Von Daniel Weinmann
Johnson & Johnson gerät einmal mehr negativ in die Schlagzeilen. Im September vergangenen Jahres waren es die gehäuften Impfdurchbrüche, die Zweifel am Corona-Vakzin Janssen des US-Pharma- und Konsumgüter-Giganten aufkommen ließen.
Laut Robert Koch-Institut kamen auf eine Million Geimpfte rund 2.000 Impfdurchbrüche, einige davon mit schwerem oder gar tödlichem Verlauf. Zum Vergleich: Beim hierzulande am häufigsten verwendeten Impfstoff – Biontech/Pfizer – waren es zu diesem Zeitpunkt rund 640 Durchbrüche je Million vollständig Geimpfter.
Im März wiederum kam eine Studie der französischen Arzneimittelbehörde ANSM in JAMA Network Open zu dem Ergebnis, dass die zugelassene Einzeldosis des Janssen-Impfstoffs Ad26.COV2.S einen deutlich geringeren Schutz vor einer Hospitalisierung bietet, als die zweifache Impfung mit einem mRNA-Impfstoff.
Vorgegebene Standards nicht eingehalten
Nun rief Johnson & Johnson eine Charge seines COVID-19-Impfstoffs Janssen zurück. Betroffen ist die Charge XD955 mit dem Verfallsdatum 28. Februar 2023, die im März vergangenen Jahres in den USA produziert und auch in Deutschland ausgeliefert wurde. Bei der Herstellung seien vorgegebene Standards nicht eingehalten worden, begründeten das Bundesgesundheitsministerium und das Paul-Ehrlich-Institut den Rückruf.
Bei einer Inspektion sei festgestellt worden, dass die „Gute Herstellungspraxis“ nicht gewährleistet gewesen sei. Darunter versteht man Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung in der Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen. Zudem habe Johnson & Johnson den Nachweis nicht erbringen können, „dass der etablierte und genehmigte Prozess für die Wirkstoffherstellung den gesetzlichen Anforderungen entspricht“.
»Kein Verdacht zu erwartender Gesundheitsbeeinträchtigungen bei geimpften Personen«
Das für die Europäische Union zuständige Referenzlabor in Frankreich hat deshalb vorsorglich das europäische Freigabezertifikat widerrufen. Auch das PEI hat seine nationale Chargenfreigabe zurückgezogen. Arztpraxen wurden daher aufgefordert, etwaige Restbestände der Charge XD955 zu vernichten.
Kaum verwunderlich, dass das Paul-Ehrlich-Institut keine Gefährdung für geimpfte Personen sieht: Bei der Charge bestehe weder „ein konkreter Qualitätsdefekt noch gibt es einen Hinweis auf den Verdacht zu erwartender Gesundheitsbeeinträchtigungen bei geimpften Personen“, stellte das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel klar.
Johnson & Johnson wiederum, das im vergangenen Jahr einen Gewinn von knapp 21 Milliarden Dollar erwirtschaftete, versucht die Gefahren so kleinzureden: Es gebe keine Beeinträchtigungen in Bezug auf die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffcharge. Man habe sich „angesichts der derzeit geringeren Nachfrage und der breiten Verfügbarkeit von COVID-19-Impfstoffen“ entschieden, die betroffene Charge vom Markt zu nehmen.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Seda Yalova/ShutterstockText: dw