Nena fordert Fans auf: „Jeder macht, was er will!“ Zuschauer feiern Star auf Rügen: Idol will „keinen Millimeter zurückrudern“

Von Alexander Wallasch

Oops! She did it again – die schon über Jahrzehnte hinweg so populäre deutsche Popsängerin Nena erneuerte gestern Abend bei einem Konzert in Bergen auf Rügen (Waldbühne) ihre Kritik an den Corona-Hygiene-Konzepten auf Veranstaltungen.

Und während wir auf die ersten Youtube-Mitschnitte warten, hier schon mal kurz zusammengefasst, was Nena neuerlich an Kritik geäußert hat: Die Sängerin schaute in die eng vor der Bühne ausgelassen tanzenden und wogenden Fans und sagte – man muss es sich hier mit diesem typischen süffisanten Nena-Grinsen vorstellen – dieser so sympathisch junge Moment, wie kurz vor einem Lachanfall: „Sagt mal Leute, hab ich irgendwie gesagt, dass ihr hier alle ganz nah und eng beieinanderstehen sollt …?“

Ja, Nenas Fans sind ihre „Leute“. „Ey Leute“ gehört zum festen Nena-Repertoire, wenn es gilt, eine wie auch immer geartete Botschaft unter ihre Fans zu bringen. Nein, man muss Nena nicht lieben, aber man darf es immer noch.

„Ich hab’s nicht gesagt, aber ich freu mich, dass ihr es tut“, sagte die 61 Jahre alte Sängerin und fügte auf der Waldbühne/Rügen hinzu: „Ja, jeder macht, was er will.“

Bei einem Auftritt in Berlin hatte Nena zuletzt Ende Juli für Furore gesorgt, als sie ihren Konzert-Besuchern zurief: „Die Frage ist nicht, was wir dürfen, sondern die Frage ist, was wir mit uns machen lassen!“ Auslöser war ein Konzert mit 15.000 Coca-Cola-Kisten als Puffer zwischen den Zuschauern, verteilt als Teil eines Hygiene-Konzeptes zur Vermeidung von Corona-Ansteckungen.

Deutsche Jägerzaun-Mentalität

Die Cola-Kisten als Jägerzaun, die deutsche Mentalität nicht mehr nur als viel belächeltes Klischee, sondern leibhaftig, während Nachbarland Dänemark gerade fast alle Einschränkungen zurückfährt.

In Berlin hatte Nena u.a. von der Bühne gerufen:
„Hier wird gedroht, dass sie die Show abbrechen. Dass sie die Show abbrechen, weil ihr nicht in eure – wie sie es nennen – Boxen geht. Ich überlasse es in eurer Verantwortung, ob ihr das tut oder nicht. Das darf jeder frei entscheiden, genauso, wie jeder frei entscheiden darf, ob er sich impfen lässt oder nicht. Bei mir ist jeder willkommen! Ich hab die Schnauze voll davon. Die Frage ist nicht, was wir dürfen, sondern die Frage ist, was wir mit uns machen lassen!“

RP-Online zitiert Nena auf ihrem Konzert auf Rügen so: „Ich kann fühlen, dass ihr wisst, dass das, was ich gesagt hab, das ist, woran ich glaube. Und dass ich keinen, keinen Millimeter zurückrudern werde.“

Das klingt tatsächlich wie eine veritable Kampfansage an das politische Establishment. Tatsächlich ist die Sängerin trotz des Medienrummels um ihre kritischen Aussagen zu den Hygiene-Konzepten alles andere als eine Profiteurin: Nena-Konzerte in Bad Segeberg und Wetzlar wurden abgesagt im Zusammenhang mit den kritischen Tönen der Sängerin. Ein Veranstalter kommentierte Nenas Ansage so: „Es war uns wichtig und daher auch bereits im Vorfeld vertraglich vereinbart, dass die Konzerte nicht als politische Bühne genutzt werden dürfen.“

Nena schwimmt seit Jahrzehnten auf einer Welle des Erfolges, es gelingt ihr immer wieder, sich neu zu erfinden. Große Werbepartner sind dabei ebenfalls immer mit im Boot: Die Discounterkette Penny hatte Nena zuletzt sogar als Botschafterin für die Ökomarke Naturgut verpflichtet, inklusive einer umfänglichen Werbekampagne.

Bissige Kollegen und eine Neid-Debatte

Andere Musiker, die ihre Wurzeln ebenfalls in den goldenen 1980er Jahre haben, hatten weniger Glück, ihr Ruhm verblasst. Ein Nena-Kollege aus dieser Zeit ist Heinz Rudolf Kunze, er tourt nach wie vor, wenn man ihn lässt. Er, der sich einst als Bühnenrebell inszenierte, gibt jetzt den Du-Du-Finger Richtung Nena und wirft ihr „unverantwortliches Verhalten“ vor: „Ich verurteile das aufs Allerschärfste“, sagte er in einem Podcast des Kölner Stadt-Anzeigers.

Und Kunze schob gleich so etwas wie eine Neid-Debatte hinterher:

„Sie hat vermutlich Geld genug, um sich das leisten zu können. Aber durch ihr unverantwortliches und blindes Verhalten gefährdet sie nicht nur ihre eigenen Konzerte, sondern die Konzerte von uns allen.“

Traurig mutet das an: Stutenbissigkeiten sollte man unter verdienten Kollegen in der Garderobe ausfechten und nicht öffentlich machen. Schade, denn hier will offensichtlich jemand vom Graben quer durch die Gesellschaft profitieren und auf der anderen Seite dieses Grabens seine Konzerte geben.

Das alles sei doch besser als gar nichts, so Kunze weiter, man müsse „auch mal ein bisschen dankbar und demütig an die Sache rangehen“. Aber warum eigentlich? So eine Haltung ist doch höchstens dann verständlich, wenn einem das Wasser bis zum Halse steht. Demut in der Interpretation von Kunze bedeutet also, sich auf couragierte Kolleginnen zu stürzen, die dauerhaft erfolgreicher blieben? Oops …

Fazit: Es bleibt spannend und unterhaltsam bei Nena-Konzerten. Alte und neue Fans können sich freuen, weitere Konzerte folgen schon in den nächsten Tagen und Wochen, Nena hat noch lange nicht fertig, die Hagenerin will auch in Zukunft „keinen Millimeter zurückrudern“.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster.“

Bild: Michael-schilling/Wikicommons/CC BY-SA 3.0
Text: wal
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