Kinder-Impfung ab 12 Jahren – Hat die STIKO dem Druck der Politik nachgegeben? Eine Kehrtwende?

Von Alexander Wallasch

Offenbar tut sich etwas bei der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Sachen Impfempfehlung für Kinder. Jedenfalls hat einer der Experten der beim Robert Koch-Institut angesiedelten ehrenamtlichen – und wie es da heißt: „politisch und weltanschaulich unabhängigen“ – 18-köpfigen Kommission gegenüber dem Sender RBB angekündigt, dass die STIKO in der kommenden Woche mit einer aktualisierten Empfehlung zur Kinder-Impfung an die Öffentlichkeit gehen wird.

Dr. Martin Terhardt ist Berliner Kinder- und Jugendarzt und besagtes Mitglied der STIKO. Er kündigte jetzt im Wortlaut an: „Wir werden versuchen, der Politik ein bisschen entgegenzukommen.“

Das ist nicht nur ein überraschender Kurswechsel, sondern auch ein in der Kürze seiner Verlautbarung kaum nachvollziehbarer. Denn wie kann es angehen, dass eine medizinische Fachkommission Entscheidungen über die Gesundheit und das Leben von Kindern fällt und ein Mitglied dieser Kommission ankündigt, man werde diese Entscheidungen der Politik anpassen? Nur eine unglückliche Wortwahl? Man will es dem Kinderarzt fast wünschen.

Zuletzt war der politische Druck auf die STIKO immer stärker geworden. Die hatte einer Impfung auch für Kinder über 12 Jahren allenfalls bei Vorerkrankungen und wenigen weiteren Faktoren bedingt zugestimmt. Aber die Kommission hatte sich bisher lediglich Zeit erbeten, um mehr Daten sammeln zu können – eine Begründung, die wie eine Konzessionsentscheidung gegenüber der drängenden Politik klang. Haben sich die Politiker zuletzt doch gegen die Empfehlung der STIKO durchgesetzt?

Die Impfangebote für über 12-Jährige hatte die Politik später entgegen der Empfehlung der STIKO dennoch zugelassen. So sind heute bereits fast ein Viertel der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen mindestens einfach geimpft, wie Jens Spahn auf Twitter mit Stolz mitteilte. Das entspreche einem Anteil von 22,5 Prozent. „Wir haben genug Impfstoff für alle Altersgruppen“, schrieb der Bundesgesundheitsminister.

Passt sich die STIKO  jetzt den Realitäten an? Eine aktualisierte Empfehlung steht laut STIKO-Mitglied Terhardt kurz vor der Veröffentlichung: „Diese Aktualisierung der STIKO-Empfehlung ist gerade in der letzten Bearbeitung, es geht noch um Textschliff.“ Ende nächster Woche soll es soweit sein. Dann werde es „auf jeden Fall“ zu einer Veröffentlichung kommen, vorher gebe es noch wie üblich ein Abstimmungsverfahren mit Fachgesellschaften und den Ländern.

Um nur ein prominentes Beispiel der Konfliktpartner auf der anderen Seite zu nennen: Noch Mitte Juli hatte sich beispielsweise der bayrische Ministerpräsident Markus Söder gegen die STIKO-Empfehlung so weit aus dem Fenster gelehnt, dass er sich, wie das Ärzteblatt berichtete, Corona-Imfpungen an Schulen wünschte: „Für ein Corona-Schülerimpfprogramm hat sich heute Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach einer Klausur des CSU-Parteivorstands ausgesprochen.“

Abschließend noch kurz ein Wort zu Dr. Martin Terhardt: Der ist keineswegs der Impffreudigste unter den etwas mehr als ein Dutzend Kommissionsmitgliedern. Der Kinder- und Jugendarzt hat sogar mit einer eher kritischen Haltung zum Impfen dieser Gruppe viel Medienaufmerksamkeit bekommen.

Und um mit ihm in Bayern zu bleiben: Noch Ende Mai hatte Dr. Martin Terhardt gegenüber dem Bayerischen Rundfunk erklärt, er will sich nicht von der Politik zur Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche drängen lassen. Gestern dann in der Abendschau/RBB dann besagter Satz: „Wir werden versuchen, der Politik ein bisschen entgegenzukommen.“ Eine Kehrtwende?

Eltern von Kindern und Jugendlichen sind jedenfalls erneut Spielball der Politik geworden. Sollte sich allerdings erhärten, was das STIKO-Mitglied schon gestern andeutete, dann werden Eltern, die sich trotzdem weiter an der Ursprungsempfehlung der STIKO orientieren und also ihre Kinder nicht impfen lassen, in Zukunft mit möglicherweise schwerem Gegenwind und den schon üblichen Diffamierungen rechnen müssen.

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Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: kseniya_tretyakova/Shutterstock
Text: wal
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