Kinder gegen ihre Eltern: Schleswig-Holstein startet Impfkampagne an Schulen Pläne, die nicht nur für Impfkritiker skandalös und empörend sind

Von Alexander Wallasch

„Vom Hause her kommt er … Hühner, Schweine, weiß nicht, was haste … Kühe melken“, so umschrieb seine Co-Parteichefin Annalena Baerbock die Kompetenz des Grünen Robert Habeck. Dass der sich nun zusätzlich zum Schweinebauern noch für einen Menschenkinder-Impfexperten hält, konnte Baerbock damals allerdings noch nicht wissen. Habeck macht jetzt nämlich Druck auf die Ständige Impfkommission (STIKO) in Sachen Impfen von Kindern: „Ich würde gerne die STIKO auffordern, ihre zögerliche Haltung nochmal zu überdenken.“

Habeck geht sogar noch weiter und möchte, dass die Kommission mal ein bisschen in die Gänge kommt, wie er es ausdrückt. Der Landwirtschaftsexperte, wie ihn Baerbock nennt, wandelt auf gefährlichen Pfaden, wo er den Experten ins Geschäft grätscht: „Nur zur sagen, wir haben nicht genug Daten, wir können uns dazu nicht äußern, ist angesichts der Dringlichkeit der Lage keine ausreichende Haltung.“
Da ist es allerdings schon ein kleines Wunder, dass sich überhaupt noch Fachleute finden, die dem politischen Druck standhalten und nicht so folgsam sind, wie beispielsweise Christian Drosten oder Lothar Wieler (Robert Koch-Institut) den Eindruck erwecken. Dass Habeck nun ausgerechnet den selbstbewusst standhaften Fachleuten der STIKO Feuer macht, ist unverantwortlich.

Aber noch unverantwortlicher im Kontext mit der ausbleibenden Impfempfehlung der Fachleute ist wohl, was in Schleswig-Holstein die Bildungsministerin Karin Prien (CDU) veranstaltet, die ihre drei Kinder alle hat impfen lassen und nun meint, das sollten andere auch. Mit dem Unterschied, dass sie es über die Schulen durch Impfteams direkt mit den Kindern ab zwölf Jahren verhandeln will – ab 14 Jahren soll das Kind sogar selbst entscheiden dürfen, ohne die Eltern dabei um ihre Einwilligung fragen zu müssen.

Was Prien da veranstaltet, ist nicht nur für Impfkritiker skandalös wie empörend. Auch beispielsweise der NDR – sonst kaum verdächtig, gegen den Wind zu pinkeln – selbst der NDR reibt sich verwundert die Augen und zählt gleich eine ganze Reihe von seriösen Organisationen und Gruppen auf, die hier Einspruch erheben: „Sowohl Schulleiter, als auch Lehrer und Eltern sehen den Plan, Schüler vor Ort in Schulen impfen zu lassen, kritisch. Der Verband der Schulleitungen befürchtet, dass das zu Diskussionen führt. Das glaubt auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).“ Schulleitungen könnten zwischen die Fronten von Impfbefürwortern, Impfskeptikern und Impfgegnern geraten. „Der Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen findet, dass Impfen auf keinen Fall während der Schulzeit stattfinden sollte.“

Und das sagt Bildungsministerin Prien selbst:

„Da Impfen der Schlüssel ist, um die Pandemie zu besiegen, haben wir gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium entscheiden, ab dem 19. August eine Impfkampagne auch in den Räumen der Schulen zu starten. Mein Dank geht an dieser Stelle an die Ärztinnen und Ärzte, die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, die vielen Helferinnen und Helfer z.B. des Roten Kreuzes und der Johanniter. An allen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien im Land werden Schülerinnen und Schüler ab zwölf Jahren – und im übrigen auch alle an Schulen Beschäftigte – ein Angebot erhalten, sich mit dem Biontech-Pfizer-Impfstoff impfen zu lassen. Mobile Impfteams werden landesweit an 250 Standorten eine Erstimpfung anbieten. Drei Wochen später erfolgt dann an gleicher Stelle das Zweitimpfungsangebot. Ich weise in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, diese Impfungen sind selbstverständlich freiwillig und sie sind kostenlos. (…) Freiwilliges Angebot, kostenloses Angebot und Druck darf und soll auf die Eltern oder auf die Schüler – die übrigens ab dem 14. Lebensjahr ja selber darüber entscheiden können – nicht ausgeübt werden.“

Hier braucht man kein Impfgegner zu sein, nicht einmal ein Impfskeptiker, um darüber zunächst sprachlos zurückzubleiben, es reicht schon völlig aus, Eltern von Kindern zu sein in dem angesprochenen Alter. Die Ministerin ist ja selbst Mutter und müsste es also besser wissen, müsste – ebenso übrigens wie der Kinderimpfdrängler und Vater Habeck – wissen, welchen Gruppenzwängen Kinder insbesondere in dem Alter noch unterliegen.

Wer Impfangebote aus der Praxis der Hausärzte der Familien in die Schulen verlagert, der legt es bewusst darauf an, den Familienfrieden empfindlich zu stören. Der versucht – die Geschichte kennt dafür düstere Beispiele – die Kinder gegen die Eltern aufzubringen. Jedenfalls, wo sich diese lieber an den Rat der Fachleute der STIKO halten mögen oder generell eine Skepsis gegenüber einer Impfung von Kindern haben. Kinder, die im Übrigen grundsätzlich – vorerkrankte Kinder ausgenommen – sehr selten an jener Krankheit erkranken können, gegen die sie hier geimpft werden sollen.

Jetzt rücken Impfteams in Schulen in Schleswig-Holstein ein und überreden die Kinder, sich impfen zu lassen in Abwesenheit der Eltern. Der MDR berichtete gerade, dass auch andere Impfstoffanbieter das Geschäft mit den Kindern bereits gewittert hätten: „Auch der US-Hersteller Moderna steht mit seinem Vakzin für Kinder und Jugendliche in den Startlöchern.“

Und der MDR fährt hier fort in bester öffentlich-rechtlicher Propagandamanier: „Für viele sicher Grund zu Freude und Erleichterung. Aber was tun, wenn die eigenen Eltern Impfgegner sind oder die Corona-Impfung aus anderen Gründen ablehnen? Die Kinder aber eine Impfung wollen? Oder umgekehrt?“

Ja, was machen, wenn die bösen Eltern renitent sind? Zwar sind Jugendliche mit 14 nicht geschäftsfähig, können also kein Geld leihen, kein Gewerbe eröffnen und viele andere Dinge nicht. Demgegenüber steht die „Einwilligungsfähigkeit“, so der MDR. Und das bedeutet, dass ein Arzt – in dem Fall womöglich einer des Impfteams in der Schule – entscheiden darf über eine Einwilligung der Eltern hinweg, ob das Kind „intellektuell und emotional in der Lage ist, die Bedeutung und eventuellen Folgen der Impfung zu verstehen.“

Das sei immer eine einzelfallbezogene und behandlungsspezifische Abwägung, betont der Berliner Medizinrechtler Martin Stellpflug im Gespräch mit dem MDR. Stellpflug würde sogar im Einzelfall eine 13-Jährige selbst entscheiden lassen, wenn sie den Eindruck macht, zu verstehen, um was es geht. „Eine starre Altersgrenze für die Einwilligungsfähigkeit gibt es dabei juristisch nicht. Dass die Grenze oft bei 14 Jahren gesehen werde, habe nichts mit anderen Rechtsbereichen zu tun, sondern sei eine entwicklungspsychologische Grenze, so Stellpflug weiter.“

Hier muss man sich allerdings zum einen fragen, woher die impfenden Ärzte überhaupt die Zeit und die Kompetenz nehmen, solche Einzelfallentscheidung zu fällen, und warum das Land Schleswig-Holstein diese Konfrontation sucht und noch dazu eine christdemokratische Bildungsministerin, von der man erwarten und auch annehmen dürfte, dass die Familie einen höheren Stellenwert hat, als bei ihren grünen Kollegen – soviel also zum aktuellen Stand der inneren Verfasstheit der CDU jedenfalls im hohen Norden der Republik.

Hier zuletzt noch ein Blick auf die STIKO und was genau dort empfohlen oder eben noch nicht empfohlen wurde, und was so viele medizinische Volllaien aus der Politik parteiübergreifend offensichtlich zur Weißglut bringt, von Robert Habeck (Grüne) bis Wolfgang Schäuble (CDU). Was die STIKO empfiehlt und regelmäßig aktualisiert, ist allerdings für medizinische Laien leicht verständlich:

„STIKO-Empfehlungen zur COVID-19-Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen COVID-19 für alle Personen ab 18 Jahren sowie als Indikationsimpfung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12–17 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung haben. Die STIKO-Empfehlungen basieren stets auf den derzeit besten verfügbaren, wissenschaftlichen Erkenntnissen. Neues Wissen wird fortlaufend bewertet und die Empfehlungen werden dementsprechend angepasst und aktualisiert („Living Guideline“).“ (Stand 08. Juli 2021)

Die Deutsche Welle schrieb Ende 2020 über eine Generaldebatte u.a. zum Thema Corona-Maßnahmen und hier über einen Redebeitrag der Bundeskanzlerin, diese hätte ein persönliches Plädoyer abgegeben für die Wissenschaft. Zur Erinnerung in dem Zusammenhang: Über die STIKO schreibt das Robert Koch-Institut, die Kommission bediene sich „einer Standardvorgehensweise, die eine hohe wissenschaftliche Qualität der Empfehlung sicherstellt.“ Hier drängt sich nun leider die Vermutung auf, dass Wissenschaft der Politik nur Mittel zum Zweck ist. Aber was ist der Zweck? Kinder möglicherweise gegen den Willen ihrer Eltern zu impfen?

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Volkswagen tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“

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Text: Gast
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