Ein Gastbeitrag von Gunter Weißgerber. Weißgerber war Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90, Mitbegründer der Ost-SPD, Mitglied der freigewählten Volkskammer 1990, Mitglied des Deutschen Bundestages 1990–2009.
1986 forderte ein Minnesänger „Kinder an die Macht!„. Ob er dabei das Mittelalter im Sinn hatte? Damals galten „Kindkönige“ als voll regierungsfähig.
Der Titel wurde im deutschsprachigen Raum ein Hit mit Spätfolgen. Lesen wir doch einfach einige Zeilen: „Gebt den Kindern das Kommando/Sie berechnen nicht was sie tun/Die Welt gehört in Kinderhände/Dem Trübsinn ein Ende/Wir werden in Grund und Boden gelacht/Kinder an die Macht.“
Mehr als dreißig Jahre später haben wir den Salat! Die Kinder von damals sind in der deutschen Politik angekommen und berechnen immer noch nicht, was sie tun. Ihr Spielzeug ist lediglich ein anderes. Was damals „Kooshbälle“ waren, ist heute die Bundesrepublik Deutschland. Werfen und Fangen werden immer noch gespielt. Heute hängen viele Millionen Lebensentwürfe davon ab. Nehmt diesen Kindern die Macht!
Diese Kinder haben nämlich keinen Plan B für das mögliche Scheitern ihrer Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, Sicherheitswende, Zuwandererwende, Geschlechterwende. Die Deutschland-Umstülper fahren das Land an die Wand und gehen das volle Risiko ein, Deutschland auf den 23. Mai 1618 zurückzustürzen. Damals war es der zweite „Prager Fenstersturz“, der das „Heilige Römische Reich“ in die Katastrophe des „Dreißigjährigen Krieges“ stürzte, heute könnte Deutschlands Absturz in einen gesamtgesellschaftlichen Blackout die gesamte EU in einen unkalkulierbaren Strudel reißen. Ich wünsche das nicht, doch leider ist es vorstellbar.
Demokratie und Geschlechterwende
Am 14. August 2020 ließ der grüne Innenpolitiker die Öffentlichkeit wissen: „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“ Natürlich hat sich das bemerkbar gemacht. Kommunistische Kaderarbeit zahlt sich immer aus. Das Bundesland Berlin wurde politisch einseitig links.
Noch einen drauf setzte am 19. November 2021 die grüne Bundestagsabgeordnete Sandra Detzer in der „Welt“: „Wo wir Grünen an die Schalthebel der Macht kommen, werden wir nicht mehr verhandeln.“ Gehören Verhandeln und Kompromisse suchen zu den Grundsätzen einer Demokratie, so zeigen die Grünen, zu ihren Tugenden zählt das nicht.
Der Kampf der Geschlechter ist dem grünen Mainstream wichtiger als Chancengleichheit unabhängig für alle. Im August behauptete das „WDR-Magazin“, ein Format der größten Sendeanstalt innerhalb des ARD-Verbundes: „Männer sind eine Gefahr für die Gesellschaft“. Was kosten Männer … Männer sind teuer und schädlich usw. Den Machern der Sendung fiel nicht einmal auf, dass sie ungewollt das männliche Geschlecht anerkannten, wo doch das Geschlecht nur ein soziales Konstrukt sein soll? Aber vielleicht meinten die Gender-Gurus ja, alle sozialen Konstrukte, die sich temporär als Mann fühlen? Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sagt in Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Was im öffentlich-rechtlichen WDR gegen Männer läuft, ist nicht anständig, nicht demokratisch und verstößt gegen den Sinn des Grundgesetzes.
Öffentlich-rechtliche Medien
Die Deutschen haben Angst vor dem kommenden Winter. Nicht alle sehen die Energiewende mit ihrem Verzicht auf stabile Energieträger als Ursache. Viele glauben, mit russischem Gas wäre das Problem gelöst. Was nicht stimmt. Das russische Gas ist vor allem für die Absicherung der volatilen Energieträger Sonne und Wind gedacht. Das deutsche Energiesystem ist dadurch ein doppeltes und muss deshalb doppelte Preise haben. Und knapp ist das Gas, weil es, statt in die Untergrundspeicher eingelagert zu werden, zu Strom verbrannt wird. Hätte Deutschland nicht achtzehn Atomkraft- und viele Kohlekraftwerke abgeschaltet, müsste Gas nicht zu Strom verbrannt werden.
Dessen ungeachtet, die Angst der Deutschen ist real und wer diese Angst lächerlich macht, ist ein Zyniker. Und wenn eine Sendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens dies tut, dann wird klar, was viele Menschen ahnen: Den Regierenden ist ihre Ideologie wichtiger als die Daseinsvorsorge. Am 15. August 2022 twitterte die Redaktion von „extra3“ (WDR): „Wenn man sich nur doll genug über die #gasumlage aufregt, kann man es bestimmt schaffen, die Wohnung nur mit seiner Wut-roten Rübe zu heizen und sich so den ganzen 2,4-Cent-Bums pro #kilowattstunde sparen!“. So etwas hätten sich nicht einmal die Kommunisten getraut. Viele Menschen empfinden das wie einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung, finanziert mit der GEZ-Zwangsabgabe. Die Destruktion der Volkswirtschaft ist in vollem Gange.
Energiepolitik
Preiswerte Energie ist Lebenselixier der Volkswirtschaft und Quelle des Wohlstands. Die grünen Nihilisten haben Teilen der weltweiten Intelligenzia erfolgreich eingeredet, Energie soll sehr teuer sein. Deutschland ist Bannerträger dieser Politik, die weltweite Konkurrenz darf sich freuen. Im Internet kursiert eine Weltkarte mit den Staaten in Rot gezeichnet, die eine Gasumlage zur Absicherung der Gasimporteure beschlossen haben. Wer genau hinsieht, sieht auf dem gesamten Globus nur einen kleinen roten Fleck, nämlich dort wo Deutschland liegt. Was erneut beweist, die hohen Energiepreise in Deutschland sind politisch gewollt. Das kann nicht gut gehen.
Der grüne Wirtschaftsminister Habeck kann auch Spaß machen. Um Energieverluste im Handel zu vermeiden, will er offene Ladentüren verbieten.
Landwirtschaft, Automobilindustrie und Personennahverkehr
Erstes Opfer der Gasumlage ist das Stickstoffwerk Piesteritz. Der Betrieb ist eingestellt, die Gasumlage in Höhe von 30 Millionen EUR erstickt die wirtschaftliche Tätigkeit. Stickstoff wird in der Landwirtschaft als Düngemittel benötigt und in der Automobilindustrie zur Herstellung von AdBlue für Dieselmotoren. Die Verlierer sind mit der Landwirtschaft und der Automobilindustrie klar, die Grünen als Gewinner ebenso. Die wollen die konventionelle Landwirtschaft zu Grunde richten (siehe Sri Lanka) und die Automobilindustrie zerstören. Die Gasumlage erweist sich als grüner Doppelschlag gegen die Grundlagen des deutschen Wohlstands: Landwirtschaft und Automobilindustrie. Geht es nach den Grünen, werden die Deutschen ihre individuelle Mobilität verlieren und wie im Mittelalter an ihre Scholle gebunden sein. Ein Buchautor fordert bereits einen um 6 EUR höheren Benzinpreis. Kein Witz!
Am Verlust des Stickstoffwerkes Piesteritz lässt sich der Paradigmenwechsel der deutschen Wirtschaftspolitik wie in einem Brennglas ablesen. Zweieinhalb Jahrzehnte kämpften Politiker vieler Parteien für den Aufbau-Ost, das Aufschließen der ostdeutschen Wirtschaft an das Niveau der westdeutschen. Das ist mit der großen Transformation passé. Zukünftige Weltrettung auf Kosten der realen Existenz der jetzt Lebenden und auf Kosten das Aufbau-Ost. Der Stickstoff muss jetzt übrigens aus Russland importiert werden. „Aufbau-Russland“ durch „Abbau-Ost“.
Deutschland sollte sich ändern – Ziel erreicht
Anlässlich der Bilder der Völkereinwanderung 2015 freute sich die grüne Katrin Göhring-Eckart „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich darauf!“
Sieben Jahre später ist festzustellen, der grüne Wunsch wurde erfüllt. Deutschland verlor seinen Zusammenhalt, die Wirtschaft ist krank, die Energiesicherheit ist Geschichte, die innere Sicherheit hat große Lücken, die europäischen Nachbarn nehmen Deutschland mit seiner dümmsten Energie-, Wirtschafts-, Verkehrs-, Zuwanderer- und Geschlechterpolitik nicht mehr ernst. Die Bevölkerung wird Not neu kennenlernen.
Solche Entwicklungen gab es oft in der Geschichte. Neu ist, dass das ein Ergebnis zielstrebiger dümmster Politik ist. Allerdings, wenn der Strom ausfällt, geht die Ampel aus.
Grün und Massenverarmung sind logisch verknüpft.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Gunter Weißgerber war Montagsdemonstrant in Leipzig, Mit-Gründer der Ost-SPD und saß dann 19 Jahre für die SPD als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. 2019 trat er aus der Partei aus. Der gelernte Bergbauingenieur ist heute Publizist und Herausgeber von GlobKult. Im Internet zu finden ist er unter www.weissgerber-freiheit.de.
Bild: ShutterstokText: Gast