Oberwasser in Politik und Medien. Insofern erinnert diese Argumentation an einen Hütchenspielertrick.
Das Fazit des Beitrags auf Focus Online: Die „Infektionslage lässt keine vorschnellen Lockerungen zu“. Dabei ist im gleichen Portal, allerdings bei weitem nicht so gut sichtbar, ein Beitrag erschienen, der genau diese Behauptung ad absurdum führt: Der Blick nach Schweden, wo es nie „Lockerungen“ gab, weil von Anfang an alles locker gehandhabt wurde, wirft massive Zweifel am Nutzen des Lockdowns auf: Trotz der liberalen Politik in dem skandinavischen Land starben dort nicht mehr Menschen als in Deutschland, auch wenn man die Zahlen hochrechnet.
Wenn große Medien wie Focus vor „Öffnungs-Orgien“ warnen, müssen andere gegenhalten – was ich hiermit tue. Die „Lockdown-Orgie“ – um ein verbales Waffengleichgewicht herzustellen – darf nicht fortgesetzt werden. Es muss endlich wieder die eigentlich selbstverständliche Erkenntnis zur Basis aller Entscheidungen gemacht werden, dass Einschränkungen der Grundrechte nur in außerordentlichen Situationen, bei Gefahr für Leib und Leben, möglich sind. Und täglich neu begründet werden müssen: Grundrechte sind unveräußerlich, dauerhaft und einklagbar. Das muss so bleiben, bzw. endlich wieder so werden. Das Beispiel Schweden, das ohne Grundrechts-Einschnitte nicht mehr Tote hat als wir, zeigt: Bei uns werden die heiligsten Grundsätze unserer Verfassung quasi auf Verdacht und in vorauseilender Vorsicht außer Kraft gesetzt. Mit medialer Dauerbeschallung hat die Politik massive Ängste geschürt, die zu einer regelrechten Lockdown-Begeisterung geführt haben.
Bei Ländern wie Weißrussland oder Russland, die ebenfalls ohne Lockdown durch die Krise steuern, kam bisher oft das Gegenargument, die Zahlen dort seien nicht verlässlich. Für Schweden kann das aber nicht gelten. Die Zahlen hier sind ebenso eindeutig wie unzweifelhaft. Sie sind die Bankrotterklärung für den autoritären deutschen Weg. Niemand kann jetzt mehr sagen, er hätte nicht gewusst, dass es eben doch Alternativen gibt. Alternativen zu einer Politik, die ihre Bürger bevormundet wie Kinder, die auf Verbote setzt statt auf Mündigkeit, die schwerste Schäden hinterlässt bei der Wirtschaft, die unzählige Menschen in Existenznöte bringt, in massive gesundheitliche und psychische Schwierigkeiten.
Bei der Aufarbeitung der Corona-Politik, die hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft stattfinden wird, muss geklärt werden, wie es – wieder einmal – passieren konnte, dass ausgerechnet eine als so rational und vernünftig geltende Gesellschaft wie die deutsche Rationalität und Vernunft weitgehend verlor, sich von großen Teilen der Politik und der Medien in einen Angst- und Panik-Modus versetzen ließ und dabei erneut auf autoritäre Rezepte und Unfreiheit setzte.
Text: br
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